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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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genügen, er lächelte und sagte einige Worte, die der junge Mann so übersetzte: »Gib ihr den Kamm und richte ihr aus, Ibrahim Ibn Ahmed At-Tartuschi würde bei seinem Herrn in Ungnade fallen, wenn er es versäume, ihr die väterlichen Grüße des Kalifen zu übermitteln.«
    Da der König sein Haus für sich selbst und sein zahlreiches Gefolge beanspruchte, wohnte Bue mit seinen Frauen und dem Gesinde im Nachbarhaus. Nanna war fülliger geworden, sie hatte ihre Wangen mit roter Farbe bemalt, wie es früher nur Huren zu tun pflegten, neuerdings aber auch unter vornehmen Frauen üblich war, und ihre Augen schienen etwas von ihrer Tiefe verloren zu haben. Doch Björn fand, daß sie noch immer sehr schön war.
    Nanna rang nach Atem, als er ihr At-Tartuschis Worte übermittelte, und ihre Freude war so groß, daß sie Björn beinahe vor aller Augen umarmt hätte. Aber schon im nächsten Augenblick hatte sie sich wieder in der Gewalt, kniff ihre Lider argwöhnisch zusammen und sagte: »Ich habe gehört, daß er sich für einen Vertrauten meines Vaters ausgibt. Woher soll ich wissen, ob er die Wahrheit spricht?«
    »Für die Tochter des Kalifen sollte es ein leichtes sein, das herauszufinden«, antwortete Björn mit ernsthafter Miene.
    Nanna dachte eine Weile nach, dann sagte sie: »Ich werde zu ihm in Gillis Haus kommen, und dort will ich allein mit ihm sein. Aber du sollst dich in der Nähe aufhalten, Björn Hasenscharte. Denn es ist möglich, daß die Feinde meines Vaters ihn geschickt haben, mich aus dem Weg zu räumen.«
    »Mein Bruder Tryn wäre besser geeignet, dich zu beschützen«, gab Björn zu bedenken. Doch Nanna schüttelte den Kopf.
    Einige Tage später suchten Nanna und Björn den Araber in Gillis Haus auf. At-Tartuschi kniete vor ihr nieder und küßte ihre Fußspitzen. Mit solch unterwürfiger Begrüßung schien Nanna nicht gerechnet zu haben; sie blickte Björn überrascht an und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, sich in einen Nebenraum zu begeben.
    Was At-Tartuschi und Nanna miteinander besprachen, blieb Björn verborgen, denn sie redeten in einer ihm unbekannten Sprache. Aber am Klang ihrer Worte hörte er, daß ihr Gespräch zu beider Zufriedenheit verlief, und als er schließlich, von Nanna herbeigerufen, den Raum betrat, fand er sie in aufgeräumter Stimmung: Nannas Augen glänzten, und auf dem Gesicht des Arabers lag der Anflug eines spitzbübischen Lächelns.
    »Bald wird niemand mehr bezweifeln, daß ich die Tochter des Kalifen von Cordoba bin«, rief Nanna ihm entgegen. »Denn At-Tartuschi, der Vertraute meines Vaters, wird es vor aller Welt bezeugen!«
    Am nächsten Abend kam der Araber abermals in Björns Werkstatt.Diesmal war er allein. Er ging schweigend auf und ab, und Björn schien es, daß er jemanden erwarte. Kurze Zeit später schlüpfte Poppo zur Tür herein. Er hatte die Kapuze über seinen Kopf gezogen, und erst nachdem er sich vergewissert hatte, daß außer Björn und At-Tartuschi niemand in der Werkstatt war, entblößte er sein rotes Gesicht.
    »Aus einem Mitwisser wird selten ein guter Freund«, sagte der Priester zu Björn. »Wenn du also das Angebot meiner Freundschaft nicht für zu gering erachtest, dann vergiß, daß At-Tartuschi und ich in deiner Werkstatt waren, vergiß weiterhin, daß ich dich gebeten habe, ein Feuer in der Esse zu entfachen, und wenn du dies getan und wieder vergessen hast, dann kriech zu Gerlög ins Bett und zieh euch beiden die Decke über die Köpfe, denn es wäre wahrlich zuviel verlangt, auch das übrige noch zu vergessen.« Und nachdem er eine Weile gewartet hatte, damit Björn hinter den Sinn seiner Worte gelange, fügte er lächelnd hinzu: »Wollen wir Freunde sein, mein Sohn?«
    »Es fördert meine Vergeßlichkeit ungemein, daß sie der Preis für deine Freundschaft ist, Poppo«, entgegnete Björn augenzwinkernd.
    Gemeinsam räumten sie nun das Gerümpel von der Esse fort, die noch aus der Zeit stammte, als Swain neben dem Handwerk des Kammachers auch das eines Schmieds betrieben hatte, und bald erhellte der flackernde Schein eines Feuers den Raum. Der Araber hatte unterdessen eine Anzahl kleiner irdener Gefäße auf der Werkbank nebeneinander aufgereiht, deren Inhalt in eine flache Schale entleert und durch eifriges Rühren vermengt.
    »Nun laß uns allein«, sagte Poppo zu Björn, während er Holzkohle in die Esse schüttete. »Und vergiß nie, daß unsere Freundschaft auf dem Vergessen beruht.« Und wieder lächelte der Priester, doch

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