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Die Mädchenakademie

Die Mädchenakademie

Titel: Die Mädchenakademie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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liebte. Die weitläufige Gartenanlage, die weit über die Grenzen Wiltshires bekannt war, verlieh dem White Garden College seinen Namen. Corben J. Hoodle war äußerst stolz auf seine Pflanzensammlung, die ausschließlich weiße Blüten hervorbrachte.
    Als Emma an dem Fremden vorbeiging, schlug ihr Herz so laut, dass sie glaubte, er müsste es hören. Zu ihrem Schrecken blieb Hoodle auch noch stehen.
    Er musterte den Fremden mit gerümpfter Nase und gestikulierte dann wild. »Ziehen Sie sich etwas an, Christian! Auf dieses College gehen anständige junge Damen. Ihr Auftreten ist völlig unangebracht.«
    »Ja, Sir.« Seine Stimme klang dunkel und gelassen.
    Emma hätte gerne noch mehr Worte aus seinem Mund gehört. Sie beobachtete das Spiel seiner Muskeln, als er sein T-Shirt vom Rasen aufhob, seine Arme nach oben streckte und es überstreifte. Ein Schweißtropfen rann in der Mitte seines straffen Bauches hinab und verschwand unter seinem Hosenbund, genau dort, wo der Knopf saß. Wie gerne wäre sie dieser Tropfen gewesen! Ihr fiel erst auf, dass ihr Mund ein kleines Stück weit offen stand, als der Fremde ihre Lippen betrachtete.
    Sie wandte sich eilig ab und hastete mit hochrotem Kopf hinter Hoodle her, der längst weitergegangen war.
    Christian, so hieß der attraktive Fremde also. Er hatte weiche Gesichtszüge, aber einen selbstbewussten Blick, der ihr unter die Haut ging.
    Innerlich lächelte sie, doch äußerlich bemühte sie sich kühl zu bleiben. Denn was machte es schon für einen Sinn, sich der Illusion hinzugeben, er könnte sie ebenfalls anziehend finden? Für ihn war sie nur eine dumme Gans. Er amüsierte sich bestimmt darüber, dass er eine Schülerin verunsichert hatte, deshalb lächelte er, aus keinem anderen Grund.
    Aber ihre Ratio verscheuchte weder das Kribbeln in ihrem Bauch noch das Prickeln in tieferen Regionen.
    Vielleicht würden die Sommerferien, die sie gezwungen war auf dem White Garden College zu verbringen, doch nicht so langweilig werden, wie sie gedacht hatte.

2
     
     
    Das College war gespenstisch ruhig. Normalerweise tummelten sich in den Gängen viele Schülerinnen, doch in den Sommerferien waren die Korridore verwaist.
    Obwohl Emma die Umgebung vertraut war, kam sie sich vor wie auf einem anderen Stern. Sie schlenderte umher, glaubte Gelächter aus den Schlafräumen zu hören und Lehrerstimmen aus den Klassenzimmern, aber da war niemand.
    Sie begegnete lediglich Cecilia, der Hausdame, die nach dem Rechten schaute, sonst niemandem. Wo waren die vier Mädchen, die mit ihr den Nachhilfekurs belegten? Emma wusste, wer sie waren, hatte sie aber nie näher kennengelernt. Holly, Charlotte, Megan und Lauren besuchten die Parallelklasse und waren als eingeschworenes Grüppchen bekannt. Emma hatte ihren eigenen Freundeskreis gehabt und hatte sich nie um die vier gekümmert.
    Sie trat auf den Balkon in der zweiten Etage des Hauptgebäudes und ließ ihren Blick über das Gebiet hinter dem Internat gleiten. Er wurde unweigerlich von der Gartenanlage angezogen, in der ein Meer aus weißen Blüten sich der Sonne entgegenreckte. Corben J. Hoodle bot Führungen für Interessierte an, aber nur an Wochenenden und zu Ferienzeiten, damit die Schülerinnen nicht gestört wurden.
    Vorbildlich gepflegter Englischer Rasen führte hinab zu einem See, der von Bäumen und Sträuchern gesäumt wurde. Vom Ufer ragte ein Steg ins Wasser. Den Mädchen war es verboten, im See zu schwimmen, weil es angeblich gefährlich, unhygienisch und undamenhaft war; dafür gab es ein Schwimmbad im Keller des Internats. Auch das Motor- und das Ruderboot, die im Bootshaus weggeschlossen waren, durften sie nicht benutzen, ebenfalls zu riskant. Die Boote waren nur für Notfälle da.
    Der Direktor verbot den Schülerinnen jeglichen Spaß, nur weil er selbst keinen hatte.
    Plötzlich bemerkte Emma ein Mädchen. Es spazierte am Ufer entlang geradewegs auf den Steg zu und setzte sich dann dort im Schatten des Bootshauses. Das Rot ihrer Haare leuchtete in der Sonne noch intensiver. Es musste sich um Charlotte handeln, ihr Nachname fiel Emma nicht ein, obwohl der Internatsleiter ihn erwähnt hatte. Sie hatte nie mit ihr gesprochen. Auch Charlotte trug die Schuluniform, genauso wie Emma sie nach ihrer Ankunft hatte anziehen müssen.
    Darauf hatte Hoodle bestanden. »Nur weil Sommerferien sind, setzt das die Regeln nicht außer Kraft. Für euch sind ohnehin keine Ferien. Ihr seid weiterhin Schülerinnen des White Garden Colleges, und

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