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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Hahn, zielte auf Dinger und drückte ab. Der Hammer schlug auf eine leere Kammer.
    Die Wachen waren begeistert. Der Fettwanst fing an zu lachen, seine Kumpel fingen an zu lachen, und wir
    lachten mit. Dann gelang es Dinger irgendwie, aus der Episode seinen Vorteil zu ziehen, so daß für ihn eine Zigarette raussprang. Der Tag war für ihn gerettet.
    Jeden Nachmittag betrieben wir weiter unsere
    Kartenstudien und versuchten, uns sämtliche Details einzuprägen, damit wir uns in etwa orientieren konnten, wenn wir flohen und aus dem bewohnten Gebiet
    herauskamen. Ich glaube, nach einer Weile waren wir so gut, daß wir nur einen einzigen Wegweiser hätten sehen müssen, um ganz genau sagen zu können, wo wir waren.
    Die Kartenstudien nahmen viel Zeit in Anspruch, doch ansonsten saßen wir einfach herum und quatschten. Ich erzählte mehrmals meine Lebensgeschichte, bis die
    anderen Peckham und meine drei Exfrauen genauso gut kannten wie ich. Stan erzählte von der Zeit, in der er mit 491
    seiner Familie in Rhodesien gelebt hatte.
    Wir versuchten, Stan die Feinheiten der Punk-Musik nahezubringen. Wir brauchten drei Tage, bis wir den gesamten Text des Jam-Songs »Down in the Tube Station at Midnight« zusammenhatten, und dann versuchten wir, ihn Stan beizubringen. Er gab nach kurzer Zeit auf. »Ich kapier’ diesen britischen Scheiß nicht«, beklagte er sich.
    »Kennt ihr denn nichts von Rolf Harris?«
    Armer Stan. Er hatte den Tick, Essensvorräte zu
    horten: Selbst wenn er Hunger hatte, legte er sich etwas für schlechtere Zeiten zurück. Er investierte viel Zeit und Einfallsreichtum, damit die Wachen nichts merkten, und dann wurden wir morgens wach und bestanden darauf, daß er mit uns teilte. Wozu sind Freunde schließlich sonst da?
    Wir machten auch viel Gymnastik oder untersuchten
    unsere Wunden. Ich machte mir große Sorgen wegen
    Karies. Die Wachen spuckten fast immer in unser Essen, und ich bildete mir ein, daß gemeine Iraker-Bakterien zuerst meine Zahnstummel befielen und sich dann nach dem Dominoprinzip einen Zahn nach dem anderen
    vornahmen.

    Wir hielten uns über das korrekte Datum auf dem
    laufenden, und am 24. war ich besonders deprimiert. Ich mußte daran denken, wie ich den Tag verbracht hätte, wenn ich in England gewesen wäre. Wäre Katie den Tag über bei uns gewesen, oder hätte ich bloß angerufen, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren?
    Gegen Ende des Monats tauchte der Major immer öfter 492
    bei uns auf, meistens kurz vor Sonnenuntergang. Er erzählte uns, wie phantastisch es seit der Revolution sei, Iraker zu sein. Es gebe ein gutes Gesundheitssystem, erklärte er, und jeder bekomme im Alter eine anständige Rente. Dank Saddam sei die Schulausbildung für alle kostenlos, einschließlich Studium – auch wenn man dazu ins Ausland müsse.
    »Unsere Kinder lesen Shakespeare in der Schule«,
    sagte er einmal und zeigte uns eine Ausgabe von Hamlet .
    »Gestern abend auf dem Weg nach Hause schlug hinter mir eine Bombe ein. Sein oder nicht sein – das liegt allein in Allahs Macht, nicht?«
    Keiner von uns sagte etwas, und nach einer Weile
    murmelte er: »Ihr seht doch, daß ihr hier gut behandelt werdet.«
    Das war für uns der bislang deutlichste Hinweis
    darauf, daß der Krieg fast vorüber war. Wir erzählten ihm nicht, was die Wachen mit uns anstellten, sobald er ihnen den Rücken kehrte. Das hätte es für uns nur noch
    schlimmer gemacht.
    »Vergeßt nicht, daß ich nichts für das kann, was man vorher mit euch gemacht hat«, sagte er immer wieder.
    Offenbar war ihm klar, daß sie den Krieg verlieren würden, und er wollte seinen Arsch retten.
    Eines Nachts hörten wir, wie die Tore aufgingen, und Stöhnen und Wimmern. Ich fühlte mich immer
    verunsichert, wenn nachts so etwas passierte. Die
    Geräusche ließen keinen Zweifel daran, daß ein
    Gefangener eingeliefert und in eine Zelle gesteckt wurde.
    Es folgte Stimmengemurmel und plötzlich ein langer, 493
    markerschütternder Schrei. In der nächsten Nacht
    nahmen wir mit dem Neuzugang Kontakt auf. Er hieß
    Joseph Small, Einsatzname Alleycat. Er war Major, Pilot im US-Marine Corps. Der arme Teufel war, wie er uns erzählen konnte, am letzten Tag des Bodenkrieges
    abgeschossen worden. Seine Fallschirmlandung ging
    daneben, und er blieb in einem Baum hängen. Er hatte sich einen offenen Beinbruch zugezogen, und die Iraker hatten ihm bloß eine primitive Schiene angelegt, mit der er klarkommen mußte.
    Der Bodenkrieg hatte also nicht erst

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