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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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Problemen
zu befassen, und wenn es sich um was Illegales handelte, wollte sie ohnehin
nichts davon wissen. Aber das hier sah wirklich übel aus. Da war anscheinend
jemand richtig wütend gewesen. Sie musterte ihn nachdenklich und dachte daran,
wo sie gestern mit ihm gewesen war. Hatte es in der Kneipe Streit gegeben?
Hatte er dabei ein paar Schläge in die Rippen bekommen? Nein, das hätte sie
sicher bemerkt, als er aus der Kneipe kam. Sie konnte sich nicht vorstellen,
dass er hätte gerade gehen können. Demnach war das erst passiert, nachdem sie
sich getrennt hatten. War das der Grund, dass er aus heiterem Himmel bei ihr
aufgetaucht war? War er vor irgendjemandem auf der Flucht und hatte Angst, zu
sich nach Hause zu gehen, weil dort vielleicht schon jemand auf ihn wartete?  
    „Ich muss aufs Klo“, sagte er nur,
sichtlich bemüht, ihren Blicken auszuweichen.
    „Das wirst du dir schön verkneifen,
bis ich sicher bin, dass die Luft rein ist.“
    Sie ging zur Tür und horchte. Ein
paar Stimmen drangen zu ihr. Gedämpft zwar, aber ihre Mutter konnte sie mühelos
heraushören. Ein Mann. Eine Frau, wahrscheinlich Zoe. Und dann ein lauter
Schrei. Das war ihre Mutter. Unverkennbar. Mein Gott! Hieß das etwa…?
    Sie fuhr herum. „Ich glaub, es ist
was mit Sina. Ich gehe jetzt hinunter.“
    Bent pellte sich hoch. Ach, jetzt
auf einmal. Sie hob den Zeigefinger. „Du bleibst schön hier, bis ich wieder da
bin. Klar?“
    „Wie Kloßbrühe“, grinste er.
    Sie hätte ihn in diesem Augenblick
erwürgen können. Und irgendwie hatte sie so eine Ahnung, dass er nicht auf sie
warten würde.
     
    Nachdem Holger das Schlafzimmer
verlassen hatte, war für Maggie Funke die Nacht ebenfalls beendet. Dabei machte
sie ihrem Mann deswegen keinen Vorwurf, denn eigentlich war sie ja daran
gewöhnt, dass er sein Handy nachts mit ans Bett nahm. Als leitender
Kriminalhauptkommissar musste er eben immer erreichbar sein, falls so wie in
dieser Nacht eine Leiche gefunden wurde. Normalerweise hatte sie auch keine
Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen, aber in letzter Zeit ging ihr einfach
zuviel im Kopf herum. So wälzte sie sich noch eine Stunde hin und her, doch
Schlaf oder auch nur leichtes Dösen wollte sich partout nicht mehr einstellen.
Um sechs hatte sie dann die Schnauze voll. Sie warf die Bettdecke zurück,
pellte sich hoch und warf sich in ihren Bademantel, der auf dem kleinen Hocker
neben ihrer Seite des Bettes lag. Sie schlüpfte in ihre bequemen Filzhausschuhe
und ging als erstes ins Bad, das an ihr Schlafzimmer schloss. Sie entleerte
ihre Blase, wusch sich die Hände und warf einen Blick in den Spiegel.
    „Du hast auch schon besser
ausgesehen,“ sagte sie laut zu der Frau, die ihr entgegensah.
    Sie wurde langsam wirklich alt.
Dass sie so viele Falten hatte, war ihr noch gar nicht aufgefallen, aber
wahrscheinlich sprach man nicht umsonst von Sorgenfalten. Sie strich sich über
die Wangen und zog die Haut etwas nach außen, als ob sie ihrem Gesicht damit
die Müdigkeit nehmen konnte. Zwecklos. Sie verließ das Bad, löschte das Licht
und ging nach unten in die Küche, um sich einen Kaffee aufzusetzen. Vielleicht
ließ der sie ja wieder wie einen halbwegs normalen Menschen aussehen.
    Sie betrat die Küche, betätigte den
Lichtschalter und zuckte zusammen.
    „Meine Güte, Vicky, hast du mich
erschreckt.“
    Ihre knapp sechzehnjährige Tochter
stand komplett bekleidet am Kühlschrank und trank Mezzo Mix Zero aus der
Flasche. „Tut mir leid, das wollte ich nicht“, sagte sie, nachdem sie die
Flasche abgesetzt hatte.
    Vicky sah gut aus an diesem Morgen.
Nicht selten hatten sie beide zu hören bekommen, dass sie wie eine junge Maggie
aussah und es stimmte. Sie sah ihr wirklich verdammt ähnlich. Vickys Haare
waren länger und vielleicht noch etwas heller in ihrem Blond und sie war ein
paar Zentimeter größer, aber ansonsten ihr ziemlich aus dem Gesicht geschnitten.
Maggie fand sie nur ein bisschen dünn. Sie war immer schlank gewesen, schon als
Kind hatte sie niemals so etwas wie Babyspeck gezeigt, aber in letzter Zeit
wurde sie Maggie ein bisschen zu mager.
    „Mensch Vicky, ich hab euch doch
schon tausendmal gebeten, ein Glas zu nehmen.“
    Vicky zuckte gleichgültig mit den
Schultern. „Die Flasche ist doch eh gleich alle.“ Und wie zur Bekräftigung
setzte sie sie ein weiteres Mal an. Es war fast, als tat sie das mit Absicht.
Nein, Maggie korrigierte sich in Gedanken selbst. Sie machte es mit Absicht,
aber sie ließ sich

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