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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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zum Stehen, und einer von ihnen ergriff eine Fanfare. Heinrich beobachtete, wie immer mehr Männer sich um die Reiter versammelten. Trotz seiner Müdigkeit erhob er sich und kam neugierig näher. Es musste sich um hochinteressante Neuigkeiten handeln, denn sonst würden keine berittenen Boten zu den Kreuzfahrern eilen. Er hatte die ersten Worte der ausgerufenen Nachrichten verpasst und wandte sich deshalb an seinen Nachbarn.
    »Was ist passiert?«
    »Wir können die Schwerter mit einem Pflug vertauschen.«
    »Wie bitte?«
    »Der Kreuzzug ist beendet.«
    »Seid Ihr sicher?«, fragte Heinrich.
    »Aber ja, Mann, er hat es doch eben ausgerufen.«
    »So haben sich der Kaiser und der Sultan geeinigt?«
    »Scheint so. Jerusalem wird geräumt und uns übergeben.«
    »Uns?«
    »Den Christen.«
    »Und es herrscht Waffenstillstand?«
    »Es herrscht Frieden.«
    »Ich dachte«, entgegnete Heinrich süffisant, »dass wir alle ins Heilige Land gezogen sind, um die Muslime das Fürchten zu lehren.«
    »Ein Sieg ohne Blut ist ein besserer Sieg.«
    »Wie man es nimmt«, murmelte Heinrich, aber zumindest musste er zugeben, dass durch diese Entwicklung seine Suche nach Bianca tatsächlich einfacher werden würde.
    »Der Kaiser wird nach Jerusalem ziehen«, rief der Bote, und die Fanfare erklang, als wollte sie die Kraft dieser Aussage verstärken.
    »So ist Eure Rechnung also aufgegangen«, sagte der Mann in Schwarz, der sich inzwischen zu Heinrich gesellt hatte.
    »Gut kalkuliert.«
    »Wann brechen wir auf?«
    »Wir warten, bis alle fort sind, und reiten dann nach Jerusalem.«
    »Macht das wirklich Sinn? Sollten wir nicht besser an der Küste bleiben und südwärts ziehen? Nach Ägypten?«
    »Warum unsere Pläne ändern? Frieden bedeutet, sie tauschen die Gefangenen aus.«
    »Was hat das mit uns zu tun?«
    »Nun, vielleicht kommt auch der eine oder andere Sklave frei. Auf jeden Fall werden jetzt alle nach Jerusalem ziehen.«
    »Und wenn Euch jemand erkennt?«
    »Es bleibt immer ein Risiko. Aber ich glaube nicht, dass der Kaiser in seinem Siegestaumel Augen für einen unbedeutenden deutschen Baron hat. Auf Zypern, ja. Da war er wachsam, weil er einen Kreuzzug plante. Jetzt herrscht Frieden. Das gilt doch wohl auch für uns, oder?«
    Heinrich von Passau drehte sich um und ging gemächlich zu seinem Lager zurück. Trotz der Schrecken der christlichen Seefahrt bereute er es nicht, ins Heilige Land gesegelt zu sein. Nicht mehr. Denn inzwischen war er sich sicher, dass er ganz kurz davorstand, seinen Auftrag zu erfüllen. So dicht davor, dass er Biancas Anwesenheit fast körperlich zu spüren glaubte.
    Jerusalem. Ein mystischer Ort. Und genau dort würde er seinem Ziel einen großen Schritt näher kommen. Sein Jagdinstinkt war zurück, und seine Beute konnte nicht mehr weit sein.

H ier unten waren die Wände feucht, und es roch nach Moder und Schimmel. Die kleine Fackel beleuchtete kaum den Weg, und Manfred musste seine Schritte langsam und tastend setzen, um nicht zu stolpern. Seit er sich sicher war, dass der Burgvogt Wolfelin seine Bücher zwar nach außen sauber führte, doch klammheimlich mehr oder weniger große Summen abzweigte, war er auf der Suche nach dem geheimnisvollen Schatz. Irgendwo musste Wolfelin die Truhen versteckt haben, und die beste Möglichkeit dazu bot immer noch die Pfalz selbst.
    Manfred hatte einen der Pläne der Grafen von Egisheim gefunden, die einst mit dem Bau der Festung Haguenau begonnen hatten, und arbeitete sich mit dessen Hilfe immer weiter in die Eingeweide der Pfalz. Ohne den Plan wäre er schon mehr als einmal hoffnungslos verloren gewesen, denn die Gänge und Fluchten bildeten ein dunkles Labyrinth, das einen Mann, der sich verirrte, das Leben kosten konnte.
    Es war eiskalt hier unten, und er musste an den Schneesturm in den Alpen denken. Den ganzen Sommer über und auch während des lauen Herbstes war es ihm gelungen, die Schrecken jener Nacht aus seinen Gedanken zu verbannen, doch jetzt im Winter lag auch im Elsass Schnee, und er wurde wieder an den schmerzhaften Verlust seiner beiden Zehen erinnert. Vor fast genau einem Jahr waren in der eisigen Dunkelheit am Alpenpass seine Füße erfroren, und er konnte sich glücklich schätzen, dass ihm lediglich zwei Zehen abgenommen worden waren.
    Er ging vorsichtig weiter, und das Gewölbe wurde schmaler und war inzwischen so niedrig, dass er den Kopf einziehen musste. Er zweifelte, dass ihn dieser Gang an irgendein Ziel bringen würde, als er einen weiteren

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