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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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gespielt. Da erklang aus der Dunkelheit die Frage: »Wer ist … Silke?«
    Lisa weigerte sich zu begreifen, was sie gehört hatte. »Silke?«, fragte sie erneut.
    »Nein!«
    Es war tatsächlich nicht Silkes heisere Stimme.
    »Wer bist du?« Lisa erschrak über ihre eigene Stimme, die kraftlos klang, so wie die Stimme von –
    »Nina«, sagte das andere Mädchen.
    Was machst du hier? , hätte Lisa beinahe gefragt. Doch sie kannte die Antwort.
    »Und du?«, erkundigte sich Nina.
    »Lisa.«
    »Bist du auch … gefangen?«
    »Ja«, sagte Lisa.
    »Und diese Silke, sie auch?«
    Lisa schwieg.
    »Sag schon!«
    »Pst«, erwiderte Lisa, »du solltest besser nicht so laut sein.«
    Sofort wurde ihr bewusst, dass sie Silkes Worte benutzt hatte. Irgendwie machte das die ganze Situation noch widersinniger.
    »Und was, wenn nicht?«, rief Nina.
    Ehe Lisa antwortete, betrachtete sie ihre Verletzungen. Striemen und Schnitte zogen sich in einem bizarren Muster über ihren ganzen Leib. An den entzündeten Rändern tiefer Wunden zeichneten sich Abdrücke von Zähnen ab. »Er mag es nicht, wenn du laut bist«, sagte sie. »Dann wird er wütend.«
    »Wer ist er?«
    »Du kennst ihn nicht?«
    »Würde ich dich sonst fragen?«
    »Was ist passiert?«, erkundigte sich Lisa.
    »Ich war bei meinem Freund …«
    »Er heißt Berthold, oder?«
    »Ja.«
    »Er ist älter als du.«
    »Ja, ja, ja, aber …« Ninas Stimme hallte durch die Dunkelheit. »… woher weißt du das?«
    Lisa schwieg. Berthold hatte sie belogen und betrogen. Lisa heulte auf.
    »Geht es dir gut?«, fragte Nina.
    »Beschissen«, sagte Lisa, und erneut kam ihr die Unterhaltung erschreckend vertraut vor. Kaum zu glauben, dass noch nicht viel Zeit vergangen war, seit Silke –
    Das Blut gefror Lisa in den Adern. Sie versuchte, sich zu erinnern, was Silke gesagt hatte.
    Christina, das Mädchen, das er vor Lisa eingesperrt hatte, verschwand einen Tag nachdem Silke eingesperrt worden war. Silke war verschwunden, nachdem er Lisa entführt hatte – sicherlich nach ebenfalls nur einem Tag.
    »Nina«, presste Lisa hervor. Ihr Atem ging schneller. »Wie lange bist du schon hier?«
    Während der Fahrt nach Kleinmachnow legte Alex sich seine Worte zurecht und zog aus seiner Geldbörse eine Scheckkarte, die dem Dienstausweis der Berliner Polizei entfernt ähnlich sah. Sollte ich Sie noch einmal dabei erwischen, wie Sie Polizist spielen … , hallte Frank Theis’ Stimme durch seinen Verstand.
    Er verscheuchte den Gedanken und parkte in einer ruhigen Seitenstraße vor einem Backsteinhaus, in dessen Garten dichte Rhododendronbüsche wuchsen. Eine Außenleuchte flammte auf. Noch ehe er den Klingelknopf betätigen konnte, öffnete ihm eine Frau, deren kurze schwarze Haare von grauen Strähnen durchsetzt waren. »Sie ist es«, stieß sie mit brüchiger Stimme hervor. »Deswegen sind Sie hier, oder?«
    Alex fehlten die Worte.
    Die Frau fuhr fort: »Das Mädchen im Wald, wir haben im Radio davon gehört. Es ist unsere Tochter. Silke.«
    »Frau Schröder, bitte warten Sie, wir wissen noch gar nichts«, entgegnete Alex.
    Silkes Mutter fasste sich an die Brust. Im Licht der Außenlampe schimmerten Tränen in ihrem Gesicht. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Blick irrte durch den Vorgarten und über die Straße, als würde dort ihre Tochter jeden Augenblick aus der Dunkelheit auftauchen. »Aber warum sind Sie denn dann hier?«
    »Ich muss Ihnen einige Fragen stellen.«
    Silkes Mutter ging den Flur voraus in das Wohnzimmer. Zigarettenqualm hing in der Luft, und Asche verfärbte den nikotingelben Veloursteppich schmutzig grau. Auf dem Sofa saß ein älterer Mann und hielt den Blick auf den Fernseher gerichtet, auf dem tonlos eine Soap flimmerte. Im flackernden Licht des Bildschirms glich Silkes Vater einem Geist.
    Der Anblick der leidenden Eltern verstärkte Alex’ schlechtes Gefühl. »Sie haben Ihre Tochter vor anderthalb Wochen vermisst gemeldet.«
    Silkes Mutter ließ sich auf der Sofakante neben ihrem Mann nieder, zog ein Taschentuch aus ihrer Rocktasche und tupfte sich damit die Augen. Da sie nicht antwortete, fuhr Alex fort: »Silke ist von zu Hause ausgerissen. Zumindest deutet alles darauf hin.«
    Diesmal nickte die Mutter.
    »Ihre Tochter hat einen älteren Mann kennengelernt. Sie hat nie von ihm erzählt, oder?«
    Erneut bekam Alex eine wortlose Bestätigung von Silkes Mutter.
    »Er hat Ihrer Tochter Geschenke gemacht, neue Kleider, teuren Schmuck.«
    Der Vater löste seinen Blick vom

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