Die Maetresse bis Martini
ihren Fingern durch. Wie unglaublich anrührend er war! Wie ein kleiner Junge, der seinen Traum unbedingt wahr machen wollte.
„Ja, das wäre es!“, stimmte sie ihm zu und stellte sich für einen kurzen Moment diese Szene vor. Doch ohne einen sicheren Stand an seiner Seite zu leben, erschien ihr wieder als zu gewagt. Was war, wenn sie plötzlich den Hof verlassen musste? Was war, wenn er sich in eine andere Frau verliebte? Wer sorgte für eine Mätresse, wenn sie überflüssig war? Wie sehr er sie brauchte! Sie löste eine Hand und strich über seinen Kopf, um ihn zu beruhigen. In so einer Stimmung waren Worte gefährlicher als Degen.
„Warum nimmst du nicht Otto und Franz zu einer Fechtstunde mit und wir treffen uns abends zu einem Spaziergang durch den Park?“, schlug ihm Katharina vor. Karl brauchte Ablenkung. Solange keiner von ihnen an die Zeit nach dem elften November denken musste, war alles in bester Ordnung.
„Mach ich, Rina.“ Er presste seine Lippen auf ihre Innenhand, die zu glühen schien. Schon wieder regte sich die Lust in ihr. Wie schaffte er es nur, mit unverfänglichen Liebkosungen ihren Körper brennen zu lassen?
„Ist heute nicht Johannisnacht?“ Karl erhob sich zu seiner Größe und war schlagartig wieder der junge Prinz voller Tatendrang.
„Wenn heute der 24. Juni ist“, gab Katharina kokett zurück.
„Dann sehen wir uns später, Rina!“
Eine Kusshand, dann war er verschwunden. Halb belustigt, halb erleichtert sank Katharina in ihren Sessel zurück. Am liebsten hätte sie sich ihm hingegeben und seine Leidenschaft genossen. Aber ihm war mit einer Fechtstunde mehr gedient. Bis heute Abend wartete sie gern. Bei den zahlreichen Johannisfeuern in der Gegend machte ein Spaziergang großen Spaß. Vor vielen Jahren war sie selbst über die Flammen gesprungen und hatte sich einen außergewöhnlichen Mann gewünscht. Jetzt hatte sie ihn tatsächlich bekommen in Gestalt eines jungen Prinzen. Sie lächelte vor sich hin und sinnierte über die Absonderlichkeit des Lebens, bis Leni sie aus den Träumen riss und für den Abend herrichtete.
„Madame sind wunderschön heute!“, bewunderte Leni ihre Herrin.
„Das sagst du nur, weil du zur Johannisfeier gehen willst.“, meinte Katherina mit einem amüsierten Seitenblick auf ihre Zofe. Diese errötete ertappt. „Ist schon gut, du darfst ja gehen. Wer ist denn dein Geliebter?“
„Madame, ich habe keinen.“ Lenis Röte wurde tiefer. „Bisher hat mich keiner gewollt, weil ich keine richtige Zofe war, und jetzt habe ich keine Zeit für einen Mann.“
Katharina war amüsiert. Das junge Ding hatte keine Ahnung, wie schnell ein Mann entbrennen konnte, sobald er die Vorzüge seiner Braut kannte. Leni hatte als Zofe Zugang zum Hof und war dadurch eine interessante Partie. „Dann lass dich von dem Abend überraschen.“, meinte Katharina bewusst geheimnisvoll. „An Johannis geschehen magische Wunder.“
Leni musste husten und war feuerrot im Gesicht.
Als Katharina in den Fechtsaal spähte, war Karl schon verschwunden. Franz hängte die Degen in den Schrank und schloss ab. Nach seiner Miene zu urteilen, hatte er verloren und zusätzlichen Kummer.
„Was ist dir, Franz?“, fragte Katharina mitfühlend.
„Das übliche.“ Er spielte mit dem Schlüssel und sah an ihr vorbei. „Mein Herz ist bei Cäcilie von Ferneck geblieben und ich weiß nicht, wie ich noch lebe.“
„Das übliche?“ Katharina war erstaunt, welch großen Schmerz diese Cäcilie bei Franz auslöste.
„Sie ist hübsch, adelig und steinreich, während ich ein armer Schlucker bin, weil mein seliger Vater alles am Spieltisch verloren hat. Wenn ich um sie werbe, unterstellt mir jeder, dass ich sie nur wegen ihres Vermögens haben will. Keiner fragt, ob echte Gefühle im Spiel sind. Dabei habe ich nur einmal in ihre Augen geblickt und bin verloren.“ Fast theatralisch seufzte er auf.
„Wie denkt sie über Euch?“ Wo ein Wille ist, ist immer auch ein Weg, wusste Katharina. Aber Franz tat sich oft sehr schwer damit. „Mag sie Euch?“
„Das weiß ich nicht. Ich habe sie nicht gefragt.“ Franz hängte den Schlüssel neben den verschlossenen Degenschrank.
„Warum fragt Ihr sie nicht?“ Wie konnte sich ein Mann so eine Frau entgehen lassen? Wenn sie ihn mochte, war alles möglich.
„Ich habe Angst. Ja, Katharina, ich habe Angst vor dem Gerede, vor mir, vor ihrem Gesicht, wenn sie mir sagt, dass ich nichts wert bin“
„Aber nur wenn Ihr sie fragt, wisst Ihr, was
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