Die Männer von Bravo Two Zero
so simpel ist. Je einfacher etwas ist, um so größer die Chance, daß es auch funktioniert. Das Geschoß hat eine Hohlladung, die Panzerplatten
durchschlagen kann. Der Zünder wird nach etwa neun Metern Flug von selbst scharf. Auch wenn man das Ziel bloß streift, geht es hoch. Die 66er explodiert aber nicht in einem riesigen Feuerball wie im Kino. Das passiert bei einem Panzersprenggefechtskopf nie, es sei denn, es geschieht eine Folgeexplosion.
Wir hatten zusätzlich Phosphorhandgranaten,
abgesehen von den normalen L2-Handgranaten.
Phosphor brennt unter enormer Hitzeentwicklung und produziert viel Rauch, wenn man Zeit zum Rückzug
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gewinnen muß.
Handgranaten sind nicht mehr so ananasförmig, wie
man immer denkt. Die Phosphorgranaten sind zylindrisch und tragen die Buchstaben WP. Die L2 ist eher eiförmig und besteht aus eng gewickeltem Draht über einer
Sprengladung. Wir spreizen die Sicherungsstifte immer weiter als üblich auseinander, damit beim Herausziehen mehr Kraft erforderlich ist. Außerdem wickeln wir
Klebeband um die Granate, um den Sicherungsbügel
nach unten zu richten. Eine Vorsichtsmaßnahme, falls mit dem Stift etwas schiefgeht. Phosphorgranaten werden bei Übungen nicht oft eingesetzt, weil sie so gefährlich sind. Wenn man etwas davon abbekommt, muß man aus
der Trinkflasche sehr vorsichtig Wasser darauf träufeln, um die Sauerstoffzufuhr zu unterbinden, und es dann abkratzen. Wenn das nicht klappt, stirbt man einen nicht sehr angenehmen Tod.
Wir hatten jeder mindestens 10 Magazine
Gewehrmunition, 12 40-mm-Granaten, L2- und
Phosphorhandgranaten und eine 66er. Die vier Minimi-Schützen hatten jeder mehr als 600 Schuß, plus sechs volle Magazine. Für einen Achtmanntrupp war das eine ganz schöne Feuerkraft.
Die mit den 203ern prüften, ob eine Granate geladen war; Bob sah nach, ob die Patronengurte für sein Minimi nicht geknickt waren – bei Gurtzufuhr ist es wichtig, daß die Munition glatt und ungehindert in die Waffe eintreten kann. Wenn der Munitionsgurt abknickt, kommt es zu einer Ladehemmung. Ich sah, wie Vince den an der Seite der Waffe eingehängten Munitionskasten auf Festsitz 118
prüfte. Sein Trupp würde das Areal abdecken, wobei sie sich sofort auf verschiedene Punkte außerhalb des
Rotorkreises verteilen würden. Wenn sie losrannten, würden wir anderen so schnell es ging die Ausrüstung aus der Heckladerampe herauswerfen.
Stan untersuchte seine Phosphorhandgranate, damit er sie im Notfall schnell einsetzen konnte. Alle bereiteten sich seelisch auf den Ausstieg vor. Sie hüpften auf und ab, um festzustellen, ob alles bequem saß. Man achtet auf ganz einfache Dinge. Man knöpft zum Beispiel die Hose auf, stopft alles ordentlich rein, zieht sie wieder hoch, schnallt den Gürtel enger, sorgt für guten Sitz des Tragegestells und stellt sicher, daß alle Taschen und Knöpfe geschlossen sind. Dann sieht man doppelt und dreifach nach, ob man auch alles bei sich hat und nichts auf dem Boden zurückbleibt.
Ich konnte am Geräusch der Rotorblätter hören, daß der Hubschrauber jetzt dicht über dem Boden manövrierte.
Die Heckladerampe senkte sich herab. Ich spähte hinaus.
Bei der Landung ist man ungeheuer angreifbar. Der
Feind konnte bereits jetzt auf unsere Maschine zielen und sogar schießen, und wegen des Triebwerklärms würden wir das erst am Boden wahrnehmen. Die Rampe senkte sich weiter. Die Landschaft sah im fahlen Licht eines Viertelmonds wie ein Schwarzweißnegativ aus. Wir
befanden uns in einem kleinen Wadi, das zu beiden
Seiten etwa vier Meter anstieg. Staubwolken wirbelten auf, und Vince und sein Trupp gingen zum Heck, die Waffen schußbereit. Es stank fürchterlich nach
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Treibstoff. Der Lärm war ohrenbetäubend.
Die Maschine befand sich immer noch knapp über
dem Boden, als sie hinaussprangen. Falls es Feindkontakt gab, würden wir das erst erfahren, wenn sie sofort wieder zurückkamen.
Der Pilot senkte den Chinook die letzten paar
Zentimeter auf den Boden. Wir warfen die Ausrüstung hinaus, und Stan, Dinger und Mark sprangen hinterher.
Ich blieb an Bord, während der Lademeister mit einem Leuchtstab in der Hand noch mal den Stahlboden nach Vergessenem absuchte. Der Lärm der Rotorblätter wurde stärker, und ich spürte, wie der Hubschrauber das
Gewicht vom Chassis nahm. Ich wartete. Es ist immer die paar Extrasekunden wert, um ganz sicher zu sein, statt nach dem Abheben zu entdecken, daß man die
Hälfte an Bord vergessen hat. Es
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