Die Maenner vom Meer - Roman
zufällig des Weges geschwommen, Herr?«
»Sein Schiff war in einen Sturm geraten und gesunken. Skarthi hatte sich als einziger retten können. So war es kein Zufall, daß er dort schwamm.«
»Sahst du etwas von einem Schiff, Sven Haraldsson? Sahst du auch nur eine Planke auf dem Wasser treiben? Hättest du, da du in der Nähe warst, nicht auch in jenen Sturm geraten müssen? Konnte außer Skarthi keiner von der Besatzung schwimmen?«
»Du fragst mich nicht, um eine Antwort zu bekommen Bischof. Du willst mir etwas einflüstern.«
»Ich gebe nur zu bedenken, Herr. Manches deutet darauf hin, daß er dort allein zu dem Zweck schwamm, von dir aus dem Wasser gezogen zu werden. Da du ihm das Leben gerettet hast, war es nun an ihm, sich dafür erkenntlich zu zeigen. Dies tat er in reichem, in überreichem Maß. Wie oft hat er dir seitdem das Leben gerettet, Herr? Wie viele Erfolge verdankst du seinem Rat? Gab er dir einmal Grund, an seiner Klugheit oder seiner Treue zu zweifeln? Beging er auch nur einen einzigen Fehler? Nun frage ich dich, Sven Haraldsson: Was für ein Mensch ist das, der nicht die geringste jener Schwächen aufweist, mit denen wir gewöhnlichen Sterblichen vom Tage unserer Geburt an behaftet sind? Ich sage dir: Er ist ein Hexer, ein Diener des Satans!«
»Das hörte ich dich schon einmal sagen. Damals gabst du vor, Skarthi nicht zu kennen.«
Poppo schlug die Augen nieder und sah auf seinen rundlich vorgewölbten Bauch. Dann sagte er: »In bestimmten Fällen kann die Wahrheit größeren Schaden stiften als eine Lüge.«
»Dann hatte Skarthi also recht. Ihr kennt euch von früher. Wie nanntest du dich damals?«
»Ich trug einen anderen Namen, ebenso wie Skarthi. Aber du wirst weder diesen noch jenen aus meinem Mund hören, denn mit beiden verknüpfen sich schreckliche Erinnerungen.« Nun hob Poppo die gefalteten Hände vor sein Gesicht und rief: »Herr, laß dich nicht vom Satan blenden und erkenne, daß Skarthi ausgesandt wurde, dich ins Verderben zu stürzen! Niemand weiß besser als ich, wie grausam er mit jenen verfährt, die ihm ihr Vertrauen schenken! Ich beschwöre dich, sag dich von ihm los, bevor du das Opfer seiner Bosheit wirst!«
»Du bist nicht in deiner Kirche, Poppo«, sagte Sven. »Laß uns also vernünftig miteinander reden. Mir scheint, du hast gewichtigere Gründe als ich, Skarthi aus dem Weg zu räumen. Du fürchtest, er könnte etwas von deiner Vergangenheit verlauten lassen, was einem Bischof schlecht zu Gesicht stünde.«
»Im Unterschied zu Skarthi gebe ich mir nicht den Anschein der Uneigennützigkeit«, erwiderte Poppo. »Ich bekenne freimütig, daß ich über manches, was damals geschah, gern den Mantel des Schweigens gebreitet sähe. Aber es wäre ein verhängnisvoller Fehler, meine Warnung deswegen in den Wind zu schlagen, Sven Haraldsson. Laß es nicht dahin kommen, daß du selbst erkennen mußt, wer Skarthi ist. Du wärst verloren.« Mit diesen Worten ging er.
Sven nahm einen Kamm vom Tisch, wog ihn in der Hand und sagte: »Verkaufst du mir diesen hier, Björn Bosison?«
»Wenn du erlaubst, möchte ich ihn dir schenken«, antwortete Björn.
»Wie denkst du über Skarthi?« fragte Sven, während er den Kamm ohne ein Wort des Dankes an sich nahm.
»Er ist mir ein Rätsel, Herr. Soviel ich über ihn erzählen könnte: Er fügt sich in keine Geschichte ein. Wenn ich ihn zu beschreiben versuche, kommt es mir vor, als entferne er sich mit jedem Schritt, um den ich mich ihm zu nähern glaube. Das ist alles, was ich über ihn sagen kann.«
Sven zwirbelte eine Weile gedankenverloren die Spitzen seines schütteren Bartes. Dann sagte er: »Skarthi hat mir unschätzbare Dienste erwiesen und nie etwas dafür verlangt. Ein solches Maß an Selbstlosigkeit hätte mich stutzig machen sollen, darin gebe ich dem Priester recht.«
Kurze Zeit darauf gab Sven Gabelbart im Haus des Königs ein Fest, zu dem außer seinen Gefolgsleuten, jütischen und angelsächsischen Jarlen auch einige Großbauern aus der näheren Umgebung geladen waren. Diese wurden angeführt von Tore, Bosis Sohn, der das Amt des Thingsprechers von seinem Schwiegervater übernommen hatte. Mit Worten, die er sich sorgfältig und vermutlich nicht ohne fremde Hilfe zurechtgelegt hatte, dankte er Sven Gabelbart für die Einladung und ließ sich neben Björn nieder. Vigdis, wußte er zu berichten, habe ihn nicht nur um ein Boot, sondern auch um Waffen gebeten, und er habe sie darüber hinaus noch mit Nahrung für
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