Die Maenner vom Meer - Roman
Kalifen und sag ihr, er sei ein Geschenk meines Herrn.«
»Warum gibt er ihn ihr nicht selbst?« fragte Björn.
Asmund kraulte eine Weile seinen Bart und schürzte wichtigtuerisch die Lippen, bevor er antwortete: »Als At-Tartuschis Freund und Diener bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet, Bruder. Deshalb wirst du von mir nur soviel erfahren, daß der König meinen Herrn an seiner Tafel zu sehen wünscht und daß es kein Geringerer als Bue der Dicke war, der ihm die Einladung überbrachte. Nun reime dir, wenn du willst, das übrige zusammen.« Damit raffte er würdevoll sein Gewand und schritt über die Schwelle.
Noch am selben Abend ging Björn zu Nanna und brachte ihr den Ring. Er traf sie allein an; die anderen Frauen waren im Haus des Königs, um es für das Fest zu schmücken. Nanna streifte den Ring über ihren kleinen Finger und ergötzte sich am Funkeln der Steine.
»Du hast mir Glück gebracht, Björn Hasenscharte«, sagte sie. »Dafür darfst du dir etwas wünschen.« Björn versank in ihren Augen, und wie von weither hörte er Nanna sagen: »Bue wird uns beide töten, wenn er uns überrascht.« Sie legte ihren Schmuck ab, löste die Fibel, die ihr Kleid über der Schulter zusammenhielt: »Ist es dir das wert?«
»Ja«, sagte Björn, und seine Stimme kam ihm seltsam fremd vor.
10
»ICH BIN EIN BAUER«, sagte König Harald. »Ihr müßt euch also mit dem begnügen, was ein Bauer auf den Tisch bringt.«
Die Halle erzitterte von dröhnendem Gelächter, und der König entblößte schmunzelnd seinen Zahn.
»Gelobt sei das Land, in dem ein Bauer auftischt, womit sogar der Kaiser Ehre einlegen würde«, sagte Bischof Horath. Diesmal lachte niemand, denn jeder wußte, daß es allein Harald Blauzahn vorbehalten war, sich einen Bauern zu nennen.
Der König überging die unbedachte Äußerung des Bischofs, ohne daß ein Schatten des Unmuts seine Stirn streifte. Er saß leicht nach vorn gebeugt auf dem Hochsitz, fischte umständlich eine Fliege aus seinem Trinkhorn und gab den Bischof der stummen Empörung seiner Gäste preis.
Außer diesen hatte noch ein knappes Dutzend Zuschauer Einlaß gefunden. Es waren reiche Kaufleute, denen Bue der Dicke für ein ansehnliches Schmiergeld dazu verholfen hatte, als Zaungäste am Fest des Königs teilzunehmen, sowie einige von Bues Frauen, unter ihnen auch Nanna. Dieser war es gelungen, Bue davon zu überzeugen, daß er ihrem nunmehr verbürgten Rang als Tochter des Kalifen allen sichtbar Rechnung tragen müsse: entweder dadurch, daß er ihr einen Platz an der Tafel des Königs verschaffe, oder, und dies sei das mindeste, indem er ihr erlaube, sich in Begleitung eines waffenfähigen Mannes unter den Zuschauern zu zeigen. Bue, dereinerseits stolz darauf war, eine Prinzessin zur Geliebten zu haben, andererseits jedoch gewisse Zweifel an ihrer vornehmen Herkunft hegte und es demzufolge für geraten hielt, nicht zuviel Aufhebens davon zu machen, entschied sich für das letztere. So kam es, daß auch Björn unter den Zuschauern war.
»Ich sehe viele große Männer an meinem Tisch«, brach nun der König das Schweigen, »und jeder von ihnen hätte es verdient, daß ich ihn namentlich willkommen heiße. Aber das Alter hat mich geschwätzig gemacht, und ich will euch nicht mit den Erinnerungen langweilen, die der Anblick eines jeden in mir wachruft. Betrachtet es daher nicht als Herabsetzung, wenn ich nur die Namen jener nenne, die neu in unserer Runde sind. Ich grüße dich, Egil Skallagrimsson von Island!«
Ein hochgewachsener, breitschultriger Mann erhob sich und trat vor den König. Sein Kopf war fast kahl, sein Gesicht bartlos, aber über seinen Augen wölbten sich zwei mächtige schwarze Brauen.
»Jeder hier kennt deinen Namen«, sagte der König. »Doch nur wenige wissen, daß du es nicht nötig hast, anderer Männer Taten zu preisen.«
Der Skalde neigte sein Haupt und sprach, halb an den König, halb an die Tafelrunde gewandt, die Strophe:
Wenn mit vieren ich fahre, weißt du,
können sechs nicht streiten
wider mich mit Schildlärm - Gottes
verletzenden Messern, den roten;
wenn aber mit acht ich bin,
sind zwölf nicht genug zu erschüttern
mir, dem Schwarzbrauigen, das Herz,
wenn gegeneinander die Schwerter man zieht.
»Das ist nicht nur wohl gesprochen, sondern auch wahr«, sagte Harald. »Denn wenn es mir selbst auch nicht vergönnt war, mich imZweikampf mit ihm zu messen, so habe ich doch genügend Männer gekannt, die es mit ihrem Leben
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