Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
Vom Netzwerk:
bezahlen mußten, daß sie Egils Worte für Prahlerei hielten.«
    Nun richtete sich der Blick des Königs auf At-Tartuschi, der am unteren Ende der Tafel zwischen dem Sohn eines wagrischen Fürsten und Poppo saß. »Ich grüße auch dich«, sagte er und nahm einen Schluck aus seinem Trinkhorn, während ihm Bue der Dicke beflissen den Namen seines arabischen Gastes zuflüsterte. »Sei mir willkommen, At-Tartuschi«, fuhr der König fort. »Es heißt, der Kalif von Cordoba habe dich ausgesandt, ihm über andere Länder zu berichten. Was nun, verzeih mir meine Neugier, wirst du ihm über mein Land erzählen?«
    Poppo übersetzte Haralds Worte und begleitete At-Tartuschi vor den Hochsitz, wo der Araber, nachdem er sich tief verbeugt hatte, gestenreich zu reden begann. Er sprach mit solcher Eindringlichkeit, daß der König sich zu häufigem Kopfnicken veranlaßt sah.
    Als der Araber geendet hatte, sagte Poppo: »Erspare mir, Herr, in dürren Worten wiederzugeben, was At-Tartuschi mit dem Wortreichtum eines Dichters an Lobendem über dich und dein Land zu sagen weiß. Nur die unerschütterliche Überzeugung, daß sich das Paradies allein dem guten Christen und diesem auch erst nach dem Tode öffnet, hindert mich daran, seine Worte so zu deuten, daß sich deine Untertanen bereits zu Lebzeiten darin befinden.«
    Haralds Augen ruhten wohlgefällig auf At-Tartuschis braunem Gesicht. »Sag ihm, daß mir seine Worte gutgetan haben«, trug er Poppo auf. »Zugleich aber betrübt es mich«, wandte er sich an die Tafelrunde, »daß ein Mann vom anderen Ende der Welt kommen muß, mir das zu sagen. Von euch höre ich immer nur Klagen.«
    »Wir Isländer sind dafür bekannt, daß wir mit Königen nicht viel im Sinn haben«, sagte Egil und erhob sich abermals. »Dennoch verdienst du es, Harald Gormsson, daß man dich in einer Sprache rühmt, die uns allen geläufig ist. Höre denn:
     
    Zu Gast mich der Fürst lud,
    Pflicht ist sein Lob mir,
    bring Odins Met
    in der Angeln Land;
    konnte preisen den Herrn,
    rühme gewiß ihn,
    um Gehör ich ihn bitte,
    da ein Loblied ich fand.
     
    Dies war die erste von vielen Strophen, die der Skalde sang. Auf-und abschreitend, mit lauter Stimme und ausladenden Gebärden beschwor er Schwertlärm und Schlachtgetümmel, türmte Hügel von Toten vor den gebannt Lauschenden auf und tränkte die Erde mit Strömen von Blut. Aus allem aber stieg strahlend der siegreiche Herrscher empor, in dem Harald zu erkennen schwergefallen wäre, hätte der Skalde nicht mehrfach mit starker Betonung seinen Namen genannt.
    »Man hält dich nicht zu unrecht für den größten aller lebenden Skalden«, sagte der König, während die Röte, die von seinem Hals aufgestiegen war, nun auch sein Gesicht überflutete. »Vielleicht schmückst du einiges zu sehr aus und dichtest mir im Überschwang Taten an, für die andere zu rühmen wären, doch ich verhehle nicht, daß mich deine Strophen mit Freude erfüllen.« Er schenkte Egil ein Stirnband mit einem Goldknoten sowie einen russischen Hut und ließ ihn neben seiner Mutter Thyra Platz nehmen.
    Diese hatte es schon zu Beginn des Festes mit Verdruß vermerkt, daß der einzige Platz an der Tafel, der ihr als der Witwe Gorms des Alten angemessen erschien: der zweite Hochsitz gegenüber dem des Königs, von Haralds Frau Hallgerd eingenommen wurde. Daß ihr, die ohnehin beengt saß, nun noch zugemutet wurde, ihren Platz auf der Bank mit dem Skalden zu teilen, versetzte sie in Zorn. »Dein Vater hätte es nie gewagt, einen Isländer neben mich zu setzen«, sagte sie zum König. »Denn diese Leute stinken nach Schafen und Torf, wenn nicht nach Üblerem.«
    »Mach dir nichts daraus, Egil«, sagte der König. »Statt ihr Weisheit zu schenken, hat das Alter sie zänkisch gemacht.«
    »Wäre sie ein Mann, hätte ich sie dafür erschlagen«, brummte Egil und zog seine Brauen zusammen.
    Thyras schwammiger Körper begann zu zittern. Die Adern an ihren Schläfen traten blaurot hervor, und Speichel sprühte von ihren Lippen, während sie schrie: »Gebt mir ein Schwert, und ihr sollt sehen, wie dieser isländische Maulheld um sein Leben bettelt!« Da niemand ihrer Aufforderung nachkam, griff sie nach einem Trinkhorn und schlug es Egil auf den Kopf. Dieser atmete schwer und warf dem König einen Blick zu, der zu besagen schien, daß ein weiterer Schlag nicht unerwidert bleiben würde.
    »Höre meinen Schwur, Mutter«, sagte Harald mit einer Stimme, die keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit

Weitere Kostenlose Bücher