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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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beworben, von denen Laura noch nie etwas gehört hatte: Binh(s) anderer Laden, Das Narkosestübchen oder Ernie & Bert .
    Ein Räuspern ließ Laura herumfahren. Ihr Mann stand im Türrahmen. »Wie kommst du hier rein?«, fragte sie.
    »Die Haustür stand offen.« Rolf zuckte mit den Schultern. Er war von der gleichen Statur wie sein Bruder und hatte ebenso dichtes Haar und buschige Augenbrauen. »Ist Lisa immer noch nicht aufgetaucht?«
    Was interessiert dich das? Laura schluckte die Bemerkung hinunter und versuchte sich zu beruhigen, indem sie die Habseligkeiten in Lisas Kleiderschrank beäugte.
    »Ihr Rucksack ist nicht da«, stellte sie fest und hastete ins Bad. »Ihr Kulturbeutel auch nicht.« Laura durchwühlte die Wäschetruhe, danach kehrte sie zurück in Lisas Zimmer. »Ihre Lieblingsjeans fehlt, außerdem, glaube ich, zwei T-Shirts, ein Pullover, den sie besonders mag …«
    »Bist du sicher?«, fragte Rolf.
    »Ja, mir gefiel der Pullover nämlich nicht!« Es war ein Geschenk von dir! , setzte sie in Gedanken hinzu. Laura spähte unters Bett. »Ihre Lieblingssneakers fehlen auch und … Warte, was ist denn das da?«
    Auch zwanzig Jahre zuvor, als er mit seinen Eltern nach Finkenwerda in das Haus am Dorfplatz gezogen war, hatte Alex zornig den wüsten Garten betrachtet, wenngleich aus anderen Gründen. Nachdem er die ersten vierzehn Jahre seines Lebens in Berlin aufgewachsen war, konnte er partout nicht verstehen, was er hier in diesem Dorf verloren hatte. Seine Eltern hatten ihm erklärt, sie erfüllten sich einen Traum. Und Träume muss man leben , hatte sein Vater immer wieder betont. Für Alex war Finkenwerda nur ein Alptraum gewesen.
    Erst als er mit Paul, Ben und Norman Freunde in seiner neuen Schule gefunden hatte, dem Gymnasium in der nächstgrößeren Gemeinde Königs Wusterhausen, hatte sich seine Verbitterung gelegt.
    Mit seinen neuen Freunden hatte sich alles zum Guten gewendet. Gelegentlich hatten die drei ihn in Finkenwerda besucht und die Vorzüge der Umgebung schätzen gelernt, die Stille und die Abgeschiedenheit im Spreewald.
    Wenige Monate nach dem Tod seines Vaters hatte Alex die Einsamkeit und den Frieden, die Finkenwerda zu bieten hatte, neu entdeckt. Seine Mutter war bereits neun Jahre zuvor gestorben. Beide waren auf dem Dorffriedhof begraben.
    Ein Leben lang hatten sie ihm von ihrem Traum erzählt, aber niemals auch nur ein Wort über die Wahrheit verloren. Wenn es stimmte, was in dem Brief stand, dann hatten sie ihn belogen, ebenfalls ein Leben lang. Auch wenn er eine glückliche Kindheit und Jugend gehabt hatte, ließ diese Lüge seine Vergangenheit in einem anderen Licht erscheinen.
    Er verstand nicht, warum ihn seine Eltern belogen hatten, und er fragte sich, weshalb ihn seine leiblichen Eltern weggegeben hatten. Ihm wurde bewusst, dass er erst Ruhe finden würde, wenn er sich dem Absender des Briefes stellte. Arthur Steinmann.
    Laura kniete sich hin und holte unter dem Bett eine Packung Marlboro hervor.
    »Seit wann raucht Lisa?«, fragte ihr Mann.
    Laura warf die Zigaretten auf den Schreibtisch und reckte ihren Arm noch tiefer unters Bett. Sie schob Schuhe, Bücher und CD s beiseite und brachte eine Schachtel zum Vorschein, die unter einer alten Pferdedecke verborgen gewesen war. Laura hob den Deckel und entdeckte ein Paar Lederstiefel.
    »Gucci«, sagte Frank.
    Fassungslos legte Laura die Schuhe beiseite und öffnete eine kleine Holzschatulle, die sich ebenfalls in der Schachtel befand. Im Nachmittagslicht, das durchs Fenster fiel, funkelten ein Armreif und drei massive Silberringe, deren Glanz noch von einer Kette übertroffen wurde, an der ein Brillant schimmerte.
    »Ist der echt?«, fragte Frank.
    »Ich … ich …« Lauras Puls beschleunigte sich. »Ich weiß nicht.« Sie sah ihren Mann an. »Hast du ihr das gekauft?«
    »Quatsch!«
    »Aber woher …?« Laura betrachtete den edlen Schmuck in der Holzschatulle. »Das hätte sie sich niemals leisten können.«
    »Vielleicht hatte sie einen Nebenjob«, sagte Frank.
    »Das wüsste ich.«
    »Na ja«, murmelte Rolf. »Anscheinend weißt du ja so einiges nicht über deine Tochter.«
    Laura warf ihm einen giftigen Blick zu. »Spiel du dich nicht als perfekter Vater auf. Diese Rolle steht dir …« Sie verstummte, als sie hörte, wie die Haustür geöffnet wurde. Ihr Herz schlug Laura bis zum Hals. Sie rannte zur Treppe. »Lisa?«
    Kapitel 9
    Noch ehe mir die stickige Luft im Schlafzimmer meiner Mutter entgegenschlug, wurde

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