Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
Vom Netzwerk:
um den sich schon zu seinen Lebzeiten Legenden rankten. Harald nahm die Abgesandten freundlich auf, erwies vor allem Torkel die einem berühmten Mann gebührende Achtung, zeigte sich jedoch nicht geneigt, König Aethelred im Kampf gegen die Pikten Beistand zu leisten, solange der Sachsenkaiser einen Teil Dänemarks besetzt hielt. Nach dieser Unterredung kam Torkel mißgelaunt aus dem Purpurzelt, aber als nun Skarthi zu ihm trat und ihn beiseite nahm, hellte sich seine Miene auf. Für die nächste Zeit fand Aethelreds Gesandtschaft in Odinkars Zelt Unterkunft, und man sah dort etliche von Haralds Gefolgsleuten ein und aus gehen. Als dies dem König hinterbracht wurde, ließ er Aethelreds Abgesandte mit bewaffnetem Geleit zu ihrem Schiff bringen und rief seine Gefolgsleute zu sich. Mit zornigen Worten erinnerte er sie daran, daß sie ihm den Treueeid geschworen hatten, doch es zeigte sich, daß etliche bereits Svens Überredungskunst erlegen waren. Als ihr Sprecher trug Odinkar dem König vor, daß es die Kampfeslust seines Heeres sicherlich fördere, wenn es andernorts Siege errungen hätte, bevor es sich den Rittern des Sachsenkaisers zur Schlacht stelle. Außerdem könne man unter den stammverwandten Angelsachsen kampferprobte Männer anwerben, wodurch Haralds Heer beträchtlich an Schlagkraft gewönne. Im übrigen rege sich in manchem der Verdacht, daß der König nur deshalb gegen eine solch erfolgversprechende Unternehmung sei, weil der Plan von Sven stamme.
    Noch während Odinkar sprach, hatte Harald stoßweise zu atmen begonnen. Jetzt aber geriet er dermaßen in Wut, daß ihm die Stimme versagte und er ihr nicht anders als durch eine Anzahl seltsamer Verrenkungen Ausdruck verschaffen konnte. Es war einer jener maßlosen Tobsuchtsanfälle, die den Wütenden als ein Zerrbild seiner selbst erscheinen lassen, und wenn solches schon bei gewöhnlichen Menschen lächerlich wirkt, so im besonderen bei einem Mann, der die Macht verkörpert. Reglos standen sie vor Harald und verbargen hinter gleichmütigen Mienen ihre Verachtung. Als er sie beschimpfte und des Verrats bezichtigte, nahmen sie diesebenso gefaßt hin wie seine Drohung, er werde jeden köpfen lassen, der sich ohne seine Erlaubnis aus dem Lager entferne. Nur Odinkar trat noch einmal vor und sagte: »Dein Berserker wird viel zu tun haben, wenn er uns allen die Köpfe abschlagen soll, Harald.«
    Der König packte seinen Trinkbecher und warf ihn nach Odinkar; er traf ihn zwischen den Augen. Der Gode wischte sich das Bier aus dem Gesicht und musterte Harald mit einem mitleidigen Blick. »Solcher Ermunterung bedarf ich nicht mehr, mich Sven Gabelbart anzuschließen.« Damit ging er, und die meisten der Männer folgten ihm.
    Eine stattliche Zahl von Häuptlingen versammelte sich vor Svens Zelt. Von diesen war Odinkar der vornehmste, auch gebot er allein über mehr als vierhundert Bewaffnete. Die übrigen, zu denen Sigurd, Ulf der Ungewaschene, Ivar von Skaneyrr und Skjalm Hvides Söhne zählten, brachten es zusammen auf sechshundert Mann, so daß Sven eine weitaus größere Streitmacht zur Verfügung stand, als er von Harald gefordert hatte. Der Königssohn trat in klirrender Rüstung aus seinem Zelt, er trug einen Brustpanzer nach römischer Art und einen spitz zulaufenden, goldschimmernden Helm. In seinen Händen hielt er ein prächtiges Schwert, und als er es vor sich aufstellte und die Versammelten mit durchdringendem Blick musterte, war mancher versucht, ihn zum König auszurufen.
    Währenddessen bot Harald ein Bild des Jammers. Von dem Wutanfall erschöpft, kauerte er auf seinem Lager. Bisweilen entwich ihm ein Stöhnen, als leide er unter starken Schmerzen, dann wieder ein von tiefer Verzweiflung kündendes Seufzen. Er aß nichts von den Speisen, die man, damit ihr verführerischer Duft seinen Appetit wecke, neben seine Lagerstatt gestellt hatte, und gleichfalls verschmähte er, was seinen Zustand vollends besorgniserregend erscheinen ließ, Met und Bier.
    Außer Styrbjörn und einigen anderen waren auch Bue der Dicke und Wichmann bei ihm geblieben. Was letztere dazu bewogen haben mochte, können wir allenfalls vermuten. Wahrscheinlich entsprach es der Spielernatur eines Wichmann, gerade dort aufGewinn zu hoffen, wo er nach vernünftiger Einschätzung am wenigsten zu erwarten war, während Bue den einzigen Platz an Svens Seite, der ihm erstrebenswert erschien, den des einflußreichen Ratgebers, durch Skarthi besetzt sah. Ob es aber diese Gründe waren oder

Weitere Kostenlose Bücher