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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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andere: Daß Bue der Dicke und Wichmann sich für ihn entschieden hatten, dürfte König Harald als einen mageren Trost empfunden haben.
    Die Meldung, daß sich jener Teil des Heeres, der mit Sven nach England ziehen wollte, außerhalb des Lagers sammle, schreckte den König aus seinem Trübsinn. Er befahl Styrbjörn, Sven festzunehmen oder ihn, falls er sich widersetze, auf der Stelle zu erschlagen, desgleichen alle, die nicht unverzüglich in das Lager zurückzukehren gewillt seien. Doch Styrbjörn wiegte mißbilligend den Kopf und sagte: »Willst du das wirklich, Herr? Willst du mich zum Mörder deines Sohnes machen, da du so gut weißt wie ich, daß er sich wehren wird?«
    Während sich der König und Styrbjörn schweigend ansahen, warf Bue rasch ein, daß die anderen einer Festnahme kaum tatenlos zusehen würden und er gewisse Zweifel hege, ob Styrbjörns Männer mit der nötigen Entschlossenheit darangingen, jenen, mit denen sie soeben noch beim Bier gesessen hätten, die Schädel zu spalten.
    »Meine Männer tun, was ich ihnen befehle«, entgegnete der Jomswikinger. »Aber ich«, fuhr er wieder an den König gewandt fort, »wie kann ich dir noch in die Augen sehen, wenn ich vor dich hintrete und sage: Herr, ich habe deinen Sohn getötet?«
    »Es wäre ein Befehl wie jeder andere«, erwiderte König Harald. Dabei blickte er abwesend vor sich hin, so daß es schien, als gingen seine Gedanken schon in eine andere Richtung.
    »Dann wiederhole den Befehl vor allen hier, und ich werde ihn ausführen«, sagte Styrbjörn.
    Harald nahm ein Stück Fleisch vom Teller, führte es zum Mund, biß aber nicht hinein, sondern warf es seinen Hunden zu. »Ich werde keinen daran hindern, mit Sven Haraldsson nach England zugehen«, sagte er. »Wie sollte ich auch, da mir die einen offen, die anderen mit fadenscheinigen Gründen den Gehorsam verweigern? Und jetzt geht. Laßt mich allein.« Björn aber hielt er zurück, als dieser mit den anderen das Zelt verlassen wollte.
    »Letzte Nacht«, sagte er, »erschien mir mein Vater Gorm im Traum. Er gab mir einen Apfel, es war der prächtigste Apfel, den ich je gesehen hatte, doch als ich ihn herumdrehte, bemerkte ich ein kleines Loch. ›Noch ist das Fleisch des Apfels schmackhaft und fest«, sagte Gorm, ›aber in Kürze wird er faul sein, wenn du ihn nicht aufbrichst und den Wurm zertrittst, der in seinem Innern sitzt.« Nach allem, was geschehen ist, fällt es mir nicht schwer, den Traum zu deuten: Der Apfel ist mein Reich und der Wurm mein Sohn. Ich muß mein Reich vor ihm retten, sonst verfault es von innen her. Mir ist die Pflicht auferlegt, meinen eigenen Sohn zu töten. Meine Hände werden befleckt sein mit seinem Blut, und wer immer die Tat ausführt, er wird keine Schuld auf sich laden, da er nach meinem Willen handelt. Nun höre, daß ich dich dazu ausersehen habe, Björn Bosison, und sieh darin eine Auszeichnung besonderer Art, daß ich das Schicksal des Landes in deine Hände lege.« Mit diesen Worten zog er einen Dolch unter seinem Kopfkissen hervor, dessen Klinge in ein schmieriges Tuch gewickelt war. »Es genügt, wenn du ihm damit die Haut ritzt«, sagte er. »Das Gift wirkt so rasch, daß er nach wenigen Herzschlägen tot ist.«
    »Warum ich, Herr?« fragte Björn, starr vor Entsetzen. »Weshalb willst du, daß ich es tue, wo unter deinen Leuten etliche sind, die sich um die Ehre reißen würden, dir diesen Dienst zu leisten?«
    Der König hob die Brauen und bedachte die Namen, die Björn hastig hervorstammelte, mit wegwerfenden Gebärden. Dann sagte er: »Sven ist auch darin ein Zwerg, daß er in allem Böses wittert. Doch nicht einmal er würde vermuten, daß ich dir, einem Kammmacher und Geschichtenerzähler, den Auftrag gab, ihn zu töten. Geh also zu ihm und sag dich vor ihm und allen von mir los. Er wird dich mit offenen Armen empfangen. Aber erwarte nicht, daß er dir Vertrauen schenkt, er vertraut niemandem. Deshalb sei vorsichtigbei allem, was du sagst und tust, und nutze nicht die erstbeste Gelegenheit, denn diese könnte eine Falle sein.«
    »Gelänge es mir, Sven mit diesem Messer zu ritzen: Wie könnte ich darauf hoffen, daß du, Herr, seinen Tod ungesühnt ließest?«
    »Du vergißt, daß ich getauft bin«, antwortete der König mit ernster Miene. »Für einen Christen gehört die Blutrache zu den schwersten Sünden. Statt Gleiches mit Gleichem zu vergelten, gebietet der Allmächtige, dem Mörder zu vergeben. Ist es somit Gottes Wille, dir den Mord an

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