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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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entdeckte, der nach links abzweigte. Nach der Orientierung, die ihm der Plan ermöglichte, musste sich nicht weit über ihm der große Sitzungssaal befinden.
    Er entschied sich für den neuen Gang und folgte ihm einige Schritte. Das faulige Wasser, das von den Mauern sickerte, war hier tiefer und reichte ihm fast bis über die Schuhe. Das Leder würde verdorben sein, und er ärgerte sich, dass er nicht an die Feuchtigkeit in den Kellern der Festung gedacht hatte. Er zögerte und überlegte kurz, ob es nicht doch besser wäre, umzukehren, aber eine Ahnung trieb ihn weiter. Nach einer Weile stand er vor einer Tür, die zu seinem Erstaunen nicht verschlossen war. Vorsichtig öffnete er sie und befand sich in einem kleinen Raum.
    Manfred sah sich neugierig um, konnte aber zunächst nichts entdecken. Der Raum war vollkommen leer. Er leuchtete mit seiner Fackel die Ecken, so gut es ging, aus, fand aber weder eine Truhe noch eine weitere Tür. Erst als er sich schon fast abwenden wollte, fiel ihm an der Längsseite auf halber Höhe eine Art Holzluke auf.
    Um eine Tür konnte es sich nicht handeln, die Öffnung war zu klein für einen erwachsenen Mann. Er brauchte mehr Licht und hielt die Fackel dichter an die Luke, um die Umrisse besser zu erkennen. Allenfalls ein Kind wäre in der Lage, hier durchzuschlüpfen, dachte er, vermochte sich aber nicht zu erklären, wozu die Vorrichtung dienen könnte.
    Er klopfte gegen das Holz, und der Klang deutete auf einen Hohlraum hin. Dann rüttelte er an dem Holzverschlag und war erneut erstaunt, denn die Vorderseite bewegte sich, und er konnte das Holz nach oben schieben. Dahinter befand sich tatsächlich der vermutete Hohlraum, und als er hineinleuchtete, sah er, dass der Verschlag nach oben offen war. Außerdem entdeckte er zwei Seile, die an der Rückwand senkrecht verliefen.
    »Das ist genial«, murmelte er.
    Auf diese Weise konnte der Burgvogt die Säcke mit den Münzen wie von Zauberhand verschwinden lassen und im wahrsten Sinne des Wortes in den Tiefen der Burg versenken. Später, wenn niemand auf ihn achtete, stieg er nach unten und schlich sich durch die verborgenen Gänge in diese Kammer. Hier brauchte er nur noch die Beute aus dem Holzfach zu nehmen und zu verstecken.
    »Wolfelin, du bist ein Dieb, aber ein schlauer«, flüsterte Manfred und entschied, für heute die Suche einzustellen und später in seiner Schlafkammer die Stelle auf dem Plan zu markieren.
    Die Schatzkammer des betrügerischen Burgvogts konnte nicht weit sein, und da er nun den Weg kannte, hatte er keine Eile. Früher oder später würde er das Geheimnis lüften.
    Er war gerade zurück in seinem Schlafgemach und hatte seine ekelhaft stinkenden Schuhe ausgezogen, als es an seiner Tür klopfte und ein Diener ihm mitteilte, dass der König einen kleinen Kreis von Beratern zu sich befehle. Manfred fragte sich, welchem Impuls König Heinrich jetzt wieder nachgab und wie viel Überzeugungsgeschick sie brauchen würden, um ihn von irgendeiner Torheit abzuhalten.
    Seine verwegene Idee, sich von seiner Frau, Königin Margarethe, zu trennen, hatte Wolfelin ihm fürs Erste ausreden können, doch von Zeit zu Zeit kam Heinrich auf seinen ursprünglichen Plan zurück. Manfred kannte den König mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass das meiste, was Heinrich dachte oder tat, von der Stimmung des Augenblicks abhing. Er konnte hinreißend charmant sein, aber ebenso schnell schlug seine Laune um, und er verwandelte sich in einen gelangweilten, flegelhaften Despoten, der alle um sich herum tyrannisierte.
    Wolfelin pflegte dann regelmäßig sein Bedauern darüber auszudrücken, dass dem Sohn leider die Klugheit und Charakterstärke seines Vaters, Kaiser Friedrichs, fehlten und nun, da der König mit achtzehn volljährig geworden war, niemand mehr die Autorität habe, Heinrich in die Schranken zu weisen.
    Manfred war der Meinung, dass eine Tracht Prügel den König schon zur Vernunft bringen würde, hütete sich aber, eine solche Majestätsbeleidigung laut auszusprechen. Er fürchtete allerdings, dass der Kaiser eines Tages von den Kapriolen seines Sohnes genug haben würde, und die Strafe, die Heinrich dann blühte, dürfte deutlich schmerzhafter sein als die Prügel, die Manfred ihm heimlich zugedacht hatte.
    Er betrat den kleinen Rittersaal, den König Heinrich für seine abendlichen Besprechungen bevorzugte, und sah, dass außer ihm nur Wolfelin und der Abt des Klosters St. Gallen anwesend waren.
    »Können wir jetzt

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