Die Maetresse bis Martini
von Katharina besaß. Trotzdem hatte er meistens nach einem Kuss genug und zog sich allein in sein Zimmer zurück. Das Essen war schlecht, die Wege lang und die Räume eine einzige Baustelle. Wenn er überhaupt dazu kam, sich mit Politik zu beschäftigen, war das frühestens für ein paar Minuten nach dem Abendessen. Es machte auch keinen Sinn, über Franken und Bayern zu diskutieren, weil die meisten Höflinge keine Ahnung hatten, woher er stammte.
Eines Morgens sah Karl ein, wie vergeblich der Versuch gewesen war, hier in Frankreich etwas für Hochheim zu tun. Die Weichen wurden im Deutschen Reich gestellt – wo auch immer. Also verabschiedete er sich höflichst von Liselotte, die ihn mit großem Bedauern gehen ließ. Sein Herz war in Hochheim und er musste zurück.
Karl war gelinde gesagt entsetzt, als er Mitte Oktober wieder in Hochheim war. So schnell war die Zeit vergangen! Die Weinberge wurden schon gelesen und die ersten Fässer mit dem frisch gekelterten Traubensaft gefüllt. Die Bäume verfärbten sich gelb und rot und die Rosen waren verblüht. Am Stift der Barmherzigen Schwestern machte er Halt und besuchte Kunigundes Grab. Es war ein Jahr her, dass sie gestorben war. Es war immer noch ein bescheidenes Grab, aber jemand hatte einen Rosenstrauch und einen Weinstock gepflanzt. Katharina und Marie? Wenn das so war, waren sie in der Nähe, denn das Grab wurde regelmäßig gepflegt. Aber die Schwestern erzählten, dass Marie höchst unregelmäßig kam, meistens in der Abenddämmerung, wenn wenig Leute unterwegs waren, als ob sie sich vor jemandem verstecken müsste. Katharina war seit einem Jahr hier nicht mehr gesehen worden. Trotzdem hatte Karl neuen Mut gefasst. Bald hatte er Katharina gefunden!
Auf dem Schloss wurde er herzlich von seinen Eltern und der Hofgesellschaft empfangen. Ein Ball mit Feuerwerk feierte die Rückkehr des Sohnes, als ob er eine Schlacht gewonnen hatte. Doch Friedrich war über Karls Scheitern bereits informiert und überlegte später mit seinem Sohn, wie sie ihre politische Lage verbessern konnten. Solange Bayern Pläne mit Österreich hatte, war Hochheim vor diesen gierigen Fingern sicher.
Barbara ging es schlecht, obwohl sich die Ärzte und ihre Mägde um sie kümmerten. Jeden Monat hatte sie schwere Blutungen, die sie ans Bett fesselten und ihr die Laune verdarben. Denn sie kam sich wie ein Brustkasten vor. Zudem hatte sie erheblich an Gewicht verloren. Jeder Besuch Karls beruhigte sie, aber er blieb nur ein paar Minuten, weil er das überheizte Zimmer kaum ertrug. Drei Tage nach seiner Rückkehr erfasste ein schweres Fieber ganz Hochheim und warf innerhalb von zwei Tagen dreiviertel der Bevölkerung zu Boden. Zwar erholten sich die meisten davon, aber ein Zehntel starb an Entkräftung, darunter auch Barbara und das ungeborene Kind. Mit bewundernswerter Gleichmut trug Karl seine ungeliebte Ehefrau zu Grabe und trauerte den restlichen Tag um ein verschwendetes Jahr und ein Leben. Hätte Barbara einen anderen geheiratet, wäre sie heute glücklich und am Leben! Aber nun war er frei für Katharina und käme erst mit ihr nach Hochheim zurück. Bis dahin musste sein Vater auf ihn verzichten.
Am nächsten Morgen suchte Karl Fürst Friedrich auf und erklärte ihm seine Absicht: „Ich gehe und suche Katharina. Ohne sie werde ich nicht nach Hochheim zurückkommen. Wenn du mich als Erben willst, dann wirst du sie in den Adelsstand erheben, damit ich sie heiraten kann. Ansonsten halte dich an Friedhelm.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ er seinen überraschten Vater stehen. Sollte der Kauz endlich über seine Familienpolitik nachdenken!
Nur von Tante Gertrud verabschiedete er sich persönlich, denn die alte Dame konnte jeden Tag das Zeitliche segnen. Sie saß eingeschlagen in eine warme Decke vor dem Kamin und ließ sich die dichten weißen Haare machen.
„Kerlchen? Ach wie schön, dass du hier bist.“
Er setzte sich ihr gegenüber, damit er nicht so schreien musste. „Tante, ich gehe auf Reisen und bin wahrscheinlich lange weg.“
„Ja, ja, reise nur. Holst du Katharina wieder nach Hochheim?“
„Ja, ich suche sie.“
„Karl, sie gehört ja schon zur Familie. Ich habe sie schrecklich vermisst in dem Jahr. Hoffentlich ist alles gut gegangen.“
„Gut gegangen?“ Karl war erstaunt. Wusste Gertrud etwas?
„Ja, natürlich! Sie war doch schwanger von dir. Ich hoffe, dass es ein Junge ist, denn Hochheim braucht dringend einen Erben.“
„Katharina war
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