Die Maetresse bis Martini
einmal so von innen heraus glücklich gewesen wäre! Sie war zehn Jahre jünger als Anna und hätte gern ein Kind gehabt. Das hatte er oft gesehen, als sie im Waisenhaus Geschenke verteilte und sich der Kinder annahm. Hätte Katharina-? Woran hatte es gelegen, dass sie kinderlos war?
Da sein Vater mit Anna verschwunden war, setzte er sich in den Sessel und starrte grübelnd vor sich hin. Katharina war reif für Kinder, wie er wusste, und wollte welche, er mit ihr auch, aber das stand auf einem anderen Blatt. War ihr Mann zeugungsunfähig gewesen? Jede Hebamme sprach davon, dass auch Männer die Ursache dafür waren, wenn Kinder ausblieben. Er rechnete angestrengt nach. Jeden Monat hatte sie ihre Frauentage gehabt und ihn aus dem Bett verbannt. Wenn etwas anders gewesen wäre, hätte eine auf jeden Fall davon gewusst: Leni. Also musste er die Magd befragen.
Leni stand mit hochrotem Kopf vor ihm und zupfte ständig an ihren Haaren herum, bis er sie deswegen anschnauzte. Was war das für ein nervöses Ding! „Nochmal von vorne, Leni. Ist Katharina jemals schwanger gewesen?“
„Bis sie ins Schloss kam nicht.“ Leni zupfte wieder an einer Strähne herum. „Das habe ich Euch doch schon hundert Mal erklärt.“
Das stimmte. Trotzdem glaubte Karl, etwas übersehen zu haben. Es war wie das Puzzle in ihrem Zimmer. Eine Kleinigkeit entging ihm. „Hat sie dich um Mittel gebeten, die eine Schwangerschaft verhindern?“
„Ja, das hat sie.“, antwortete Leni pflichtgemäß. „Aber ich lehne das ab und so habe ich ihr nichts gegeben. Ich kenne mich damit auch nicht aus.“
„Hättest du erkannt, wenn Katharina schwanger geworden wäre?“
„Ja, natürlich.“ Leni staunte über seine Fragen.
Eine Weile schwieg Karl und ließ seine Gedanken rotieren. Leni hätte auf jeden Fall erkannt, wenn seine Mätresse schwanger gewesen wäre. Aber Katharina hatte versucht, sich vor einer Schwangerschaft zu schützen. Also hatte seine Mätresse mit Kindern gerechnet. Aber wie, wenn sie die Jahre davor keine hatte? Das passte doch nicht zusammen! Schließlich fragte er Leni direkt: „Hat Katharina letztes Jahr ein Kind empfangen?“
Leni wurde rot, setzte zum Sprechen an, brach ab, holte tief Luft. Also doch!
„Ich warte, Leni!“
„Also“, begann die Dienerin nervös, „Madame hat im Frühjahr ein Kind erwartet.“
„Im Frühjahr?“
„Ja, aber das hat sie Ostern verloren, als sie den schlimmen Reitunfall hatte.“
Der Reitunfall! Karl erinnerte sich, dass Katharina plötzlich viel Blut verloren hatte und dass die Hebamme Stunden gebraucht hatte, sie am Leben zu erhalten. Ein Kind verloren! Sein Kind! Katharina war also fruchtbar. Wie hatte sie das vor ihm verheimlichen können? Er hätte doch mitbekommen müssen, wie es um sie stand! Ein Kind! Ein gemeinsames Kind, das sie für immer verbunden hätte! Plötzlich war der ganze Schmerz wieder da und fraß in seinen Eingeweiden. Wie sehr musste sie der Verlust dieses Kindes getroffen haben!
„Euer Gnaden?“ Leni räusperte sich wieder. „Habt Ihr noch Fragen? Ich muss wieder an meine Arbeit gehen.“
„Geh nur!“ Karl winkte sie hinaus und presste eine Hand auf den Mund, um sich selbst am Schreien zu hindern. Was hatte er verloren – die Frau seines Lebens und ein ungeborenes Kind! Fünfzehn Türen entfernt lag eine andere Frau und erwartete ein Kind von ihm, das nicht in Liebe gezeugt worden war. Aber er wollte ein weiteres von Katharina. Das war sein Ziel. Morgen musste er die Suche wieder aufnehmen. Irgendwo war seine Katharina und wartete auf ihn!
Doch Karl wurde von Friedrich mit einer heiklen Mission betraut. Er sollte Liselotte von der Pfalz zur Hochzeit nach Frankreich begleiten und dabei erkunden, wie groß die Chancen waren, dass Hochheim weiterhin von Bayern und Franken unbehelligt blieb. Missmutig reiste Karl nach einer pompösen Verabschiedung nach Heidelberg ab, wo er sich in die Reihen der zukünftigen Französin begab. Er war einer unter vielen, die wie schon Friedhelm vorher Frankreich mit offenem Mund bestaunten. Ein rauschendes Fest jagte das andere. Selbst die Hochzeit war ein neuer Höhepunkt. Besonders beeindruckt war Karl von Versailles. Das Schloss war eine einzige Offenbarung, auch wenn vieles noch im Entstehen war. Der weitläufige Park wurde zu seinem Lieblingsort, wo er morgens und oft auch abends spazieren ging und ritt. Die französischen Damen waren eine einzige Versuchung und oft erlag er seinem Begehren, wenn die Dame etwas
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