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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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nicht erschrecken.«
    Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper.
    »Aber ich habe Sie hier sitzen sehen und dachte mir …«
    »Sie haben mich beobachtet!«, fiel ich ihm ins Wort.
    »Ja, aber nicht so, wie Sie glauben.« Kies knirschte, als er um die Bank herumschritt. Er blieb vor der Laterne stehen. »Es war ein Zufall.«
    Ich schnaubte.
    »Das müssen Sie mir glauben! Ich mache jeden Abend einen Spaziergang, erst durch den Wald, dann im Ort. Nur deshalb sah ich Sie hier sitzen. Und immer haben Sie einen so traurigen Eindruck auf mich gemacht.«
    Er wartete einige Sekunden. Als ich nicht auf seine Entschuldigung reagierte, hielt er mir die Hand hin. »Gestatten? Kirchberger ist mein Name. Ferdinand Kirchberger.«
    Ich bewegte mich nicht.
    »Oh, das ist interessant«, meinte er. »Die Leute in Finkenwerda tragen wohl keine Namen?«
    Ich gab keinen Ton von mir.
    »Na ja …«, sagte er schließlich und steckte die Hand in die Hosentasche. »Daran werde ich mich gewöhnen. Ich bin nämlich neu hier. Sehen Sie dort, in der Gräbendorfer Straße, das allerletzte Haus am Ortsausgang? Dort wohne ich seit kurzem. Es ist nicht –«
    »Berta!«, hörte ich mich zu meiner eigenen Verwunderung sagen.
    »Wie bitte?«
    »Berta. Das ist mein Name.«
    »Berta …?«
    »Kutscher«, fügte ich hinzu.
    »Nun, liebe Frau Kutscher, nachdem wir dies also geklärt hätten …« Er drehte sich ein wenig zur Seite, das Licht der Laterne fiel auf sein Gesicht. »Wie würden Sie es finden, wenn ich Sie als Wiedergutmachung einen Abend ausführe?«
    Erschrocken hob ich den Blick. Zum ersten Mal sah ich ihn richtig an. Er war stämmig, hatte einen Vollbart und trug einen vornehmen Anzug. Der Abendwind trug den Duft seines Deodorants zu mir herüber.
    »Was halten Sie vom Theater in Berlin?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wie wäre es mit morgen Abend?«
    Mein Kopfschütteln wurde vehementer.
    »Nun, dann am Wochenende?«
    »Ich kann nicht«, presste ich hervor.
    »Nächste Woche?«
    »Nein, nein, Sie verstehen nicht …«
    »O doch, ich verstehe sehr wohl. Sie sind traurig und brauchen etwas, das Sie aufheitert. Ein Abend im Theater ist genau das Richtige.«
    »Sie müssen nicht aus Mitleid …«
    »Moment!«, warf er ein und klang verärgert. »Moment!«
    Ich zuckte zusammen.
    »Glauben Sie, ich lade Sie nur deshalb ein, weil Sie mir leidtun? Also wirklich, dass Sie so etwas von mir denken, macht mich fast zornig und …«
    »Entschuldigung«, rief ich hastig, »ich wollte nicht …«
    »Ich sagte, es macht mich fast zornig.« Seine Augen funkelten amüsiert. »Denn so schnell wirft mich nichts aus der Bahn. Moment, doch, eines!« Er grinste breit. »Wenn Sie mich morgen Abend versetzen.«
    Beschämt richtete ich meinen Blick zu Boden.
    »Und ich verspreche Ihnen, es ist kein Mitleid, das ich empfinde, auch wenn Sie dies von mir denken.« Er lachte einmal kurz auf. »Aber ich bin Ihnen auch nicht böse deswegen.«
    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Nur ein schöner Abend in Berlin. Es wird Ihnen guttun, glauben Sie mir.«
    Langsam hob ich den Kopf und sah ihn an. Sein Lächeln verwirrte mich. Ich wollte ihm so gerne glauben. Erneut roch ich sein Deodorant. Plötzlich verspürte ich ein seltsames Kribbeln in der Magengrube.
    »Na gut«, sagte ich.
    Kapitel 18
    Sam wartete, bis die beiden weißhaarigen Frauen im Supermarkt verschwunden waren. Dann eilte er über die Dorfstraße zum Jugendclub. Aus einem der hinteren Räume drang ausgelassenes Gelächter. Ein Dutzend Kinder bemalte die Wände mit einer Vielzahl bunter Farben. Der Betreuer feuerte sie an, während er selbst neue Farbe anrührte.
    »Hallo, Sam«, rief Ben. »Kommst du helfen?«
    »Wobei?«
    »Ist sozusagen ein Schulprojekt.«
    Wehmütig betrachtete Sam die anderen Kinder. Doch er besann sich darauf, weswegen er hergekommen war. »Ben, kennst du Zack?«
    »Zack?« Der Betreuer wurde schlagartig ernst. »Was willst du von Zack?«
    Die Schärfe in seiner Stimme ließ Sam zusammenfahren.
    »Und wie kommst du … Moment mal, warum bist du eigentlich nicht in der Schule?«
    »Es ist nur wegen Lisa«, sagte Sam leise.
    Bens Miene verdüsterte sich.
    »Ich möchte nur mit Lisa reden«, fügte Sam hastig hinzu, »und ihr sagen, dass sie zurückkommen soll. Daran ist doch nichts Schlimmes, oder?«
    »Nein, natürlich nicht.« Ben fuhr sich nachdenklich über sein Kinn. »Und du glaubst, sie ist bei Zack?«
    »Ich weiß nicht.« Sam rieb sich die Hände. »Ich glaub’

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