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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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die Steine zu singen begonnen, nachdem die Glocke verstummt war.
    Hemmo kam zurück. Sein Gesicht war mit Blutspritzern übersät. Er wischte die Schneide seiner Axt an der Kutte eines der Mönche ab und sagte zu Thormod, indem er auf den Prior deutete: »Soll ich ihn zum Reden bringen?«
    »Ich verlange nicht, daß er redet«, antwortete Thormod. »Es genügt, daß er mich versteht und tut, was ich sage.«
    Der Prior blickte Thormod unverwandt aus seinen vom Alter getrübten Augen an, nichts deutete darauf hin, daß er Angst hatte, ja, es schien, als recke er seine Brust bereitwillig der Schwertspitze entgegen. Thormod wich seinem Blick aus, er spürte, daß der Greis nicht einzuschüchtern war, nicht mit Drohungen, die ihn selbst betrafen. Und als Thormod dies erkannt hatte, drehte er sich mit jähem Schwung um die eigene Achse und hieb sein Schwert einem der Mönche in den Hals.
    »Du hast die Wahl«, sagte er zum Prior. »Führe mich zu euren Schätzen, oder ich werde einen nach dem anderen töten und als letzten dich selbst.«
    Der Prior kniete neben dem sterbenden Mönch nieder und faltete die Hände. Dann streckte er die Arme aus, ließ sich von zwei herbeieilenden Mönchen aufhelfen und machte Thormod ein Zeichen, ihm zu folgen.
    Sie kamen in einen Raum, der durch das Licht zweier Altarkerzendürftig erhellt wurde. Ein schwacher Luftzug strich über die Kerzen und ließ die Flammen erzittern. Dem Flackern antwortete aus dem Dunkel ringsumher ein hastiges Funkeln. Überall waren Schalen aufgestellt, und diese quollen über von Münzen und Schmuck aus Gold und Silber, aus Bernstein und Glas. Armreife und Ringe, Fibeln, Spangen und Ketten: all das lag ungeordnet da, als sei es nie wieder berührt worden, seitdem es die Spender dort zurückgelassen hatten.
    Thormod nahm eine Kerze vom Altar und ging von Schale zu Schale. Die Augen der Männer folgten ihm, starr vor Staunen. Niemand wagte zu sprechen; es war, als fürchteten sie, ein lautes Wort könne den Anblick all dieser Kostbarkeiten wie ein Trugbild zerstieben lassen.
    Als erster streifte Egbert seinen Mantel ab, verwandelte ihn mit wenigen Handgriffen in einen Sack und füllte diesen mit glitzerndem Geschmeide. Die anderen folgten seinem Beispiel, und wer keinen Mantel mehr besaß, benutzte seine Hose als Beutel. Dies ging ohne Hast vor sich, in wortlosem Einverständnis, der Überfluß machte sie großzügig, Neid und Habgier wurden von der Sorge verdrängt, daß man sich mehr auflade, als man zu tragen vermöge. Aber Thormod erinnerte sie daran, daß ihm die Hälfte der Beute gehöre; jetzt zogen einige auch ihre Hemden aus und stopften sie mit edlem Metall, bis die Nähte zu platzen drohten.
    Als sie schwerbeladen in den Innenhof zurückkamen, war es dämmrig geworden. Nacheinander tauchten sie in die von Fledermäusen durchhuschte Finsternis des Ganges ein; das Geräusch ihrer Schritte mischte sich mit dem Rauschen der Wellen, die nun, da die Flut aufgelaufen war, gegen die Mauern des Klosters brandeten.
    Das Meer schloß sich kalt um ihre Glieder, während sie, bis zu den Hüften im Wasser, zum Ufer hinüberstapften. Als sie den Strand erreicht hatten, löste sich ein grauer Fleck aus dem Dunkel der Felswand und nahm, je näher er kam, desto deutlicher menschliche Gestalt an. Es war ein Mann, ein vierschrötiger Mann. Erging breitbeinig und wiegte sich leicht in den Hüften. Seine Arme schimmerten weiß vor dem Dunkel, und als sie ihn lachen hörten, wußten sie, wer er war.
    »Kommt her und laßt mich sehen, was ihr den Mönchen gestohlen habt!« rief Thorgeir Bryntroll.
    Wie Tiere, die plötzlich erkennen, daß sie in eine Falle geraten sind, verharrten die Männer in steinerner Reglosigkeit. Der Gedanke, daß sie, die das Schicksal eben erst mit Reichtum überhäuft hatte, nun wieder alles verlieren sollten, lähmte sie mehr noch als die Angst vor dem Tod.
    Groß und stattlich stand der Wikinger vor ihnen. Sie sahen das Muskelspiel seiner tätowierten Arme, das Lachen auf seinem von roten und blauen Ätzungen entstellten Gesicht.
    »Mir ist, als hätte ich euch schon einmal gesehen«, sagte, noch einen Schritt näher tretend, Thorgeir Bryntroll. Er faßte Hedin ins Auge: »Bist du nicht der Sohn meines Freundes Gudmundur Einarsson?«
    »Er ist es«, antwortete Thormod an Hedins Stelle. »Du hast schon einmal bewiesen, daß du deine Freundschaft auch auf den Sohn deines Freundes und dessen Gefährten überträgst, Thorgeir Bryntroll. Wir haben

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