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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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entschlüpft«, sagte Hyrrokkin. »Nicht weit von hier wirst du ein Boot finden, groß genug, dich selbst und deine Schätze aufzunehmen. Nimm es und frag nicht, wem es gehört. Aber laß etwas Silber am Ufer zurück, damit der Besitzer dir kein Unglück wünscht.«
    Das Boot lag im versumpften Seitenarm eines träge dahinfließenden Flusses. Es war alt und morsch, und zwischen seinen Planken wuchs Gras. Wolken von Mücken fielen über Björn her, als er das Boot über Schlingpflanzen und schlammige Untiefen hinweg in den Fluß ruderte. Dort überließ er es, mit einem Riemen steuernd, der Strömung.
    Je näher er der Mündung kam, desto flacher wurden die Ufer; Land und Meer gingen beinahe unmerklich ineinander über; kleine Inseln glitten vorbei, zunächst noch mit niedrigem Buschwerk bewachsen, dann sandig und kahl. So gelangte Björn gegen Mittag auf das Meer hinaus, und während die Küste schon zu einem schmalen Strich zusammenschmolz, schien ihm, als werde das Boot noch immer von der Kraft des Stromes vorangetrieben. Er streckte sich im Boot aus und sank in Schlaf. Als er wieder erwachte, stand die Sonne tief über dem Horizont, der Himmel hatte sich bewölkt, und vor sich sah er die von schrägen roten und grauen Streifen gebänderte Felsküste einer Insel. Sein Gefühl sagte ihm, daß es eine andere war als jene, von der er fortgefahren war, aber sein Verstand meldete Zweifel an. Denn was sollte dem Boot eine solche Geschwindigkeit verliehen haben, daß er im Laufe eines halben Tages zu einer Insel gelangen konnte, die er zuvor nicht einmal in der Ferne gesichtet hatte? Oder war zwischen Einschlafen und Erwachen mehr Zeit vergangen als die vom Mittag bis Abend eines einzigen Tages? Während er diese Überlegungen anstellte, ohne indessen zu einem Ergebnis zu kommen, das Gefühl und Verstand miteinander versöhnte, geriet das Boot in die Brandung am Fuße der Felsen. Es legte sich auf die Seite und nahm einen Schwall kalten Wassers über, der Björn von Kopf bis Fuß durchnäßte und ihn, jäh ernüchtert,die Gefahr erkennen ließ, in der er schwebte. Mit aller Kraft legte er sich in die Riemen, riß den Bug herum und ruderte das Boot gegen die Brandungswellen. Eine Zeitlang schien es, als spielten die Wellen mit dem Boot: Ließ es die eine entkommen, so warf es die nächste zurück, doch dann rollte eine mächtige Woge heran und trug das Boot zurückflutend aus der Brandung.
    Zitternd vor Erschöpfung, aber ohne sich eine Ruhepause zu gönnen, ruderte Björn weiter an der Küste entlang. An der fasrigen Form der Wolken sah er, daß es Sturm geben würde, und das Meer zeigte jene gläserne Glätte, mit der sich ein Unwetter anzukündigen pflegt. Als die ersten Böen den Wasserspiegel zu trüben begannen, entdeckte er hinter den Felsen eine kleine, windgeschützte Bucht. Dort ging Björn an Land. Und nun geschah etwas Seltsames: In dem Augenblick, da sein Kiel sich in den Sand grub, fiel das Boot, das eben noch den Brandungswellen getrotzt hatte, auseinander. Mit einem Geräusch, das wie ein wohliges Seufzen klang, löste sich eine Planke nach der anderen, bis schließlich ein hölzernes Gerippe übrigblieb.
    »Ich sehe, du meinst es gut mit mir, Hyrrokkin«, sagte Björn. »Aber es hätte dieses Winks nicht bedurft, mich daran zu erinnern, daß man das Glück nicht durch Leichtsinn herausfordern soll.«
    Die Nacht verbrachte er in einer Höhle, deren Eingang so schmal war, daß Björn sich nur mit Mühe hindurchzwängen konnte. Sie mußte vor langer Zeit bewohnt gewesen sein, denn als sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten, bemerkte er einen mannshohen Kegel aus Menschenschädeln, und als das Unwetter losbrach, sah er im Licht der Blitze, daß die Wände mit rätselhaften Zeichnungen versehen waren.
    Hier ließ er seine Beute zurück, als er sich am nächsten Morgen aufmachte, die Umgebung zu erkunden. Oberhalb der Bucht stieß er auf einen Stall, in dem es nach frischem Schafsmist roch, und als er dem Pfad folgte, den die Schafe in den Boden getrampelt hatten, gelangte er zu einem ärmlichen Hof.
    Der Bauer nahm Björn freundlich auf. Njal und seine Frau Thorawaren fröhliche Menschen, und als Björn erzählte, daß sich sein Boot ohne fremdes Zutun in seine Bestandteile aufgelöst hatte, wußten sie sich vor Lachen kaum zu halten. Er schenkte Njal eine Silbermünze und Thora einen Ring und ließ durchblicken, daß er, um in den Besitz eines seetüchtigen Schiffes zu gelangen, jeden Preis zahlen

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