Die Mädchenwiese
erhellte die Küche mit einem warmen Glanz. Das Frühstück verlief wie jeden Morgen hastig. Und doch war nichts wie immer. Laura setzte sich Sam gegenüber an den Tisch und belegte eine Brotscheibe mit Salami.
»Wo ist Lisa?«, fragte ihr Sohn.
Laura starrte ihre Stulle an. »Sie ist noch nicht zu Hause.«
Sams Hände krampften sich unter dem Tisch zusammen.
Laura drehte sich zu ihrer Schwägerin um. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn du ihn zum Bus bringst?«
»Nein, kein Problem.« Renate holte Sams Rucksack aus der Diele. »Und du bist sicher, dass du alleine klarkommst? Wenn du willst, nehm’ ich mir heute frei.«
»Nein, geh du nur zur Arbeit. Warum sollten wir beide den ganzen Tag hier herumsitzen?«
»Vielleicht wäre es besser, wenn du auch …«
»Nein, das kann ich nicht«, widersprach Laura. »Ich hab’ meinem Chef bereits mitgeteilt, dass ich vorerst nicht mehr ins Callcenter komme. Ich kann hier nicht weg. Was, wenn Lisa nach Hause kommt? Oder anruft? Wenn sie meine Hilfe braucht? Außerdem …«
»Außerdem?«
»Ich hab’ noch so vieles zu erledigen.«
Alex ging hinunter in den Garten, nahm in einem der Stühle Platz und goss Kaffee ein. Eine Tasse reichte er seinem Freund, der den Gartentisch mit den Frühstückszutaten deckte. Gizmo verschwand zwischen den Sträuchern.
Eine Weile verzehrten sie schweigend die Brötchen. Dann sagte Paul: »Aber meine Story … die schreibe ich irgendwann trotzdem.«
Alex konnte nicht anders, er lachte.
»Irgendwann werde ich das richtige Thema finden. Und dann zeige ich es ihnen. Denen bei der Rundschau . Meiner Exfrau. Allen!«
»Weißt du was?« Noch immer lächelnd erhob sich Alex. »Du bist unverbesserlich.«
Paul folgte ihm über die Wiese zum Schuppen. »Irgendein schlauer Kopf hat mal gesagt, der Mensch ist nicht nur gut, er ist unverbesserlich.«
»Ja, das war Ben, gestern Abend.«
»Nee«, jetzt grinste Paul, »der hat gesagt, ich bin unausstehlich.«
»Ist fast dasselbe.«
Paul zeigte ihm den Mittelfinger. Alex kramte Gartenhandschuhe aus einer Schublade und warf sie seinem Freund zu. Er selbst streifte sich das zweite Paar über.
Unter Gizmos wachsamen Blicken entsorgten sie die Scherben im Gartenhäuschen. Anschließend schaufelten sie die zertretenen Gurken auf den Bioabfallhaufen. Schon bald lief ihnen der Schweiß über Stirn und Nacken. Paul zog sein T-Shirt aus. Alex folgte seinem Beispiel und begann, das Gemüsebeet umzupflügen, während Paul das Beet harkte.
»Es stimmt!«, keuchte er. »Wir haben früher auch allerhand Dummheiten ausgeheckt.«
»Wie kommst du darauf?«
»Das Thema hatten wir doch gestern Abend.«
»Und nun hast du ein schlechtes Gewissen?«
»Ich?« Paul wischte sich über die Stirn. »Wohl kaum. Die größten Dummheiten habt doch ihr gemacht.«
»Als wenn du …«
» Ich hab’ damals nicht den Joint angeschleppt, zusammen mit den Bierflaschen aus der Kneipe deines …« Paul hielt inne. »Entschuldige.«
»Ist schon okay.« Alex holte zwei Flaschen Mineralwasser aus der Kneipe. Am Himmel zogen vereinzelt Quellwolken auf. Sie erinnerten Alex in ihrer Form an den Rauch eines Joints.
Paul lachte, als hätte er die gleiche Assoziation. »Mann, was war mir damals schlecht von dem Zeug. Dir war auch übel, weißt du noch, du hast dir auf die Hose gekotzt. Ben hat es am schlimmsten erwischt. Sein Trip war so mies. Ich glaube, das ist ihm heute noch peinlich. Hast du gesehen, wie er geguckt hat, als ich gestern die Waldbutze erwähnt habe?« Paul leerte die Wasserflasche in einem Zug, rülpste und kicherte zugleich. »Norman war der Einzige, der das Zeug vertragen hat. Ausgerechnet Norman, unser Musterknabe.«
»Und du … du hast damals das Pornoheft angeschleppt.«
»Ich? Ein Pornoheft?«
»Keine Ahnung, wo du das herhattest. Bestimmt von deinem Vater geklaut.«
»Ganz sicher nicht.«
»Und dann hast du dich damit für eine halbe Stunde raus an den Bach verzogen.«
»Also ehrlich …«
»Nur zu deiner Ehrenrettung …« Alex grinste. »Später hast du jedem von uns erlaubt, sich mit dem verklebten Heft …«
»Jetzt hör aber mal auf!«
»… für zehn Minuten hinterm Busch zu verkriechen. Zehn Minuten. Nicht länger. Dann wolltest du es wiederhaben.«
»Ihr seid doch damals genauso notgeil gewesen. Wie hieß sie noch, diese … Petra … Petra Soundso.«
»Ja, Petra.« Alex lachte.
»Du hast mit ihr geknutscht, draußen am Grillplatz, durftest sogar in ihr Höschen greifen.
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