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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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sie.
    Keine Sorge? Ich stand kurz vor dem Herzinfarkt.

    Allein in der Zelle tat ich mir in den ersten Stunden einfach nur leid. Ich freute mich für die anderen, daß sie nach Hause kamen, aber das änderte nichts daran, daß ich mich völlig verlassen fühlte. Nach all den Wochen, die wir zusammengewesen waren, tat mir die plötzliche
    Einsamkeit fast körperlich weh. Ich zwang mich, meine Situation zu überdenken. Der Krieg war zu Ende, daran konnte kein Zweifel bestehen. Wir wußten, daß Small einen der letzten Einsätze geflogen hatte, und das lag Tage zurück. Wieso also waren nur drei von uns
    freigelassen worden? Waren sie denn auch wirklich
    freigekommen?
    Am Nachmittag kam der Major mit seinem ganzen
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    Gefolge herein. »Ja, es stimmt«, sagte er. »Deine beiden Freunde sind auf dem Weg nach Hause. Sie werden sehr bald wieder bei ihren Familien sein. Vielleicht gehst du auch bald nach Hause. Vielleicht morgen, vielleicht in zwei Tagen. Ich weiß es nicht. Aber vergiß nicht, für das, was in dem anderen Gefängnis passiert ist, kann ich nichts. Was hier passiert, dafür trage ich die
    Verantwortung. Du bist gut versorgt worden.«
    Ich nickte zustimmend wie ein Idiot. Er gab mir zwei Apfelsinen, die ich sofort verschlang, nachdem er
    gegangen war, samt Schale und allem. Ich fühlte mich etwas besser.
    Später am Nachmittag zerrte man mich hinaus und
    brachte mich in den Hof in die Sonne. Ich saß da und sog die Strahlen in mich auf. Nach fünf Minuten setzten sich Wachmänner dazu und fingen an, mit mir über Popmusik zu reden. Sie waren etwa zwei Jahrzehnte hinter dem Mond, aber das behielt ich für mich. Statt dessen
    diskutierte ich mit ihnen über die Qualität verschiedener Hits von Boney M und Abba, wobei ich ihnen in allem recht gab und so eifrig nickte, daß mir fast der Kopf abfiel. Alle waren ungemein nett zu mir, und ich wußte, daß irgend etwas im Busch war.
    Ich ließ mir eine Stunde lang die Sonne auf den Pelz brennen, und es war herrlich. Sie brachten mich wieder rein, als die Sonne unterging, doch ich wurde zunehmend optimistisch.
    An jenem Abend geschah bei Joseph Small etwas
    Merkwürdiges. Ich lag auf dem Boden meiner Zelle, als ich hörte, wie seine Tür aufging und jemand eintrat. Es 498
    wurde gemurmelt, dann, nach zirka einer Minute, schloß sich die Tür, und die Geräusche verklangen. Nach
    Sonnenuntergang ließen uns die Wachen allein. Wir
    konnten reden, und ich fragte, was passiert war.
    »Ein irakischer Soldat ist in meine Zelle gekommen«, sagte er. »Er war im Kampfanzug und in schlechter
    Verfassung. Er hatte einen struppigen Bart, trug ein Tarnnetz, hatte den Helm auf, und seine Stiefel hingen in Fetzen. Er ist reingekommen, hat mich angesehen,
    salutiert und ist wieder gegangen. Merkwürdig, Andy, verdammt merkwürdig.«
    Wir konnten es uns nur so erklären, daß er aus Kuwait zurückgekommen war und aus irgendwelchen Gründen
    mal einen Gefangenen sehen wollte.
    Die nächste halbe Stunde überlegten wir, weshalb drei von uns freigelassen worden waren, aber nicht wir alle, kamen jedoch zu keinem Ergebnis. Wieder verbrachte ich eine schlaflose Nacht. In der ersten hatte ich nicht schlafen können, weil ich so niedergeschlagen war. Jetzt lag es an der Aufregung darüber, was der nächste Tag wohl bringen würde.

    In den frühen Morgenstunden des 5. März öffneten sich die Tore, und ich sprang erwartungsvoll auf.
    Russells Tür ging auf.
    »Russell Sanborn? Du gehst nach Hause.«
    Dann Josephs Tür.
    »Joseph Small? Du gehst nach Hause.«
    Der nächste war der Verletzte auf der Trage.
    Und der letzte war ich.
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    »Andy McNab? McNab? Ja, du gehst bald nach
    Hause.«
    Sie legten uns Handschellen an und brachten uns einen nach dem anderen aus den Zellen. Wir gingen durch das Tor, das in den Hof führte, aus dem Hof heraus und wurden dann in einen Bus verfrachtet. Zum allerersten Mal sah ich die Körper, die zu den Stimmen in den
    anderen Zellen gehörten. Joseph Small war viel älter, als ich ihn mir vorgestellt hatte, ein Mann von Mitte Vierzig, der trotz seiner Verwundungen gut aussah. Von Russell Sanborn hatte ich bis dahin nur ein Auge und einen Finger gesehen, mit dem er ein Eckchen von der Decke vor seiner Zelle heruntergezogen hatte, um zu sehen, wie wir vorbeigingen, wenn wir unseren Eimer leerten. Bis auf dieses Loch war in seiner Zelle kein Licht gewesen.
    Er hatte eine tiefe dröhnende Stimme, sehr gebieterisch, und ich hatte einen Koloß erwartet. In Wahrheit

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