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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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mich, daß es ihn so dringend nach mir verlangt«, schmunzelte Sven. »Sonst zeigte er Ungeduld eher darin, mich loszuwerden.«
    Bald darauf trat Sven, von Skarthi gefolgt, in Haralds Purpurzelt. Der König ging ihm entgegen und schloß ihn in seine Arme, was nicht nur Sven überraschte, sondern auch jene, die Harald eben noch über das ungebührliche Benehmen seines Sohnes hatten zetern hören. Nun hieß ihn der König mit freundlichen Worten willkommen, tätschelte ihm die Wange und betrachtete ihn mitväterlichem Wohlwollen. Sven dagegen verharrte eine Weile reglos in steifer Haltung, die kugelig hervortretenden Augen auf Haralds Gesicht gerichtet. Doch dann erwies er sich seinem Vater als ebenbürtig in der Kunst der Verstellung: Er kniete vor ihm nieder und küßte seine Hand. Dies verblüffte den König so sehr, daß er sich an seinem Speichel verschluckte und hustend nach Atem rang.
    »Steh auf, Sohn«, sagte er dann. »Hierzulande ist es nicht üblich, daß sich der Sohn dem Vater zu Füßen wirft. Wo hast du dir die fremde Sitte angeeignet?«
    Sven erhob sich und klopfte den Staub von seinen Kleidern: »Bei den Pikten, Vater. Dort pflegt man seinen Vater auf diese Weise zu begrüßen, wenn man ihn lange hat entbehren müssen.«
    »Du warst bei den Pikten?«
    »Mein Freund Skarthi und ich befanden uns auf der Reise nach Norwegen, als uns ein heftiger Oststurm zwang, den Kurs zu ändern«, antwortete Sven. »So gelangten wir gegen unseren Willen in das Land der Pikten.«
    »Ist es wahr, daß sie ihre eigenen Kinder essen?« fragte Harald. Er bot Sven den Platz zu seiner Rechten an, und Skarthi setzte sich an das andere Ende der Tafel, zwischen Wichmann und Ivar von Skaneyrr.
    »Man darf nicht alles glauben, was über weit entfernt lebende Völker erzählt wird«, entgegnete Sven. »Ihre Weiber sind sehr fruchtbar, und da sie in einer öden Bergwelt wohnen, ersticken sie in Zeiten der Not ihre neugeborenen Kinder zwischen den Brüsten, damit sie nicht allesamt verhungern müssen. Spricht dies eher für ihre Vernunft, so steht doch außer Zweifel, daß sie ein wildes und grausames Volk sind. Die Engländer fürchten sie mehr noch als uns, und manches ihrer Gebete enthält die Bitte, daß Gott sie vor den Pikten bewahren möge. Dies vorausgeschickt, wird König Aethelred nun bald beklagen, daß die Gebete nicht erhört worden seien.«
    »Mein Gefühl sagt mir, daß du daran nicht ganz unschuldig bist, Sohn. Ich hoffe, es trügt mich.«
    »Ich fand in den Pikten aufmerksame Zuhörer, als ich ihnen von Aethelreds reichen Dörfern und Städten erzählte.«
    »Du hast diese Wilden gegen einen Verwandten aufgewiegelt?« rief Harald und vergewisserte sich durch einen raschen Blick in die Runde, daß seine Entrüstung von vielen geteilt wurde.
    »Sie dürften schon über den Großen Wall nach Süden vorgedrungen sein«, erwiderte Sven. »Jetzt wird es nicht mehr lange dauern, bis Aethelred dich um Hilfe bittet, Vater. Allein kann er sich der Pikten nicht erwehren.«
    Harald schlug die Faust so heftig auf die Tischplatte, daß die Bierkrüge emporsprangen: »Was kümmert mich Aethelred, wo ich den Feind im eigenen Land habe?«
    »Darf man einem Verwandten die Hilfe verweigern, wenn er darum bittet?« ermahnte ihn Sven mit sanfter Stimme.
    »Es gibt nur einen, der verpflichtet wäre, Aethelred Hilfe zu leisten, das bist du selbst«, sagte Harald. »Denn du hast ihm die Pikten auf den Hals geschickt.«
    »Wie viele Männer gibst du mir?«
    »Keinen!« schrie Harald. »Und hätte ich hundert mal tausend, ich würde dir nicht einen einzigen geben!«
    »Ich denke, daß fünfhundert fürs erste genügen müßten«, entgegnete Sven ruhig. »Wenn wir die Pikten in die Berge zurückgetrieben haben, brauche ich allerdings mehr.«
    »Jetzt sprichst du in Rätseln, Sven«, sagte Wichmann. »Weshalb brauchst du mehr Männer, wenn die Schlacht geschlagen ist?«
    »Aus Bundesgenossen werden in der Regel Feinde, sobald man sich des gemeinsamen Gegners entledigt hat«, antwortete Sven.
    »Ich will nichts mehr davon hören!« brüllte König Harald. »Ein Wort noch, und ich lasse dich auspeitschen, du Zwerg!«
    Björn sah, wie alle Farbe aus Svens Gesicht wich. Dann verließ er mit kleinen schnellen Schritten das Königszelt. Es war für lange Zeit das letzte Mal, daß sie miteinander sprachen.
    Wenige Tage später traf eine Gesandtschaft König Aethelreds im Lager ein. Sie wurde von Torkel Wurmfraß angeführt, einem Norwegeraus Nidaros,

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