Die Männer von Bravo Two Zero
ich es mir für später ins Hemd.
Stan hob den Daumen und erhöhte die Schußrate des
Minimi , um den Vorstoß einzuleiten.
Ich war in Hockstellung und blickte auf. Dann holte ich tief Luft, stand auf und rannte los.
»Verfluchte Scheiße!«
Uns kam massiertes Deckungsfeuer entgegen. Doch
beim Rennen schießt man nicht. Das hält einen bloß auf.
Man muß nur vorstürmen, sich hinwerfen und schießen, damit die anderen nachrücken können. Sobald man auf dem Boden liegt, pumpen die Lungen so verrückt, daß der Oberkörper sich auf- und abbewegt. Man sieht sich nach dem Feind um, hat aber Schweiß vor den Augen.
Den wischt man weg, und die Waffe tanzt auf der
Schulter. Man will sie in eine gute Schußposition
bringen, wie auf dem Schießstand, aber so läuft das nicht.
Man versucht, sich zu beruhigen, um zu sehen, was sich 157
abspielt, aber man will alles gleichzeitig tun. Man will nicht mehr so schwer atmen, damit man die Waffe
vernünftig in Anschlag bringen kann. Man will den
Schweiß abwischen, damit man das Ziel besser sieht, aber man will dazu den Arm nicht bewegen, denn man hat die Waffe schon schußbereit, und schießen will man auch, um die anderen zu decken, die gerade vorstürmen.
Ich sprang hoch und stürmte weitere 15 Meter vor –
weitaus mehr, als es die Lehrbücher vorschreiben. Je länger man steht, um so länger bildet man ein gutes Ziel.
Doch es ist ziemlich schwer, einen schnell rennenden Mann zu treffen, und wir waren high vom Adrenalin.
Man ist völlig in eine eigene kleine Welt versunken.
Chris und ich rannten vor, Stan und Mark gaben uns mit dem Minimi Deckung. Feuer – rennen. Die anderen folgten uns auf die gleiche Weise. Die Irakis müssen gedacht haben, wir seien völlig verrückt, aber sie hatten uns in diese Situation gezwungen, und das hier war der einzige Ausweg.
Wir sahen die Leuchtspurgeschosse auf uns
zukommen. Wir hörten das brennende, zischende
Geräusch, wenn die Salven an einem vorbeisausten oder im Boden einschlugen und in die Luft spritzten. Es war fürchterlich. Man kann nichts anderes tun als
aufspringen, rennen, hinwerfen, aufspringen, rennen, hinwerfen. Dann liegt man keuchend, schwitzend, nach Luft ringend am Boden, schießt, sucht nach neuen Zielen, versucht, sparsam mit der Munition umzugehen.
Als ich vorgesprungen war und zu schießen begonnen hatte, setzten die Mimmis aus, und auch sie schoben sich 158
vor. Je eher sie vorn lagen, um so besser, weil sie die bessere Feuerkraft hatten.
Je dichter wir an die Irakis herankamen, um so
schwächer wurden sie. Das war wohl das letzte, was sie erwartet hatten. Vermutlich merkten sie nicht, daß es auch das letzte war, was wir tun wollten.
Man soll beim Schießen eigentlich seine Patronen
zählen, aber das ist im Gefecht sehr schwer. Man soll in jedem Augenblick, in dem man schießen muß, genau
wissen, wie viele man noch übrig hat, und, falls nötig, das Magazin wechseln. Wenn man sich verzählt, hört man bald das »tote« Klicken. Man betätigt den Abzug, und der Bolzen schnappt vor, aber nichts tut sich. Doch in der Praxis ist das Zählen bis 30 unrealistisch. Man betätigt den vielmehr darauf, bis die Waffe nicht mehr feuert, drückt dann auf den Knopf, das Magazin fällt heraus. Man wirft sofort ein neues ein und macht weiter.
Wenn man das gut geübt hat, wird es zur zweiten Natur.
Es geschieht wie von selbst. Das Armalite ist so angelegt, daß die beweglichen Teile hinten bleiben, wenn es leer ist. So kann man leicht ein neues Magazin einschieben und den Bolzen vorspringen lassen, der die Patrone vor den Verschluß bringt. Dann legt man gleich wieder auf alles an, was sich bewegt.
Wir waren nur noch 50 Meter von ihnen entfernt. Der nächststehende Panzerwagen begann feuernd
zurückzuweichen. Unsere Feuerrate verlangsamte sich.
Wir mußten auf unsere Munition achten.
Der Lastwagen brannte. Ich hatte keine Ahnung, ob
einer von uns getroffen war. Wir hätten ohnehin kaum 159
etwas unternehmen können.
Ich konnte kaum glauben, daß der Panzerwagen
zurückrollte. Offensichtlich machten ihnen die
Panzerabwehrgranaten zu schaffen. Sie wußten, daß der andere getroffen war, aber dieses Zurückweichen war unfaßbar. Einige Infanteristen rannten neben dem Wagen her und sprangen hinten auf. Sie drehten sich beim Laufen immer wieder um und feuerten ein paar Salven, aber es war ein toller Anblick! Ich wollte gern auch meine 66er loswerden, merkte aber, daß ich sie in der Aufregung bei
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