Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
Vom Netzwerk:
werden Wind bekommen, aber er wird es uns schwermachen, aufs Meer hinauszugelangen.«
    Als es dämmrig zu werden begann, löschten sie die Glut und gingen an Bord. Thormod ließ das Schiff in tieferes Wasser verholen, um besser vor einem Überfall geschützt zu sein. Unter den Einheimischen, erläuterte er Hedin, sei es bekannt, daß die Sandbänke zwischen Förde und Meer ein beliebter Ankerplatz für auslaufende Schiffe seien, und daher habe schon mancher Seefahrer an dieser Stelle Ladung und Leben verloren.
    Thormod teilte die Wachen ein; die erste übernahmen Bjarki Fleischsuppe und Halfdan Lämmchen, ein Bauernsohn von Seeland. Die übrigen krochen zu zweit in die Fellsäcke, in denen tagsüber die Waffen und ihre persönliche Habe aufbewahrt wurden. Björn teilte einen Fellsack mit einem gleichaltrigen jungen Mann, der Leif hieß und ein entfernter Verwandter von Vagn war. Leif machte kein Hehl daraus, daß er Vagn nicht leiden konnte, ja, ihn zutiefst verabscheute. So entstand eine Freundschaft, die man Björn noch in hohem Alter rühmen hörte, ungeachtet dessen, daß sie ein schlimmes Ende fand.
    In der Nacht wurde Björn durch ein Geräusch geweckt; ein Stück des Segels hatte sich aus der Verschnürung gelöst und flatterte im Wind; der Sternenhimmel drehte sich langsam um die Mastspitze,mal in dieser, mal in jener Richtung. Auf der Back stand Vagn; sein Gesicht war fahl, und grünliche Schatten lagen in seinen Augenhöhlen. Eine Zeitlang schien es Björn, daß Vagn ihn anblicke. Aber als sich das Schiff wieder drehte und das Mondlicht auf Vagns Gesicht fiel, sah er, daß er die Augen geschlossen hatte.
    Noch vor Sonnenaufgang weckte Thormod die Mannschaft. Mit dem Wind hatte eine starke Strömung eingesetzt, so daß der Bug, obwohl das Schiff noch vor Anker lag, weiße Gischt aufwarf. Thormod befahl den Ruderern, sich mit aller Kraft in die Riemen zu legen, und schlug mit einem Speerschaft den Takt. Aber so sehr sich die Männer auch mühten: Das Ankertau blieb straff. Da sprang Thormod über Bord und forderte die anderen auf, seinem Beispiel zu folgen. Nun schoben sie, bis zur Brust im kalten Wasser stehend, das Schiff durch die enge Fahrrinne zwischen den Sandbänken hindurch ins Meer, und erst, als sie den Boden unter den Füßen verloren, kletterten sie wieder an Bord. Jetzt hatten die Ruderer es nur noch mit dem Wind zu tun, und jeder Riemenschlag trieb den Schiffsbug ein Stück weiter in die grünen Meereswogen vor. Außerhalb der gefährlichen Untiefen lenkte Hedin das Schiff auf Nordkurs und ließ das braune Segel setzen. Die Ruderer sanken erschöpft in sich zusammen; wie die anderen vom Meerwasser, waren sie von Schweiß durchnäßt.
    Das Schiff machte gute Fahrt. Nachdem sie eine Weile in nördlicher Richtung an der Küste entlanggefahren waren, ging Hedin, so hoch wie möglich am Wind segelnd, auf Nordostkurs.
    »Nach meinem Dafürhalten«, sagte Thormod zum Steuermann, »müssen wir weiter nach Norden segeln und dann auf günstigen Westwind warten. So machten es jedenfalls die Steuerleute, mit denen ich früher auf Fahrt ging.«
    Hedin deutete auf eine riesige Doppeleiche, die einsam auf dem flachen Küstenstreifen stand: »Wenn wir diesen Baum querab an Backbord haben, gelangen wir auf Nordostkurs durch die Inseln, ohne auf Westwind warten zu müssen.«
    »Du bist der Steuermann«, sagte Thormod. »Und doch wundertmich, wie gut du dich in dieser Gegend auskennst. Hast du mir nicht erzählt, du seist noch nie so weit südlich gewesen?«
    »Ich weiß es von meinem Vater«, antwortete Hedin. »Er hat den größten Teil seines Lebens auf dem Meer verbracht, und als er alt wurde, gab er sein Wissen an mich weiter.«
    Der Wind frischte noch mehr auf; die Wellen nahmen eine dunkelgrüne Farbe an; hier und da zeigten sich die ersten Schaumkronen. Die Männer hängten ihre Kleider zum Trocknen auf und kauerten sich fröstelnd an windgeschützte Stellen. Aber Thormod meinte, nichts wärme den Körper besser als Arbeit, und er befahl ihnen, das Wasser aus dem Laderaum zu schöpfen, das durch die Nietlöcher eingedrungen war. Nur Ketil Nase gelang es, dem wachsamen Auge des Schiffsführers zu entgehen, indem er sich in einen mit getrocknetem Fisch gefüllten Hautsack zwängte.
    Gegen Mittag drehte der Wind auf Südost, wodurch das Schiff, seinen Kurs beibehaltend, an Fahrt gewann. Gischt sprühte vom Bug auf und ergoß sich schäumend über das Deck. Die Männer mußten die Schöpfkellen gegen

Weitere Kostenlose Bücher