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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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mitten in der Wüste in einer Bodensenke hocken, kauerte er sich neben uns und
    quasselte los. Ich hatte keinen Schimmer, was er da sagte.
    Wir begrüßten ihn: »As salaam alaikum.«
    Er erwiderte: »Wa alaikum as salaam.«
    Wir schüttelten ihm die Hand. Es war absurd. Er war so freundlich. Ich fragte mich, ob er überhaupt wußte, daß Krieg war. Im Nu waren wir die besten Freunde.
    Ich wollte das Gespräch in Gang halten, aber unser Arabisch reichte dazu nicht aus. Noch während ich es aussprach, konnte ich selbst kaum glauben, was ich da sagte.
    »Wayn al souk?« fragte ich.
    Wir waren irgendwo am Arsch der Welt, und ich
    wollte wissen, wo es zum Markt ging.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, zeigte er nach Süden.
    »Na prima«, sagte Dinger. »Wenn wir mal wieder hier sind, wissen wir wenigstens, wo’s zu Woolworth geht.«
    Bob entdeckte eine Flasche in der Tasche des alten Knaben. »Halib?« fragte er.
    Der Ziegenhirte nickte. Ja, es war Milch, und er reichte die Flasche herum. Dann holte er ein paar übelriechende, 209
    matschige Datteln aus seinem Beutel und ein Stück
    trockenes Brot, und wir setzten uns und ließen uns bewirten.
    Mark blieb stehen und schaute sich hin und wieder um.
    »Er ist allein«, sagte er mit breitem Lächeln.
    Der Ziegenhirte zeigte wieder nach Süden und
    gestikulierte. »Jaysh«, sagte er, »jaysh.«
    Ich blickte Bob fragend an.
    »Armee«, übersetzte er. »Miliz.«
    Bob fragte: »Wayn? Wayn jaysh?«
    Der Alte zeigte in die Richtung, aus der wir
    gekommen waren.
    Wir verstanden nicht, was er meinte: Da hinten sind viele Soldaten. Oder: Da hinten sind viele Soldaten, und sie suchen euch. Oder: Gehört ihr zu den Jaysh -Soldaten da hinten? Keinem von uns fiel das arabische Wort für Entfernung ein. Wir versuchten, ihm mit Gesten »nah«
    und »fern« verständlich zu machen.
    Etwa eine halbe Stunde später kamen wir allmählich an den Punkt, an dem wir eine Entscheidung fällen
    mußten. Sollten wir ihn töten? Sollten wir ihn fesseln und so lange festhalten, bis wir weiterzogen? Oder sollten wir ihn einfach seiner Wege gehen lassen? Ihn zu töten, würde nur insofern etwas bringen, als dann niemand erfuhr, was los war. Aber wenn die Landschaft mit den Leichen von älteren Angehörigen der einheimischen
    Bevölkerung übersät wäre und wir geschnappt würden –
    womit wir nun mal rechnen mußten –, konnten wir kaum darauf hoffen, mit Samthandschuhen angefaßt zu werden.
    Wenn wir ihn fesselten, damit er keinen Unfug anrichten 210
    konnte, würde er in der Nacht erfrieren. Mit Sicherheit würde man seine Leiche finden, denn allem Anschein nach gab es in diesem Land keinen Quadratmeter, über den nicht irgendwann ein Hirte mit seiner Ziegenherde zog.
    Wenn wir ihn laufenließen, wem konnte er schon
    irgendwas erzählen, was für einen Schaden konnte er denn anrichten? Er hatte kein Fahrzeug, und soweit Mark das abschätzen konnte, war er allein. Es war jetzt 4 Uhr nachmittags, und bald würde die Sonne untergehen. Auch wenn er Alarm schlagen würde, wäre es bereits dunkel, bevor es irgendwelche Reaktionen gäbe, und wir wären schon so gut wie an der Grenze. Wir konnten ihn also ruhig laufenlassen. Wenn er weiterzog, wollten wir ihn beobachten, abwarten, bis er außer Sicht war, und dann zur Täuschung in Richtung Süden gehen.
    Fünf Minuten später verabschiedete er sich und zog mit den Ziegen davon, die Unbekümmertheit in Person.
    Wir ließen ihn etwa einen Kilometer ziehen, bis er in irgendeiner Mulde verschwand, dann brachen wir auf.
    Wir gingen ein paar Kilometer in südlicher Richtung und wendeten uns dann nach Westen.
    Wir kamen in eine kleine Bodensenke und hielten an, um eine Lagebesprechung abzuhalten. Es gab einige
    Punkte zu erörtern. Zunächst einmal unser Wasservorrat.
    Unser Proviant reichte noch für zwei, drei Tage, aber wir hatten kaum noch Wasser. Zweitens mußten wir davon ausgehen, daß der Feind unser letztes LUP von gestern nacht entdeckt hatte und wußte, in welche Richtung wir uns bewegten. Drittens waren wir wieder einmal entdeckt 211
    worden, und mittlerweile war ich der Auffassung, wir hätten den Hirten lieber erst nach Einbruch der
    Dunkelheit laufenlassen sollen. Wir waren noch immer in schlechter körperlicher Verfassung, und das Wetter würde schlimm werden, wenn wir in höheres Gelände
    kamen. In der vergangenen Nacht wären wir fast
    gestorben, und ich wollte kein Risiko mehr eingehen. Wir hatten eine Nacht verloren, und das sollte nicht

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