Die Männer von Bravo Two Zero
schon erzählt. Und du weißt auch, daß einer deiner Leute einen Liter Blut bekommen hat. Jetzt werden wir sie beide sterben lassen, und daran bist du schuld, Andy. Und auch die anderen werden durch deine 446
Schuld sterben. Fünf Männer tot, nur weil du so störrisch bist.
Wir wissen, daß du das Kommando hattest«, sagte
»die Stimme« ungeduldig. »Wir wissen, daß du Sergeant bist, du bist für diese Leute verantwortlich. Es liegt jetzt an dir, zu reden, sonst werden wir deine Männer einfach sterben lassen. Verstehst du?«
»Ja, ich verstehe, aber ich kann Ihnen nicht helfen, weil ich nichts weiß.«
Ich wollte nicht den Helden spielen. Weiß Gott nicht.
Ich brauchte einfach Zeit zum Nachdenken. Sie wußten, daß ich das Kommando hatte, und änderten ihre Taktik.
Jetzt lag es in meiner Hand, ob Menschen starben oder nicht, weil sie von niemandem sonst etwas rausbekamen.
»Also, dann können wir nichts mehr für dich tun. Was geschehen wird, ist deine Schuld. Vergiß das nicht. Du bist dafür verantwortlich, daß diese Menschen sterben.«
Sie hoben mich hoch und schleppten mich zurück zur Zelle. Als wir an der offenen Tür waren, schleuderten sie mich gegen eine Wand. Ich sackte zu Boden.
»Dumm, dumm, du bist dumm«, riefen die Wachen.
Sie ließen mich die ganze Nacht in Frieden. Ich spielte im Geist die Möglichkeiten durch. Nach meiner
Einschätzung würden wir alle in zwei Tagen tot sein.
Stan vermutlich noch früher, so wie er aussah. Also lief es letzten Endes auf eines hinaus: Ich hatte das
Kommando, und es war meine Sache. Ich mußte eine
Entscheidung treffen.
Tatsache war, daß drei von uns im Gefängnis waren.
Ich mußte des weiteren davon ausgehen, daß zwei andere 447
im Krankenhaus waren. Dinger hatte gesehen, wie Legs auf einer Trage weggebracht wurde, und es war durchaus möglich, daß sie noch einen im Krankenhaus hatten. Tief in meinem Innern wußte ich, daß es das einzig Richtige wäre, ihnen beim Verhör irgend etwas zu erzählen, das sie glücklich machen würde und uns alle am Leben
erhielt.
Ich kam zu dem Schluß, daß wir lange genug
durchgehalten hatten. Seit unserer Gefangennahme waren acht Tage vergangen; im FOB hatten sie also genug Zeit gehabt, eine Schadenseinschätzung vorzunehmen. Es war jetzt an der Zeit, daß wir an uns selbst dachten. Die OPSEC waren nicht mehr unser Problem. Wir hatten
unsere Pflicht und Schuldigkeit getan.
Es war eine schwere Entscheidung. Eigentlich hätte Stolz dabei keine Rolle spielen dürfen, er tat es aber doch.
Also was für Informationen konnte ich ihnen
überhaupt geben? Ich würde das Regiment raushalten, denn das würde die Lage nur noch verschlimmern. Sie wußten zweifellos, daß die Jungs eine Menge angerichtet hatten. Sie wußten es sicherlich aus den Bodenkämpfen wie auch aus den Medien. Wie alle anderen auch sahen sie CNN.
Seit meiner Gefangennahme hatte mich niemand auf
das Regiment angesprochen, und es hatte keinen Hinweis darauf gegeben, daß sie uns für Special Forces hielten.
Ich wollte, daß es so blieb. Aber was für Informationen sollte ich ihnen geben? Sie waren überzeugt, daß wir zu dem Acht-Mann-Team gehörten, das sie an der MSR
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entdeckt hatten. Ich mußte ihnen irgend etwas auftischen, das sich mit der Geschichte deckte. Was hatten wir da zu suchen gehabt?
Fast jede Stunde hörte ich Dinger und Stan schreien, wenn sie geschlagen wurden, doch mich ließ man in
Ruhe. Zweimal kamen Wachen, verhöhnten mich, doch
sie schlugen mich nicht.
Als sie das zweite Mal kamen, in den frühen
Morgenstunden, sagte ich ihnen, daß ich einen Offizier sprechen wolle. Sie verstanden nicht.
»Offizier«, wiederholte ich. »Ich muß einen Offizier sprechen.«
Sie dachten anscheinend, ich wollte ihnen klarmachen, daß ich Offizier sei und daß ich mich über meine
Behandlung beschweren wollte. Sie lachten, kamen in die Zelle und traten mich. Ich hörte, wie sie zum Spott Haltung annahmen und das Gewehr präsentierten, und mir wurde klar, daß ich bei diesen Leuten nichts
erreichen würde. Ich mußte abwarten.
Irgendwann im Laufe des Tages kam einer von den
Wachen herein und sagte in ganz passablem Englisch zu mir: »Andy, du bist sehr dumm. Warum hilfst du nicht?«
»Aber ich möchte helfen. Ich möchte mit einem
Offizier sprechen.«
»Wir werden sehen.«
Eine Stunde später kam ein anderer Wachmann und
rief durch das Fenster. »Was willst du?«
»Ich muß mit einem Offizier sprechen. Ich habe
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