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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Erfüllung ging.
    In jener Nacht lag ich in meinem Bett und hatte keine Angst vor der Zukunft. Ich glaube, ich schlief zum ersten Mal seit langem wieder glücklich ein.
    Mitten in der Nacht erwachte ich, weil ich eine Hand zwischen meinen Beinen spürte.
    Kapitel 10
    Lauras Fingernägel gruben sich in die Schmuckschatulle, als sie in der Eingangsdiele anstelle von Lisa auf den lockigen Schopf ihres Sohnes blickte. »Sam, was machst du denn hier?«
    »Der Bus«, antwortete er.
    »Was ist mit dem Bus?«
    Er war kaum zu verstehen, als er sagte: »Er war weg.«
    »Aber du bist doch …« Seine Jeans war an den Knien grün verfärbt. »Bist du wieder im Wald gewesen?«
    Schuldbewusst neigte Sam den Kopf und knetete seine Finger.
    »Hab’ ich dir nicht gesagt, du sollst dich nicht im Wald herumtreiben?«
    »Meine Güte, Laura!« Rolf trat kopfschüttelnd an ihre Seite. »Hast du überhaupt eine Ahnung, was die Kinder den ganzen Tag über treiben? Du als ihre Mutter solltest …«
    »Sag du mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe, okay?« Am liebsten wäre sie ihrem Mann an die Gurgel gesprungen. »Du bist es doch gewesen …«
    »Das hat hiermit gar nichts zu tun!«
    »… der einen Scheiß auf die Kinder gegeben hat.« Sie schleuderte ihm die Schatulle vor die Füße. Das Holz zerbrach. Der Armreif und die Ringe rollten über den Boden. »Das alles wäre nicht passiert, wenn du …«
    »Ruhe! Sofort! Alle beide!« Franks laute Stimme scholl durch das Haus. Er stand neben Sam in der Diele. Lauras Sohn hatte die Augen geschlossen und hielt sich die Ohren zu.
    »Sam«, sagte Frank behutsam und ging vor ihm in die Hocke. »Alles ist in Ordnung. Mama und Papa machen sich nur Sorgen. Um Lisa.«
    Sam ließ die Arme sinken. Er öffnete die Augen, blinzelte kurz, dann starrte er an die Wand.
    »Lisa ist nämlich nicht in der Schule.« Frank lächelte. »So wie du.«
    Sam wich dem Blick seines Onkels aus.
    »Sam, hast du eine Ahnung, wo deine Schwester ist?«
    »Das habe ich ihn bereits gefragt«, sagte Laura. »Er weiß es nicht.«
    Ihr Schwager hob beschwichtigend die Hand. »Sam, es ist wirklich wichtig. Deine Eltern machen sich große Sorgen.«
    Sam knibbelte nervös an seinen Fingernägeln und schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen sich keine Sorgen machen?«
    Zu Lauras Überraschung nickte ihr Sohn.
    »Warum nicht?«, fragte sie.
    Sams Fingerkneten wurde stärker. Er murmelte etwas.
    »Wie bitte?«
    »Sie … Sie …«, stotterte er, ohne Laura anzusehen, »Lisa hat …«
    »Was hat Lisa?«, rief Laura.
    »… einen neuen Freund.«
    »Und das sagst du mir erst jetzt? Sam, das ist …«
    »Laura!«, fuhr ihr Schwager dazwischen. »Laura, ruhig.«
    Aber Laura hatte Mühe, sich zu beruhigen. Sie ging die Treppe hinunter. »War Lisa am Wochenende bei ihrem Freund?«
    Sam nickte. »Sie ist … am … am Freitag gefahren.«
    »Und wohin? Sam, sag schon, wohin?«
    »Nach Berlin. Aber …«
    »Aber was, Sam?«
    Sam senkte den Kopf. Laura hielt den Atem an. Sie fürchtete, dass er jeden Moment in Tränen ausbrechen würde.
    »Ich darf nichts erzählen«, wisperte er, »ich hab’s Lisa versprochen.«
    »Okay, gut«, sagte Frank, noch ehe Laura reagieren konnte, und schenkte Sam ein Lächeln. »Ein Versprechen muss man natürlich einhalten. Aber … du darfst deine Eltern auch nicht belügen.«
    »Tu ich … tu ich … ja nicht«, stammelte Sam.
    »Kennst du Lisas Freund?«
    »Nein, ich weiß nur … er hat ein Auto. Und … er ist älter.«
    »Wie alt?«
    »Ich glaub’ … so wie Mama.«
    Rolf ächzte. Laura stöhnte laut auf. Frank hingegen lächelte und tätschelte Sams Schulter. »Danke, du hast uns sehr geholfen. Hast du Hunger? Was isst du am liebsten?«
    Sam schwieg.
    »Reibekuchen«, sagte Laura.
    »Möchtest du Reibekuchen?«, fragte ihr Schwager. »Deine Mama wird dir gerne welche zubereiten. Möchtest du?«
    Sam schüttelte den Kopf.
    »Wenn du es dir anders überlegst, sag einfach Bescheid, ja?«
    Sam zog seine Schuhe aus, schulterte den Rucksack und stapfte an seinem Vater vorbei die Stufen hinauf. Als Rolf ihm durch die Haare streichen wollte, wich er zurück. Laura warf ihrem Mann einen giftigen Blick zu. Sie war dankbar für die Wut, die Rolf in ihr hervorrief, denn das lenkte sie von ihren Sorgen ab – allerdings nur für wenige Sekunden.
    »Okay«, sagte Frank.
    »Was?«, rief Laura. »Was ist daran okay?«
    »Jetzt wissen wir wenigstens, wonach wir suchen müssen.«
    Sam unterdrückte ein

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