Die Maenner vom Meer - Roman
Björn, daß es Thordis war, Steinns Tochter.
»Du hast eine eigenwillige Art, Erinnerungen heraufzubeschwören«, schmunzelte Björn. »Schickt es sich für Steinns Tochter, einen fremden Mann vor aller Augen zu liebkosen?«
»Mir wäre lieber, du würdest ernsthaft mit mir reden«, sagte sie. »Denn seit jener Nacht quält mich der Gedanke, daß ich für immer in deiner Schuld stehe.«
»Steinn hat mich mehr als großzügig belohnt«, entgegnete Björn verwundert. »Es kann also keine Rede davon sein, daß du mir etwas schuldest, Thordis.«
»Mein Vater hat dir seinen Dank abgestattet, ich dir meinen nicht!« sagte sie und stampfte mit dem Fuß auf. »Du hast mich vor Schlimmerem als dem Tod bewahrt, und das ist nicht mit Geld aufzuwiegen. Es gibt nur eines, mit dem ich meine Schuld begleichen könnte, das bin ich selbst.«
Björn sieht Tränen in ihren Augen, und vielleicht sind sie es, die das Verlangen in ihm wecken, sie an sich zu ziehen, seine Arme um sie zu legen, ihr Gesicht zu streicheln. Je länger er sie ansieht, desto begehrenswerter erscheint sie ihm, und auf einmal hört er sich sagen: »Willst du meine Frau werden, Thordis?«
»Ja, das will ich«, antwortet sie.
Steinn hörte sich schweigend an, was Björn und Thordis ihm zu sagen hatten. Er schwieg noch, als sie längst verstummt waren. Dann sagte er zu Björn: »Ich zweifle nicht daran, daß du eines Tages ein reicher Mann sein wirst. Aber du mußt noch viele Kämme schnitzen, bis dein Wohlstand sich mit meinem messen kann, und ich habe mir in den Kopf gesetzt, daß Thordis keinen Mann bekommen soll, bei dem sie es schlechter hat als bei mir.«
»Und ich will Björn Kinder gebären, Vater«, sagte Thordis. »Soll ich damit warten, bis ich alt und grau bin?«
»Ich habe dir oft nachgegeben, vielleicht öfter, als gut für dich war«, wandte sich Steinn an seine Tochter. »Doch in diesem Punktlasse ich nicht mit mir handeln. Ich will sehen, daß Björn ein Haus baut, das so groß ist wie meines, ich will sehen, daß dich nicht weniger Mägde bedienen, als du es gewohnt bist, und ich will sehen, ob er dich ebenso großzügig mit Kleidern und Schmuck beschenkt wie ich. Wenn ich all dies gesehen habe und es mich zufriedenstellt, sollst du seine Frau werden, keinen Tag früher.« Und zu Björn sagte er: »Dies ist meine Bedingung, und du sollst wissen, daß ich sie dir auch zu deinem eigenen Vorteil stelle. Denn wenn du sie nicht erfüllst, wird dir mancher Verdruß erspart bleiben.«
Björn beriet sich mit Poppo. Der Priester meinte, Steinn sei ein besonnener Mann, und daß er ihm diese Bedingung gestellt habe, sollte Anlaß zu gründlichem Nachdenken geben. »So sehr sich die Frauen auch durch ihr Äußeres unterscheiden mögen«, sagte Poppo, »so sehr gleichen sie einander im Wesen. Da nun das eine vergänglich, das andere aber beständig ist, macht es keinen großen Unterschied, ob du dein Leben mit dieser oder jener teilst. Andererseits weiß ich, daß ich tauben Ohren predige, denn diese absonderliche Form der Trunkenheit, die man Liebe nennt, pflegt den Verstand zu trüben. Wenn du also Thordis haben willst, sie und keine andere, dann sollst du sie in Gottes Namen bekommen.«
»Wirst du mit Steinn reden?« fragte Björn, Hoffnung schöpfend.
»O nein, das werde ich nicht!« rief Poppo. »Es ist leichter, ein Schiff gegen den Wind zu segeln, als Steinn umzustimmen. Ich werde Gott auch nicht um ein Wunder bitten, falls du mir dies nahelegen möchtest, dafür wäre der Anlaß denn doch zu nichtig. Aber ich will darüber nachdenken, wie du das Geld beschaffen kannst, das du brauchst, um Steinns Bedingung zu erfüllen.« Er legt eine Hand auf Björns Schulter und runzelte die rosige Stirn: »Sieh darin einen Beweis meiner Freundschaft, mein Sohn. Denn mit nichts anderem werde ich mich dereinst vor Gott rechtfertigen können, wenn er mich fragt, weshalb ich der Vermehrung Ungetaufter Vorschub geleistet habe.«
Tags darauf betrat Asmund, prächtiger herausgeputzt denn je,Björns Werkstatt und gab schon durch die Art, wie er seine Worte wählte, zu erkennen, daß er nicht als Bruder, sondern als Bote seines Herrn kam. »Ibrahim Ibn Ahmed At-Tartuschi, der Wesir des Kalifen von Cordoba«, sagte er, »erweist dir die Ehre, dich um eine Gefälligkeit zu bitten.« Er griff mit spitzen Fingern nach Björns Hand und legte einen Ring hinein, der ringsum mit grünen, kunstvoll geschliffenen Steinen besetzt war. »Gib diesen Ring der Tochter des
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