Die Maetresse des Kaisers
suchen.«
»Aber Giovanna, das sind Hirngespinste. Wer sagt dir denn, dass Bianca jemals dort angekommen ist?«
»Mein Glaube in die unendliche Güte Gottes.«
Berengarias Blick wurde weich. »Deine Gottesfürchtigkeit in Ehren, aber es ist ein weiter Weg bis Bari, und unterwegs lauern viele Gefahren. Du weißt, dass der Papst Krieg gegen den Kaiser führt. Die großen Städte sind zerstritten. Einige sind vom Kaiser abgefallen, weil der alte Mann in Rom ihnen mehr Freiheiten versprochen hat. Diese leichtgläubigen Narren. Die Kirche wird ihnen noch mehr Steuern und Abgaben aufbürden und ihre Söhne in den Pfeilhagel der kaiserlichen Truppen schicken.«
»Doch selbst bis zu uns nach Turin ist die Nachricht gedrungen, dass der Kaiser im Heiligen Land Frieden ausgehandelt hat. Er wird zurückkommen, und es wird wieder Ruhe herrschen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Berengaria skeptisch. »Auf jeden Fall kannst du nicht allein in den Süden reisen. Damit würdest du das Schicksal wirklich herausfordern.«
Giovanna lenkte ein. »Ehrlich gesagt, ich alte Frau hatte auch nicht vor, mutterseelenallein durch die Landschaft zu ziehen. Vor kurzem habt Ihr davon gesprochen, dass Ihr vielleicht selbst, zumindest aber einige Eurer Glaubensschwestern nach Foggia reisen wollen. Und von dort ist es nicht mehr weit bis Bari.«
»Giovanna«, sagte Berengaria und legte ihr mitfühlend die Hand auf den Arm, »mach dir nicht zu viele Hoffnungen, dass du Bianca jemals wiederfindest. Ihr wart damals alle sicher, dass ihr Bruder und die Familie Pucci Bianca verfolgen lassen. Zieh also auch die Möglichkeit in Betracht, dass sie in die Falle gelaufen ist.«
»Aber davon hätten wir bestimmt gehört. Ihr Bruder hätte ihr einen Prozess gemacht, da bin ich sicher. Es wäre ihm ein großes Vergnügen gewesen, sie auch öffentlich zu demütigen. Doch da war nichts. Auch wir Dienstboten haben unsere Verbindungen.«
Berengaria dachte nach.
»Es heißt, Graf Pucci lebe noch«, sagte sie bedächtig.
»In jener Nacht waren wir fest davon überzeugt, dass Bianca ihn erstochen hat. Aber wenn es stimmt, was Ihr sagt, hat es Gott offensichtlich gefallen, Enzio das Leben ein zweites Mal zu schenken. Obwohl dieser Abschaum es ganz bestimmt nicht verdient hat.«
»Hadere nicht mit den Entschlüssen unseres Schöpfers«, ermahnte sie Berengaria. »Auch wenn wir Gottes Wege häufig nicht verstehen, es steht uns nicht an, darüber zu urteilen.«
Giovanna lächelte. »Ihr seid die Priesterin, ich bin nur eine einfache Frau. Die Wege Gottes sind, wie sie sind, aber vielleicht wird mich einer auf die Spur von Bianca und Lorenzo führen. Die beiden fehlen mir sehr.«
»Ich weiß. Du liebst Bianca wie dein eigenes Kind, und auch dein Neffe ist dir ans Herz gewachsen.«
Giovanna wischte sich verstohlen die Augen. Sie wollte jetzt nicht weinen. Später, irgendwann, war genug Zeit für Tränen. Aus welchem Grund auch immer.
»So ist es also ausgemacht«, sagte sie zu Berengaria. »Wenn die anderen nach Foggia aufbrechen, komme ich mit.«
»Dieses Haus ist kein Gefängnis. Wenn du aufbrechen möchtest, bist du frei zu gehen. In ein paar Tagen ist es so weit. Triff deine Vorbereitungen und nutze die Zeit bis dahin, dich auszuruhen. Es ist eine lange Reise.«
Giovanna war erleichtert. Sie hatte zu lange gezögert, mit Berengaria zu sprechen, und zu viel Zeit verstreichen lassen.
Und wenn sie Bianca und Lorenzo trotz allem niemals wiedersehen würde? Darüber wollte sie nicht nachdenken und nahm sich vor, ihrer inneren Stimme nicht zu gestatten, Zweifel zu säen.
S ie ritt eines der edlen Pferde, das Sultan al-Kamil dem Kaiser geschenkt hatte, einen Schimmel mit einer wundervollen Mähne, die ihm in Wellen tief über den perfekt geschwungenen Hals fiel. Nicht weit vor ihr sah sie Friedrich auf seinem Streitross. Sein rötlich blondes Haar leuchtete in der Sonne, auf seinem Kopf trug er eine Krone, die wie ein breiter Haarreif Stirn und Hinterkopf umschloss und mit kostbaren Edelsteinen besetzt war.
Sein Umhang, der bis über den Rücken des Pferdes reichte, war von einem strahlenden Rot, der Saum mit Gold bestickt. Vor der Brust wurde der Umhang von einer goldenen Brosche gehalten. Darunter trug der Kaiser ein Gewand, das bis zu seinen Füßen ging und ebenso wie der Umhang aus wertvoller Seide gearbeitet war. Das Gewand war reich verziert und mit Goldfäden bestickt.
Doch nicht nur der Kaiser war prächtig gekleidet, sein ganzer Hofstaat trug die
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