Die Maetresse bis Martini
der gemaßregelt werden musste. Er war erwachsen und traf seine eigenen Entscheidungen. Er winkte Reinhard und ließ seinen Hengst satteln. Mit so einer Wut im Bauch ritt er lieber eine Runde als seine Rina mit ungerechten Vorwürfen zu überhäufen.
Indessen suchte Katharina ihre Mutter und Marie im Stift auf. Die Nonnen freuten sich über die mitgebrachten Lebensmittel und Marie schenkte Katharina die selbst gehäkelte Spitze für ein Abendkleid. Dann plauderten sie und Kunigunde war froh, dass ihre Tochter wieder genesen war. Aus dem Schloss waren schlimme Gerüchte bis ins Stift gedrungen, hatten Mord und Unfall gesprochen, von abgetrennten Gliedmaßen und Mörderjagd. Obwohl Marie an solchen Nachrichten zweifelte, war sie froh, Katharina munter vor sich zu sehen.
„Weißt du, dass Jochem in der Nähe lagert?“, fragte Marie.
„Nein,“, meinte Katharina überrascht und erfreut, „dann werde ich ihn gleich aufsuchen und ihm seinen Umhang zukommen lassen.“
„Das wäre gut. Er ist ja immer noch alleine mit seinen Schafen. Der Mann sollte endlich heiraten und zwei, drei Kinder in die Welt setzen.“, fand Marie.
„Wie sollte das gehen?“, warf Kunigunde ein. „Als Schäfer ist er doch nur im Winter bei seinem Weib.“
Katharina fragte unschuldig: „Braucht ein Mann mehr als drei Monate, um ein Kind zu zeugen?“
Die beiden alten Frauen kicherten wie junge Mädchen und Katharina stimmte fröhlich ein. Es war herrlich, dass ihre Mutter so gute Laune hatte. Als sie sich kurze Zeit später verabschiedete, begleitete Marie sie vor das Tor und teilte ihr in knappen Worten mit, dass Kunigunde mittlerweile blind war.
„Was macht ihre Hüfte?“, fragte Katharina nach einer Weile. Ihrer Mutter ging es schlechter, als sie zunächst angenommen hatte.
„Die schmerzt und zieht bei jeder Gelegenheit. Warme Steine und gute Kräuter helfen für eine Weile. Bald braucht sie stärkere Mittel.“
„Es geht zu Ende, Marie?“ Schon schwammen Tränen in Katharinas Augen. Ihre Mutter wollte noch leben. Marie nahm sie in den Arm.
„Rina, noch nicht. Ich werde dir rechtzeitig sagen, wenn es schlimmer wird.“ Auch ihre Augen waren voller Tränen. „Ich verspreche dir, dass ich bis zum letzten Atemzug an ihrer Seite bin. Und ich werde dich sofort holen. Aber du solltest jetzt schon wissen, dass ihre Hüfte schlimmer wird. Vorbereitung ist wichtig.“
„Vorbereitung ist wichtig.“, wiederholte Katharina Maries Spruch.
„Jetzt geh zu Jochem und richte ihm liebe Grüße aus! Er wird sich freuen, dich zu sehen!“
Noch einmal drückte Katharina Marie und lief durch das Tor. Das Blöken der Schafe wies ihr den Weg. Jochem lehnte an einem Baum und beobachtete seine Herde, die sich über das saftige Grün hermachte. Die zwei Hütehunde lagen aufmerksam im Gras. Diese friedliche Bild brachte Ruhe in Katharinas Herz. Wie sehr hatte sie Jochems spärliche Besuche vermisst! Er war immer unvermutet bei ihr aufgetaucht und hatte ihr Trost gegeben. Solange er ihr Freund war, war sie stark.
„Der Mantel steht dir ausgezeichnet.“, sagte sie anerkennend und strich dunkelrote Haare vom Aufschlag, als sie ihn erreicht hatte. Er war dünn geworden und eine frische Narbe an der Schläfe zeigte, dass ein Wolf die Herde angegriffen hatte. Sie strich an der Wunde entlang. Zum Glück war sie oberflächlich und heilte gut. Sein Blick schweifte in die Ferne, als ob sie für ihn ein Geist wäre.
„Jochem?“, fragte sie besorgt. „Ist alles in Ordnung?“
Sein Gesicht war starr und er suchte etwas am Horizont. So seltsam hatte sie ihn noch nie erlebt. Sie trat einen Schritt zurück und musterte ihn ausgiebig. Seine dunklen Augen schimmerten heute matt in seinem gebräunten Gesicht. Das dunkelrote Haar war wie immer zu lang und musste geschnitten werden. Unter dem Mantel trug er seine normale Kleidung, die sie ihm vor Jahren genäht hatte und die immer noch gut saß. Die Schuhe waren verdreckt. Das lag wohl an dem Regenschauer, der letzte Nacht durchgezogen war. Seine Hände verrieten ihr, was anders war. Diesmal ruhten sie an seiner Seite, geschlossen. Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, dass Jochem endlich eine Gefährtin gefunden und sich gleichzeitig eine Menge Ärger eingehandelt hatte.
„Hast du dich in eine Frau verliebt?“, fragte Katharina laut und riss ihn so aus seiner Starre.
„Ja.“ Heute war er ungewöhnlich schweigsam.
„Das ist gut. Ich freue mich für dich. Wie heißt sie denn?“
Sein
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