Die Männer von Bravo Two Zero
so plaziert, daß sie beim Herausziehen kein Geräusch
macht. Alle Bewegungen verliefen langsam wie in
Zeitlupe. Bob war nun direkt neben mir und zog sehr langsam den Riemen seines Minimi von der Schulter. Er hatte kein Kampfmesser. Er hatte ein M-16-Bajonett, das in einer Plastik- und Metallhülle steckt. Das Bajonett verursacht beim Herausziehen ein kratzendes Geräusch, daher legte Bob bloß die Hand an den Griff und lockerte es ein wenig. Erst im letzten Moment würde er es
rausziehen.
Das Risiko, daß die beiden jemand warnten, konnten wir nicht eingehen. Wir mußten sie töten, sobald sie in Reichweite waren. Im Film verschließt der Angreifer seinem Opfer immer mit der Hand den Mund und jagt
ihm mit einer einzigen glatten Bewegung ein Messer ins Herz oder durch die Kehle. Dann sinkt der Mann zu
Boden. In der Wirklichkeit ist das allerdings anders. Die Chancen, mit einem glatten Stich ins Herz zu treffen, sind sehr gering und nicht mal den Versuch wert.
Vielleicht hat das Opfer einen dicken Mantel an und trägt noch Tarnzeug darunter. Man versetzt ihm einen
eleganten Stich, aber er dreht sich bloß um und fragt, was das denn soll. Wenn man selbst einssiebzig ist und der 200
andere einsneunzig und 100 Kilo schwer, sitzt man in der Patsche. Und wenn man ihm die Halsschlagader
durchtrennt, hört man immer noch eine volle Minute das Schreien. In Wirklichkeit muß man nach dem Kopf
greifen, ihn zurückreißen wie bei einem Schaf und so weit schneiden, bis die Luftröhre durchtrennt ist und der Kopf fast abfällt. So kann das Opfer nicht mehr atmen und auch nicht mehr schreien.
Legs und Bob waren bereit. Wir anderen würden ihnen dabei helfen, indem wir den Männern den Mund
zuhielten. Sie mußten rasch aus dem Flußbett zu ihnen rennen, feststellen, ob’s jemand von uns war, und das Geschäft beenden. Ideal wäre gewesen, sie zu
identifizieren, ehe sie uns sahen, aber nun mußte alles auf einmal passieren. Wenn die beiden Typen zu uns
gehörten, bestand die Möglichkeit, daß sie uns für Irakis bei einem Überraschungsangriff hielten. Und dann hatten wir eine unangenehme Situation. So etwas war auf den Falklands passiert, als ein SAS-Trupp in Kontakt mit einer Streife von der Marine geriet.
Sie waren nun auf 20 Meter herangekommen. Ich
duckte mich gegen die Böschung und blickte hoch. Noch zehn, fünfzehn Schritte, schätzte ich, und vor und hinter mir würde es losbrechen wie eine Explosion. Dann gab es entweder ein Wiedersehen mit zwei Kameraden oder
zwei Fälle für die Statistik.
Ich hielt den Atem an. Alle Gedanken an Wind und
Kälte waren wie weggefegt. Meine Gedanken waren
hundertprozentig auf jede kleinste Bewegung gerichtet.
Und diese Jungs hatten nicht die geringste Ahnung, daß 201
ihnen im nächsten Moment die Kehle durchgeschnitten würde.
Sie blieben stehen.
Hatten sie etwas gesehen? Sie waren dicht genug herangekommen, daß ich die Waffen in ihrer Hand erkennen konnte. Sie sprangen ins Flußbett herab, kaum sechs bis acht Meter vor uns, und schlenderten zur anderen Seite.
Dort krochen sie die Böschung hinauf und gingen auf die Plantage zu. In diesem Moment waren sie wohl die
größten Glückspilze im ganzen Irak. Fast mußte ich lachen.
Wir blieben noch eine Viertelstunde an Ort und Stelle und beruhigten uns wieder. Es ging uns besser, wir hatten Deckung, wir verursachten keine Geräusche. Jetzt
brauchten wir uns nur noch Zeit zu nehmen und dafür zu sorgen, daß wir nicht auf Feinde stießen.
Wir schlossen auf.
Wir hatten keine Ahnung, was auf der anderen Seite des Hügelkamms lag, über den die beiden Irakis
gekommen waren. Vielleicht waren es einfach zwei
Männer gewesen, die auf der Plantage lebten.
Andernfalls stand uns wohl ein weiteres größeres Drama bevor. Es war also besser, anzuhalten, sich Zeit zu nehmen und die Deckung zu nutzen.
»Wir gehen nach Süden, um das zu umrunden«, sagte
ich Bob ins Ohr. Er gab die Botschaft an die anderen weiter.
Wir zogen weiter, wie zuvor mit Legs als Vordermann.
Etwa nach zwei Kilometern gelangten wir an einen
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Hügel. Wir beschlossen, ihn über einen Sattel zu
überqueren. Als wir weiter darauf zugingen, blieb Legs stehen. Dann senkte er sich langsam auf die Knie und legte sich flach hin. Wir waren völlig ungedeckt.
Langsam und gespannt legte ich mich auf dem Bauch
neben ihn. Er deutete hoch. Auf dem Kamm, etwa 50
Meter entfernt, war ein Kopf zu sehen. Wir beobachteten, wie er sich hin- und herbewegte,
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