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Die Mädchenakademie

Die Mädchenakademie

Titel: Die Mädchenakademie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Farbflecken bekleidet vor dem Gebäude stand und einen Teil neu anstrich mit diesem fürchterlichen Lilienweiß, das die Sonnenstrahlen reflektierte und den Augen wehtat.
    Er hatte ihre undamenhafte Geste gesehen und schmunzelte amüsiert.
    Emma wurde puterrot. Sie setzte rasch ihre Sonnenbrille auf und ging zum Taxifahrer, um zu bezahlen. Doch schon als sie sich Direktor Hoodle zuwandte, der ihr vom Eingang aus entgegeneilte, wurde ihr Blick erneut magisch von diesem Fremden angezogen. Sie hatte ihn noch nie hier gesehen. Wer mochte er sein?
    Seine Arme waren brauner als der Rest seines Oberkörpers. Vermutlich hatte er sein T-Shirt ausgezogen, damit auch sein Brustkorb und sein Rücken etwas Farbe abbekamen.
    Seine männliche Ausstrahlung bannte Emmas Blick. Seine Muskeln waren deutlich zu erkennen, aber sie waren nicht so definiert, dass die Sehnen oder Adern hervortraten. Sondern er war auf eine subtile, eine natürliche Weise maskulin. Er machte nicht den Anschein, als würde er trainieren, sondern die Natur hatte es einfach gut mit ihm gemeint.
    Emma kam sich töricht vor, weil sie so einfach zu beeindrucken war, aber dieser Mann spielte in einer anderen Liga als die jungen Männer, mit denen sie verkehrte. Wie alt mochte er sein? Ende zwanzig, Anfang dreißig? Zu alt für sie. Welch ein Pech!
    Aber ein Mädchen wie sie hatte ohnehin keine Chance bei einem richtigen Kerl wie ihm. Solch ein Mann liebte selbstbewusste Frauen, die genauso attraktiv wie er waren.
    Ausgerechnet heute trug sie langweilige Bermuda-Shorts in kanarienvogelgelb und ein lindgrünes, ärmelloses Leinenoberteil. Sie fühlte sich in diesem Augenblick wie ein Papagei. Da die Schuluniform cremefarben war, zog sie als Ausgleich privat farbige Kleidung an. An diesem Morgen war Emma ihr Aussehen ohnehin vollkommen egal gewesen, da sie weder besonders glücklich mit ihrer familiären Situation war, noch die Aussicht auf lernintensive Ferien sie sonderlich erfreute.
    Außerdem hatte sie gedacht: Wer sollte sie schon in den Ferien im Internat sehen? Tja, Pech gehabt.
    »Schön, dass Sie endlich da sind, Ms. Fryer. Wurde aber auch Zeit!« Der Direktor kam außer Atem bei ihr an, schüttelte ihr zuerst kräftig die Hand und wischte sich dann mit einem Stofftaschentuch die Schweißperlen aus seinem Musketierbart, der ihm ein aristokratisches Aussehen verlieh. »Mit Ihnen sind vier Schülerinnen hier: Charlotte Dorchester, Holly Jones, Lauren MacDuff und Megan Abercrombie. Kennen Sie die Damen? Sie haben die Parallelklasse besucht.«
    Emma wunderte sich immer wieder, wie sich ein Mensch derart aufrecht halten konnte. Hoodle ging und stand, als hätte er einen Stock verschluckt. Selbst im Sommer trug er ein Hemd, eine Weste und ein Jackett, alles passend aufeinander abgestimmt. »Nur vom Sehen.«
    »Lassen Sie sich nicht in die Dummheiten der jungen Damen mit hineinziehen.« Er lachte und machte sich auf in Richtung Eingang.
    Emma verdrehte die Augen, weil er es nicht einmal für nötig erachtete, ihr bei ihrem Gepäck zu helfen. Rasch schulterte sie ihre Tasche, folgte ihm und zog ihren Koffer hinter sich her.
    Mit ihrer freien Hand fuhr sie sich durch ihre Haare, weil sie an dem gut aussehenden Fremden vorbei musste und ihr einige Strähnen wegen der Hitze am Kopf klebten. Sie hatte sich ihr glattes, langes Haar aus Trotz kurz vor der Hochzeit bis zu den Schultern kürzen und durchstufen lassen. Nun sah sie aus wie Kim Wilde in den Achtzigerjahren und war auf der Feier mit ihrer Rockerfrisur zwischen all den eleganten Hochsteckfrisuren aufgefallen wie ein bunter Hund.
    Sie guckte unauffällig zu dem Anstreicher. Obwohl ihre Augen hinter dunklen Gläsern verborgen waren, ahnte sie, dass er sich ihrer Aufmerksamkeit bewusst war, denn er blickte interessiert zurück. Ihr fiel auf, dass seine Haare länger nicht geschnitten worden waren, was ihn verwegen aussehen ließ.
    Ihr wurde mit jedem Schritt, den sie dem Unbekannten näher kamen, heißer.
    Um sich abzulenken, betrachtete sie das Mädcheninternat, als würde sie es an diesem Tag das erste Mal erblicken. Das viktorianische Gebäude hatte zwei imposante Flügel. Im Rechten befanden sich die Klassenzimmer, die Mensa und die Personalunterkünfte, im Linken die Schlafräume der Schülerinnen und im Hauptgebäude die Verwaltung, das Lehrerzimmer und das Büro des Direktors.
    Emma ließ ihren Blick über die vier Stockwerke gleiten, über die vielen verzierten Bogenfenster und die Erker, die sie so sehr

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