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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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schönsten und kostbarsten Gewänder. Die Pferde waren geschmückt, und voran ritten Fanfarenträger, die mit lauten Klängen den Tross des Kaisers ankündigten.
    Es war ein Triumphzug, der sich auf Jerusalem zubewegte, das konnte niemand übersehen. Das gesamte Kreuzfahrerheer nahm daran teil, die Ritterorden in ihrem schneeweißen Ornat, die anderen in ihren polierten Rüstungen und mit blank geputzten Waffen.
    Wenn Bianca sich umsah, blickte sie in Gesichter, die die Gefühle der Männer widerspiegelten – viele voller Stolz über den auf diplomatischem Weg gewonnenen Frieden, manche verbittert, weil sie sich mit den Muslimen lieber eine Schlacht geliefert hätten, und andere, die es immer noch missbilligten, dass der Kaiser ins Heilige Land gezogen war, obwohl der Papst ihn aus der Kirche ausgeschlossen hatte.
    Doch was auch immer Papst Gregor  IX . davon halten mochte, der Friedensvertrag war perfekt und unterzeichnet. Al-Kamil verzichtete zugunsten der Christen auf die Stadt Jerusalem, nicht jedoch auf den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee. Beide Stätten sollten von unbewaffneten islamischen Lehrern verwaltet werden, Dom und Moschee den Glaubensbrüdern jederzeit zum Gebet offen stehen. Damit auch Christen im Felsendom beten konnten, wurde der Zugang zugleich von Soldaten des Kaisers kontrolliert. Der Kaiser erhielt außerdem Bethlehem sowie alle Dörfer zwischen Bethlehem und Jerusalem und zwischen Jerusalem und Jaffa, Nazareth, Tyrus und das Gebiet um Sidon.
    Kaiser Friedrich und Sultan a-Kamil hatten darüber hinaus vereinbart, alle Gefangenen auszutauschen, auch die, die seit vielen Jahren im Kerker saßen oder Zwangsarbeit leisten mussten. Der letzte Punkt hatte Bianca ganz besonders am Herzen gelegen, hoffte sie doch, auf diesem Weg ein Lebenszeichen von Lorenzo zu bekommen. Alle kaiserlichen Nachforschungen hatten bisher zu keinem Ergebnis geführt. Doch Bianca hatte nicht vor, einfach aufzugeben.
    Der Zug des kaiserlichen Gefolges war so lang, dass Bianca das Ende nicht sehen konnte, und ein Reiter, der von der Spitze zum Ende gelangen wollte, brauchte über eine Stunde. Am Straßenrand standen die Menschen, jubelten und winkten dem Kaiser, dem Hofstaat und den Kreuzfahrern begeistert zu.
    Bianca dachte an die Sarazenen, die man vor der Übergabe Jerusalems aus der Stadt vertrieben hatte und die dem Kaiser keine dankbaren Gefühle entgegenbrachten. Ihr taten diese Menschen leid, und sie hätte es begrüßt, wenn ein friedliches Miteinander möglich gewesen wäre.
    Karim ritt an ihrer Seite. Er trug einen hellbraunen Umhang, der mit Blättern und Blüten bestickt war, und einen Turban mit demselben Muster. Seine dunklen Augen beobachteten ernst die Menschenmenge am Rande der Straße, als würde er befürchten, es könnte auch der eine oder andere darunter sein, der keinen Grund zur Freude hatte. Dass aus einer Ansammlung von Feiernden auch mal Steine des Protests geworfen wurden, war keine Seltenheit, und auch Bianca schickte von Zeit zu Zeit einen prüfenden Blick auf die Männer und Frauen, die den Kaiser begeistert grüßten.
    Sie hatte in sich eine Kraft zu lieben entdeckt, die sie nie vermutet hätte. Sie und Friedrich lebten zusammen wie ein verheiratetes Paar, und jeden Morgen, wenn sie neben ihm erwachte, wuchs ihre Liebe ein Stückchen mehr. Als sie erfahren hatte, dass der Kaiser wie ein Sarazenen-Fürst einen Harem hielt, war ihre erste Reaktion schmerzhafte Eifersucht. Die Vorstellung, dass der Mann, der für sie alles bedeutete, auch mit anderen Frauen schlief, quälte sie mehr, als sie mit Worten ausdrücken konnte. Sie versuchte ihren Kummer niemandem zu zeigen, ihre verletzten Gefühle nicht zu verraten, doch es war Karim gewesen, dessen kluge Augen ihren Schmerz gesehen hatten.
    Seitdem war Karim für Bianca ein enger Vertrauter, der einzige, mit dem sie über ihre Liebe zu Friedrich sprechen konnte. Und von Karim hatte sie auch erfahren, dass der Kaiser seinen Harem seit langem nicht mehr betreten hatte.
    Karim hatte ihr von dem Tod der Kaiserin Isabella in Andria erzählt und von dem Zerwürfnis zwischen Friedrich und seinem Schwiegervater, Johann von Brienne. Bianca hatte die junge Kaiserin, die so unglücklich gelebt und so früh gestorben war, aufrichtig bedauert. Friedrich hatte seine Frau nicht geliebt und ihren Tod gefasst aufgenommen. Ein verwitweter Kaiser, das hatte Karim bereits vorsichtig angedeutet, würde bald daran denken müssen, aus dynastischen und politischen

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