Die Maetresse bis Martini
alles gut ist! Seit Jahren hebe ich diesen Sonderdispens auf.“ Max wedelte mit alten Papieren vor ihrer Nase. Er war ein ungewöhnlicher Mann. „Und red mich gefälligst mit du an. Das ist deutsch!“
Nach der kurzen Trauung - sie war noch kürzer als gewöhnlich – wollte Max gleich weg. „Den Engel da nehme ich gleich mit. Ich hoffe, sie kann gut kochen und ein Haus versorgen. Du kommst in ein paar Tagen nach, holdes Eheweib?“
„Ich komme am zwölften November zu euch, äh dir. Es wäre gut, wenn du mir eine Kutsche schicken könntest. Denn wenn ich ein Pferd nehme, fällt das auf.“
Max nickte zustimmend. „In deinem Zustand solltest du nur noch die Kutsche nehmen. Alles, was du brauchst, ist in Grünentann. Nimm also nur das mit, was du tragen kannst. Hähähä“, kicherte er hämisch, „der alte Friedrich ist ja so blöd, dich gehen zu lassen.“ Zum Abschied küsste er formvollendet ihre Hand. „Holdes Weib, gräme dich nicht, sondern genieße die letzten Stunden. In Grünentann wartet Arbeit auf dich, dass es dich grausen wird. Zum Glück kann ich schon einiges auf den Engel da abwälzen.“ Sichtlich vergnügt hatschte er auf seinen Stock gestützt aus der Kapelle. Missmutig trug der Pfarrer die Eheschließung in das familieneigene Register ein und verabschiedete sich dann von seiner neuen Herrin. Katharina Reichsritterin von Grünentann-Spessartbogen war sie nun. Ein hochtrabender Titel! Wahrscheinlich umfasste die Reichsritterschaft drei Wälder, zwei Dörfer und einen Fischteich! Aber alle waren zufrieden, sogar Maries Gesicht hatte zu leuchten begonnen, als Max sie einen Engel genannt hatte. Wenn der wüsste! Spätestens in einer Woche flögen zwischen beiden die Fetzen, sobald Marie den Haushalt nach ihren Wünschen umkrempelte und alle zu gehorchen hatten! Schade, dass Katharina erst dann dazukam.
Nur noch vier Tage! Sie war fast ein ganzes Jahr bei ihm und hatte überall ihre Spuren hinterlassen. Ihr Zimmer war schlicht, aber elegant eingerichtet. Bis auf ihre schäbige Truhe hatte er wunderschöne Sachen für sie erstanden. In seinem Zimmer sollte bald ein Porträt in Öl von ihr hängen, damit er sie ständig vor Augen hatte. In einem Monat kam der Maler aus Frankreich, den Karl bestellt hatte. Selbst in seinem Studierzimmer hatte sie eine kleine Ecke mit einem Sessel und einem Nähkästchen. Denn wenn er arbeiten musste, saß sie am Fenster und nähte irgendwelche kleinen und großen Stücke. Eigentlich war es die Arbeit bezahlter Näherinnen, aber ihre Kleider waren unter den Hofdamen begehrt, weil sie so gut passten.
Karl fand die Vorstellung, mit einer fremden Frau die Ehe zu vollziehen, mittlerweile nur schrecklich. Wie sollte das gut gehen? Auch wenn Katharina diese Barbara ausgewählt hatte, so verblasste doch jede Frau neben seiner Rina. Sie war seine Gefährtin, sein zweites Ich. Sie kannte ihn in- und auswendig. Um Katharina abzusichern, übertrug er ihr aus seinem Besitz ein Haus mit Grundstück und einem Weinberg in Rhönhausen, einer Kleinstadt. Jetzt konnte sie weiterhin am Hof und an seiner Seite bleiben. Die Urkunde legte er in die oberste Schublade seiner Kommode, um sie ihr feierlich an Martini zu überreichen. Wie würden ihre Augen leuchten, wenn sie das Ausmaß seiner Fürsorge erkannte!
Schneller als erwartet war Martini gekommen und hatte Karl und Katharina in Atem gehalten. Erst am Abend fanden sie wieder Zeit füreinander in seinem Schlafzimmer. Keiner wollte an den nächsten Morgen denken und so hatte das gemeinsame Abendessen einen Charakter von Abschied. Katharina ließ die Gänsebrust auf der Zunge zergehen, die Bartholomäus mit viel Können in der Küche zubereitet hatte. Als sie die Augen schloss, weil es so köstlich war, hörte sie Karl stöhnen. Rasch schlug sie die Augen wieder auf. Er starrte auf ihren Mund, als ob er ihn noch nie gesehen hätte. „Was ist?“, fragte sie ihn und schluckte den letzten Bissen hinunter.
„Du bist so verführerisch.“ Karls Stimme klang belegt. Dann stand er auf und holte einige Papiere aus der obersten Schublade seiner Kommode. „Das hier sind die Schuldscheine deines toten Ehemannes.“ Er hielt das Bündel hoch, damit sie sich davon überzeugen konnte, und warf es ins Feuer. „Damit ist deine Schuld getilgt.“
Katharina atmete auf. Aber Karl hatte noch etwas vor. Er kniete sich vor ihr hin und legte ihr eine frische Urkunde in den Schoß: „Das ist mein Geschenk an dich. Ich möchte dich weiterhin
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