Die Mädchen (German Edition)
Schublade.
„Und worum dann?“
„Um Sina Keller.“
In seinem Kopf arbeitete es auf
Hochtouren, während er die Scheibe Brot mit Butter bestrich. Wie sollte er
reagieren? Es war klar, dass Marina nur darauf wartete, ihn bei einer Lüge zu
ertappen und da er nicht wusste, was die Polizei ihr gesagt hatte, blieb er lieber
stumm.
„Warum hast du mir nicht gesagt,
dass du sie mitgenommen hast?“
„Ich hielt es nicht für wichtig.“
Sie schnaubte. „Nicht wichtig?“ Sie
kam auf ihn zu und warf ihm einen zusammengeknüllten Zettel entgegen. „Dann
lies das.“
Er nahm den Zettel, sah, was darauf
stand und kniff die Augen zusammen. „Woher hast du den? Schnüffelst du mir etwa
nach? Hast du denn überhaupt kein Vertrauen zu mir?“
„Jetzt mach nicht aus mir den
Schuldigen in dieser Sache.“ Ihre hellen Augen konnten tatsächlich funkeln. „Wie
soll ich dir vertrauen, wenn du mir nicht die Wahrheit sagst? Ich muss mir von
der Polizei anhören, dass du das tote Mädchen im Auto mitgenommen hast. Was
glaubst du, wie mir dabei zumute war?“
„Darum geht es?“ Er merkte, wie
seine Stimme lauter wurde. „War ja klar. Wie immer geht es überhaupt nicht um
mich. Es geht nur um deinen Stolz. Mein Gott, Marina.“
„Das ist nicht wahr. Es geht um
uns. Was soll ich, deiner Meinung nach, denn denken, wenn du mir nichts von
diesem Mädchen erzählst?“
Er schob das Brett mit dem
halbfertigen Brot von sich. „Du willst wissen, was passiert ist? Also bitte
sehr. Ich hab Sina mitgenommen, weil sie scheinbar von jemandem versetzt worden
war. Es war eine reine Gefälligkeit, mehr nicht. Während der Fahrt hat sie dann
versucht, mich anzubaggern.“ Er sah ihre ungläubige Miene und hob beide Hände.
„Ich schwör dir, so war es. Ich hab angehalten und ihr angedroht, sie
rauszuschmeißen, wenn sie nicht sofort aufhört. Da hat sie sich
zusammengerissen. Seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen.“
Marina musterte ihn prüfend, aber
er wich ihrem Blick nicht aus. Sie zeigte auf den Zettel. „Und das da?“
„Den hab ich in meiner Tasche
gefunden. Letzte Woche erst. Ich wusste erst gar nicht, wo der her war, bis ich
mir die Seite angesehen habe. Da war mir klar, dass Sina den irgendwie da rein
geschmuggelt haben muss.“
„Ich hab mir die Seite auch
angeguckt. Hast du Merle erkannt?“
„Ja. Ich war ganz schön geschockt,
kann ich dir sagen. Ich hab versucht, Simon ein bisschen auf den Zahn zu
fühlen, aber der hatte keine Ahnung, was seine Tochter so treibt. Der wusste
nicht mal, dass Rouven und Merle überhaupt nichts miteinander zu tun haben.“
„Und eines von den anderen Mädchen
ist Sina Keller?“
„Ja. Die andere Blonde. Sie wollte
mir wohl zeigen, was sie alles draufhat.“
Marina setzte sich an den Tisch und
er tat es ihr nach. Sie schien besänftigt. „Und das ist wirklich alles?“
„Natürlich. Dass sie schreibt, dass
ich es mir vielleicht anders überlege, passt doch, oder nicht?“
Sie nickte. „Aber du weißt, dass
die Polizei dich verdächtigt.“
„Das ist mir klar.“
„Hast du ihnen die Wahrheit
gesagt?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich hab
nur gesagt, dass ich sie mitgenommen habe.“
„Ist auch besser so, denke ich.“
Er traute sich kaum zu fragen. „Und
du? Wie hast du reagiert?“
Sie lächelte freudlos. „Was denkst
du? Ich hab so getan, als wüsste ich über deine Fahrt mit ihr Bescheid, aber
geglaubt haben sie mir kein Wort.“
Das konnte er sich vorstellen. „Und
wie sieht es mit dir aus?“
Sie unterzog sein Gesicht einer
eingehenden Prüfung mit ihren Augen, die ihn seit jeher fasziniert hatten. Sie
war anstrengend und oft überbesorgt, aber er konnte sich ein Leben ohne sie überhaupt
nicht vorstellen. Als sie sprach, hätte er vor Erleichterung heulen können.
„Ich liebe dich, das weißt du. Und
ich weiß, dass du nie etwas tun würdest, was unsere Ehe gefährden könnte.
Natürlich glaube ich dir.“
Er nahm ihre Hand. „Ich liebe dich.
Mehr als du ahnst.“
Sie beugte sich vor und gab ihm
einen Kuss, den er eifrig erwiderte. „Aber eines musst du noch tun“, sagte sie,
nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.
„Alles. Ich verspreche dir auch,
nie wieder ein Mädchen mitzunehmen. Nach der Erfahrung mit Sina ist mir sowieso
nicht mehr danach.“
Sie winkte ab. „Darum geht es
nicht. Du solltest mal mit Rouven sprechen.“
Er versteifte sich. „Warum? Meinst
du, er weiß etwas über den Mord?“ Das konnte gar nicht sein. Woher
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