Die Mädchen (German Edition)
untertrieben. Sie
hatten nach der Grenzöffnung Riesengeschäfte mit Immobilien gemacht. Pinky
selbst war steinreich, seit er achtzehn war, weil das Erbe seines Jahre zuvor
verstorbenen Großvaters damit an ihn ausgezahlt worden war. Für Pinky spielte
das Geld allerdings überhaupt keine Rolle, solange er nur immer technisch auf
dem neuesten Stand war. Aber für Bent und seine Kumpels war das natürlich etwas
anderes. Zuerst waren die anderen wenig von dieser Idee begeistert, den
Volltrottel mitzuschleppen. Aber Bent leistete überzeugende Arbeit. Brauchte
denn nicht jede Clique auch immer ein Mitglied, das ein bereitwilliges Opfer
darstellte? Wann immer sie also gemeinsam loszogen, durfte Pinky dabei sein,
wenn er alle Ausgaben übernahm. Und diese Regel stellte alle zufrieden. Pinky
war selig, dass er einen Freundeskreis hatte und die anderen hatten jemanden
dabei, auf dem man nach Belieben herumhacken konnte, und konnten ihr eigenes
Geld für andere Dinge ausgeben.
„Bist du zu Hause?“
„Ja. Wieso?“
„Ich brauch noch mal deine Hilfe.“
„Bitte nicht schon wieder“, stieß
sein Freund hervor. „Mir ist immer noch schlecht.“
„Bitte Pinky, es ist nichts
Schlimmes.“
„Ich kann das nicht.“
„Jetzt reiß dich zusammen“, entfuhr
es Bent. „Oder willst du nächste Woche nicht mit auf Julias Party?“
Er wusste, dass Pinky eine Schwäche
für Julia hatte, weil er ihm selbst davon erzählt hatte. Regelrecht
vorgeschwärmt hatte er ihm von ihr. Seit Wochen sprach er von nichts anderem
als von dem Mädchen und ihrer Feier. Und Bent hatte ihn bestärkt, wohl wissend,
dass er bei Julia nicht den Hauch einer Chance hatte. Wenn sie überhaupt
wusste, wer er war, konnte Pinky sich glücklich schätzen. Aber es war das
geeignete Druckmittel, denn er würde nie riskieren, nicht auf den Geburtstag
mitgenommen zu werden.
„Du bist gemein.“
Jetzt redete er wieder wie ein
Baby. Bent verdrehte die Augen. „Pass auf. Es geht nur darum, dass ich mein
Notebook und ein paar USB-Sticks bei dir lagern möchte. Ist das okay?“
„Dein Notebook? Warum?“
„Ich möchte nicht, dass Judith da
ran geht.“ Gelogen, aber er wollte nicht das Wort Polizei in den Mund nehmen,
weil sein Freund darauf allergisch reagieren würde.
„Warum bringst du es dann nicht in
deine Hütte? Ich meine, dahin wirst du Judith ja wohl nicht einladen.“
Er wusste ja, dass Pinky eine
Schraube locker hatte, aber manchmal wurde es selbst ihm zu viel. Er musste
sich zusammenreißen, dass er nicht die Geduld verlor.
„Du glaubst doch nicht allen
Ernstes, dass ich da in den nächsten Tagen noch mal hingehe, oder?“
„Ist ja gut, reg dich bitte nicht
auf.“ Er klang zerknirscht. „Wann willst du vorbeikommen?“
„Jetzt gleich.“
Er wartete keine Antwort ab und
beendete das Gespräch. Er steckte das Handy in seine Hosentasche, schnappte
sich das Notebook und die betreffenden USB-Sticks und verließ die Wohnung.
Frohloff stellte den nagelneuen
Passat, den sie extra für das Kind angeschafft hatten, in sein Carport und
eilte zum Haus. Wenn er im Büro auch angedeutet hatte, gern noch länger arbeiten
zu wollen, konnte ihn jetzt nichts mehr davon abhalten, sich in die Arme seiner
Frau stürzen. Vergessen war auf einmal der ganze Frust darüber, dass seine
gesamte Arbeit am heutigen Tag für die Katz war, weil Merle wieder aufgetaucht
war. Jetzt zählte nur noch, dass er mit Johanna zusammen sein konnte.
Wenn er daran zurückdachte, wie er
sich angestellt hatte, als er erfuhr, dass sie ein Kind erwartete, konnte er
über sich selbst nur den Kopf schütteln. Mit seiner ablehnenden Haltung hatte
er beinahe alles kaputt gemacht und seine Frau für immer verloren. Das war das
Schlimmste, das ihm hätte passieren können, aber zum Glück war er gerade noch
rechtzeitig aufgewacht. Jetzt freute er sich wie ein Wahnsinniger auf das Baby
und betete jede Nacht heimlich, dass alles gut gehen würde.
Er schloss die Tür auf, entledigte
sich seiner Jacke und rannte förmlich ins Wohnzimmer, aus dem er Licht durch
den Türspalt erblicken konnte. Überrascht blieb er auf der Schwelle stehen, nachdem
er die Tür aufgezogen hatte.
„Du hast Besuch“, sagte er mit
einem Blick auf Maggie und hoffte, dass die Enttäuschung, die er empfand, weil
Johanna nicht allein war, sich nicht in seiner Stimme niederschlug.
„Hallo Schatz“, begrüßte Johanna
ihn.
„Hallo Roman“, sagte Maggie.
Die beiden Frauen hatten es sich
mit ein
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