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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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ernst zu nehmen. So wie sie uns behandelt hatten, war es ihnen durchaus zuzutrauen, daß sie die beiden im Krankenhaus töteten.
    »Möchtest du eine Zigarette?«
    »Nein, ich rauche nicht. Aber mein Freund Dinger.«
    »Vielleicht können wir ihm irgendwann eine Zigarette geben.«
    »Wo ich Ihnen jetzt geholfen habe, könnten wir da
    vielleicht was zum Anziehen haben und es etwas wärmer bekommen? Wir frieren sehr.«
    »Ja, das wird kein Problem sein, denn wir sind jetzt Freunde. Du kannst jetzt wieder in deine Zelle gehen, Andy, und vielleicht ändert sich einiges. Bis dahin werden wir deine Aussage überprüfen.«
    Sie legten mir wieder Augenbinde und Handschellen
    an und brachten mich zurück in die Zelle.
    Eine halbe Stunde später kamen sie wieder, warfen mir meine Sachen zu und nahmen mir Augenbinde und
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    Handschellen ab. Doch auf ihre kleinen Schikanen
    wollten sie doch noch nicht ganz verzichten. Als ich versuchte, mich anzuziehen, stießen sie mich immer wieder um.

    Als ich aufwachte, plagte mich noch immer die
    Unsicherheit, ob ich das Richtige getan hatte. Ich lag in derselben Ecke wie sonst auch. Anscheinend sucht man instinktiv immer denselben Platz auf, vielleicht weil man sich so sicherer fühlt oder geschützter.
    Die Wachen kamen herein, begleitet von einem
    Hauptfeldwebel. Er sprach sehr gut Englisch.
    »Ach, Andy, Andy. Unser Freund Andy«, sagte er, den Mund voller Pistazien. »Mein Name ist Mr. Jihad.«
    Er spuckte Schalen auf den Boden.
    »Guten Morgen, Mr. Jihad.« Ich wußte, daß er nicht so heißen konnte, aber ich spielte mit.
    »Es ist schön zu sehen, daß du deine Sachen
    wiederhast und dich besser fühlst. Du fühlst dich doch besser?«
    »Ja.«
    »Leider können wir dir keine medizinische
    Versorgung bieten, weil wir selbst keine haben. Kinder sterben durch eure Bomben, wir müssen sie zuerst
    versorgen. Verstehst du?«
    »Natürlich, ich verstehe.«
    »Daran sind Bush und Thatcher und Major schuld. Sie verhindern, daß Medikamente in unser Land kommen.
    Würdest du heute morgen gern etwas essen?«
    »Ja, vielen Dank, ich würde gern etwas essen.«
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    Sie brachten Wasser herein und einen kleinen
    Margarinewürfel in Papierverpackung. Ich öffnete ihn und fing an zu essen.
    »Was Flucht angeht, Andy. Du bist jetzt schon eine lange Zeit hier. Vielleicht denkst du daran zu fliehen.
    Flucht wäre sehr, sehr sinnlos und gar nicht gut für dich.
    Du bist in Bagdad. Du könntest nirgendwohin. Und wir sind doch jetzt Freunde, nicht wahr, Andy?«
    Ich nickte und stimmte ihm zu, mit fettverschmiertem Mund.
    »Ich möchte dir zeigen, was passiert, wenn man zu
    fliehen versucht.« Mr. Jihad zog ein Hosenbein hoch und zeigte mir eine riesige Narbe. »Als junger Mann war ich sechs Monate im Iran im Gefängnis. Mein Freund und ich machten einen Fluchtversuch. Wir konnten
    entkommen, wurden aber am nächsten Tag wieder
    eingefangen. Sie brachten uns zurück ins Lager und beschlossen, an uns ein Exempel zu statuieren. Wir mußten uns auf den Boden legen, Gesicht nach unten, und zwei Soldaten stellten sich mit ihren Gewehren über uns und stachen uns ihre Bajonette in die Kniekehlen, daß uns die Kniescheiben rauskamen. Wenn du zu
    fliehen versuchst, Andy, werde ich mit dir dasselbe machen müssen.«
    Ich würde nirgendwohin gehen. Ich konnte mich ja
    kaum auf den Beinen halten.
    Ich lächelte. »Ich möchte nur nach Hause zu meiner Familie.«
    »Diese Zelle ist sehr schmutzig, Andy. Mag sein, daß ihr bei euch so wohnt, doch wir Muslime sind sehr
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    sauber. Du wirst hier saubermachen.«
    »Wie soll ich das denn machen?«
    »Mit den Händen, Andy. Los, mach hier sauber. Wir
    leben nicht in so einem Dreck.«
    Er stand über mir und sah zu, wie ich mich hinkniete und auf allen vieren meine ganze Scheiße auf einen Haufen schaufelte. Dann gab er mir zwei Stücke Pappe, um alles darauf zu tun, und sie verließen die Zelle.
    Ich sah die Wände an und entdeckte frische
    Blutflecken. Sie stammten von mir. Zumindest hatte ich meinen Teil zur Atmosphäre der Zelle beigetragen.

    Wieder machte sich die Angst in mir breit. Was würde passieren? Würden wir hier rauskommen? Würden wir
    bleiben?
    Richard Pryor hatte zu mir gesagt: »England ist schön.
    Vor 15 Jahren bin ich mal dort gewesen. Ich war in London auf dem College. Ich kenne London gut.
    Vielleicht kommst du ja eines Tages wieder nach
    Hause.«
    Ja, vielleicht.
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    Zwölf
    Irgendwann am Nachmittag des 6. Februar kamen sie
    herein und legten

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