Die Männer der Raumstation
Erzählung stark nachgelassen«, sagte Ion und lächelte. »Du hast auch noch nie mit einem männlichen Säugetier von Moodgeegalee über Dinge gesprochen, die dem guten Verständnis zwischen verschiedengeschlechtlichen Wesen sehr zuträglich sind?«
»Nein.«
»Sieh«, sagte Ion, und er zündete sich endlich die Zigarette an, die anzuzünden er schon seit einer halben Stunde im Sinn gehabt hatte. »Ich war es, der euch sozusagen vorher entdeckte. Ich spürte, daß uns unvollkommene und sehr anfällige Menschen zwei oder mehrere Wesen beobachten, die sich wundern, obwohl unser Standard weit unter ihrem liegt. Sie wunderten sich, warum wir glücklich sind – oder wenigstens die Illusion haben, es zu sein –, obwohl wir wissen, daß wir unvollkommen sind.«
Die steile Flamme des Gasfeuerzeugs beleuchtete die Gesichter.
Das Wesen von Moodgeegalee erblickte einen Terraner von dreißig Jahren, der von der Arbeit müde war. In einem dunklen Gesicht brannten zwei graue Augen, und ein sorgfältig ausrasierter Bart grenzte die Linien ab. Die Kerben dahinter waren die Zeichen der Erfahrung, die Schnitte vom Skalpell des Lebens. Die Hand, die das Feuerzeug hielt, war nicht mehr ganz ruhig, aber es war eine Hand, die Symbol war: Symbol für die Menschheit, die sich viel mehr mit der Hand nach oben gekämpft hatte als mit dem Verstand. Eine starke, muskulöse Hand mit stumpfen Nägeln, die angerissen waren und sauberer hätten sein können, mit Adern und Härchen, mit Flecken und einem hellen Streifen, der sich an der Stelle eines breiten Ringes befand.
Und Ion Sandage sah die hellblauen großen Augen des Mädchens, die fast so aussah, wie ihre Artgenossinnen auf dem großen Planeten. Er sah das schulterlange schwarze Haar, die gerade Nase und den Mund, der groß war und geschwungen wie ein Sarazenenbogen. Er sah die Verzweiflung in den weit auseinanderstehenden Augen und den bitteren Zug um den Mund. Er sah die Spuren auf den Wangen und erkannte das Problem.
»Ich spürte euch. Ich wußte nicht, wie ihr aussaht oder etwa mehr davon. Ich hatte nur eine Ahnung. Und ich war mißtrauisch, denn zwischen zwei verschiedenen Rassen muß es Probleme der Verständigung geben. Und wir beide, Peer und ich, standen tagelang an der Grenze der Verzweiflung – wir konnten es nicht begreifen, daß zwei Fremde aussahen wie zwei Mädchen unseres Planeten. Und wir erkannten innerhalb von einer Woche, daß euer größtes Handikap die Vollkommenheit ist.
Ihr beide kämpft gegen euch selbst.
Ihr wolltet gern so sein wie wir und dafür nichts von eurer Perfektion aufgeben. Was uns bestach, war der Mangel an Arroganz, zu der ihr berechtigt gewesen wäret.
Ihr tatet uns leid, aber gleichzeitig fühlten wir etwas wie eine geistige Verwandtschaft, denn wir sind einander ähnlicher, als man glaubt. Wir sind Außenseiter, und ihr seid auf eure unnachahmliche Art ebenfalls Außenseiter. Wir erkannten dies nur, weil wir uns unserer Unvollkommenheit bewußt sind und uns nicht schämen. Ihr aber würdet euch schämen, wenn ihr erkennen würdet, daß ihr euch freiwillig auf unsere Stufe herunterbegeben habt. Irre ich?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte sie tonlos.
»Und dann, in der Folgezeit, habt ihr beide gemerkt, was für famose Burschen wir sind. Kameradschaftlich, oft ein wenig grob, aber immer hilfreich und für jede Frage da, obwohl wir den letzten Rest unseres Wissens von ganz unten hervorgeholt haben, um eure Arbeit zu erleichtern. Außerdem haben wir selbst hier noch ziemlich viel zu tun, so daß unsere feine Art ein Sonderlob verdient. Und jetzt kommt das große Problem.«
Sie lehnte sich an Ions Knie.
»Ja?«
»Ich weiß nicht genau, auf welche Weise man auf Moodgeegalee gegenseitige Sympathie, Partnerschaft, Verliebtheit, Liebe oder derlei mehr zeigt und praktiziert, aber Shahi, die schöne Blonde mit den grünen Augen, sah in Peer ihren besten Partner, nicht in dir. Du bist deinen Vorstellungen und meiner nonchalanten Art erlegen. Aber – wie zeigt man das? Und wenn man es zeigt, was tut man, wenn es ernst werden sollte? Der Riß zwischen den zwei Kulturen geht mitten durch unsere Freundschaft, Yolay. Überwinde letzteren, und ersteres ist eine Kleinigkeit. Ich könnte es, denn ich bin unvollkommen.
Da ich unvollkommen bin, weiß ich, daß wirkliche Vollkommenheit eine Fiktion darstellt.
Auch nicht bei euch – siehe die Erlebnisse, die ihr hattet.
Da auch ihr auf eure Weise unvollkommen seid, denn Vollkommenheit kennt keine
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