Die Maenner vom Meer - Roman
zwei oder drei Wochen versorgt. Über Ziel und Zweck ihrer Reise habe sie keine klare Auskunft gegeben, und seine Ermahnung, daß das Meer kein Tummelplatz für Weiber sei, habe sie mit einem Lachen beantwortet.
»Du hättest sie zurückhalten sollen, Bruder«, sagte Björn.
»Ich habe es versucht«, erwiderte Tore und entblößte seinen Arm, auf dem eine frischvernarbte Wunde zu sehen war. »Sieh her, hier stach sie mich mit dem Schwert, das ich ihr soeben geschenkt hatte.«
Sven saß auf dem Hochsitz des Königs, und wenn er sich zwischen den mächtigen Pfosten auch recht verloren ausnahm, herrschte im Saal doch Einigkeit darüber, daß dies der ihm gemäße Platz sei. Als die Stimmung ausgelassener wurde und einer den anderen an Lautstärke zu übertreffen suchte, winkte Sven Skarthi zu sich und sprach zu ihm mit liebenswürdiger Miene und freundschaftlichen Gebärden. Was er sagte, ging im Stimmengewirr unter, aber Björn sah, daß alle Farbe aus Skarthis Gesicht wich und seine schwarzen Brauen sich über die Augen senkten. Als Sven geendethatte, richtete Skarthi sich aus der vorgebeugten Haltung des Lauschenden auf und ging zu seinem Platz zurück.
Am nächsten Morgen war er verschwunden. Sven ließ in der Stadt nach ihm suchen, und als man ihn dort nicht fand, schickte er seine Männer auf die Heide hinaus. Sie meldeten, sie hätten hinter jeden Strauch und jeden Stein geschaut, ohne Skarthi selbst oder auch nur eine Spur von ihm zu entdecken. Erst Tage später fand ihn ein Schweinehirt in einer mit Zweigen und Heidekraut überdachten Mulde. Skarthi hatte sich die Pulsadern geöffnet, und ringsum war die Erde getränkt mit seinem Blut.
13
SVEN GABELBART NAHM die Nachricht mit unbewegtem Gesicht entgegen. Er gab Befehl, Skarthis Leichnam in die Stadt zu bringen, und zog sich mit Björn in sein Schlafgemach zurück. Dort legte er sich auf das Bett und starrte längere Zeit zur Decke empor. Dann sagte er: »Sein Selbstmord fügt den vielen Rätseln noch ein weiteres hinzu. Brachte er sich um, weil er sich von mir durchschaut fühlte, oder war er mir so treu ergeben, daß er den Tod der Trennung vorzog?«
»Du wolltest dich von ihm trennen, Herr?«
»Wenn der Zweifel erst geweckt ist, läßt er sich schwer wieder zum Schweigen bringen«, erwiderte Sven. »Ich empfand Unbehagen in seiner Nähe. Daher sagte ich ihm, daß die Zeit gekommen sei, ihn für seine treuen Dienste zu belohnen. Überdies dürfe er, falls er nach Uppsala zurückkehren und dort Anspruch auf den Königsthron erheben wolle, mit meiner großzügigen Unterstützung rechnen.«
»Das war sehr klug von dir, Herr. Denn wie hätte ein Yngling ein solches Angebot ablehnen können?«
»Ich bin nicht mehr sicher, ob er aus dem Geschlecht der Ynglinge stammte; vielleicht war dies eine der Lügen, mit denen er mich umgarnen wollte. Doch nun höre, Björn Bosison, und merke dir, was ich sage: Ich habe Skarthi meinen Freund genannt, und ich will nicht, daß es heißt, ich hätte mich täuschen lassen. Was immer duvon Skarthi erzählen wirst, sprich gut von ihm. Man soll Skarthi als einen Mann in Erinnerung behalten, der meiner Freundschaft würdig war.«
Als die Gefolgsleute mit Skarthis Leichnam in das Haus des Königs zurückgekehrt waren, rief Sven den Goden Odinkar zu sich und sagte, er habe ihn oft davon erzählen hören, wie die schwedischen Waräger ihre Häuptlinge zu bestatten pflegten, und da Skarthi aus königlichem Geschlecht stamme, sei es sein Wunsch, daß ihm die gleiche Ehre zuteil werde. Er beauftragte den Goden, unverzüglich mit den Vorbereitungen zu beginnen und ungeachtet der Kosten oder eines bischöflichen Einspruchs nach Warägerbrauch zu verfahren. So kam es, daß die Stadtbewohner Zeugen eines Ereignisses wurden, dessen Schilderung noch viele Menschenalter später ein lustvolles Schaudern hervorrufen sollte.
Ein Schiff wurde an Land gezogen und mit vier Pfosten abgestützt, so daß es aufrecht stand. Rings um das Schiff wurden Zelte für Sven Gabelbart, seine Gefolgsleute und die Jarle errichtet. Unterdessen wuschen Mägde den Leichnam und rieben ihn mit duftenden Kräutern ein. Wie es der Brauch erforderte, fragte Odinkar die Sklavinnen, welche von ihnen Skarthi in das Totenreich begleiten wolle. Während die Mägde erschrocken nach Ausflüchten suchten, kam Nanna herein. Sie trug ihre schönsten Kleider und hatte ihr Gesicht weiß und rot geschminkt. An ihrem starren Blick sah Björn, daß sie betrunken war.
»Ich will
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