Die Maetresse des Kaisers
Heer?«
Karim atmete tief durch und blickte seinem Kaiser in die hellen Augen.
»Wir müssen mit einer Seuche rechnen.«
Friedrich erschrak, blieb aber – wie so oft – äußerlich gelassen.
»Eine Seuche«, wiederholte er. »Seid Ihr sicher?«
»Ja«, sagte Karim mit fester Stimme. »Alles deutet darauf hin. Die Krankheit beginnt mit Kopfschmerzen, die sich schnell zu rasender Pein steigern. Arme und Beine werden schwer, die Kranken fühlen sich schlaff. Dann kommt das Fieber. Die Männer winden sich in Krämpfen, sie frieren in glühender Hitze. Ihr Schweiß durchtränkt ihre Kleidung, die Laken sind unablässig feucht. Sie leiden unter quälendem Durst und betteln nach Wasser. Nach wenigen Tagen sterben sie.«
Friedrich kannte die Schrecken des Fiebers. Er hatte oft genug gehört, dass die feuchten Sumpfgebiete im Sommer eine tödliche Gefahr sein konnten. Selbst der Papst in Rom fürchtete sich vor der Krankheit, die aus den Tibersümpfen emporstieg. Einer seiner Vorgänger, Gregor V., war an dem Fieber gestorben. Der Kaiser wusste, dass Panik nicht angebracht war, und wandte sich ruhig an seinen Leibarzt.
»Also, Karim, was schlagt Ihr vor?«
»Federico, meine größte Sorge gilt Euch und Eurer Gemahlin. Isabella sollte nicht länger in Brindisi bleiben. Ihr selbst übrigens auch nicht.«
Isabella. Vor zwei Jahren hatte er die Tochter des Königs von Jerusalem geheiratet, damals ein dreizehnjähriges Mädchen, das ihn, den einunddreißigjährigen erfahrenen Mann, fürchtete und hasste. Nicht ganz zu Unrecht, wie er sich selbst eingestehen musste. Die Heirat war über Isabellas Kopf hinweg verhandelt worden – ein politisches Kalkül, gewünscht vom damaligen Papst Honorius III . ebenso wie vom Kaiser selbst.
Wenn Friedrich an die Hochzeitsnacht dachte, schauderte ihm. Die Ehe musste vollzogen werden, und er hatte Isabella zwingen müssen, mit ihm zu schlafen. Seitdem mied er seine Frau, so gut es ging, verbrachte selten eine Nacht bei und mit ihr, obwohl er wusste, dass der Hof auf einen Erben aus dieser Ehe wartete. Was er für Isabella empfand, war eine Mischung aus Mitleid und Gleichgültigkeit. Dieses Mädchen war eine dynastische Pflicht – und sonst nichts.
Wie anders waren seine Gefühle gegenüber seiner ersten Frau Konstanze gewesen. Als sie vor vier Jahren starb, wusste er, dass er eine gute Freundin und eine kluge Ratgeberin verloren hatte.
Friedrichs Gedanken kehrten zu Isabella zurück, und er seufzte leise. Er war es leid, aus dynastischen Gründen zu heiraten. Er sehnte sich nach einer Frau, die ihn voll und ganz verstand, die nicht nur den Kaiser, sondern den Mann in ihr Bett ließ.
Manchmal, wenn er nachts die Sterne beobachtete, wünschte er sich eine Frau, die ihm ebenbürtig war, stark und mutig, sanft und klug. Träum weiter, sagte er sich dann und beschloss, seiner Lieblings-Sarazenin im Harem einen Besuch abzustatten. Besser eine handfeste Ablenkung als unerfüllte Sehnsüchte.
Seine derzeitige Favoritin war eine Schönheit aus Syrien – und die Kusine und Brautjungfer seiner Frau Isabella. Ausgerechnet auf seiner Hochzeit hatte sich Friedrich in diese Frau verliebt. Vor allem sein Schwiegervater Johann von Brienne fand vor Empörung kaum Worte, aber das wenige, was er Friedrich zu sagen hatte, brüllte er voller Zorn heraus. Friedrich war allerdings weit davon entfernt, sich von Regeln der Etikette beeinflussen zu lassen. Und wenn es sich um Liebesabenteuer handelte, tat er ohnehin nur das, was sein Gefühl ihm diktierte.
Den Harem leistete er sich seit vielen Jahren, eine, wie er fand, sehr angenehme Erfindung der muslimischen Sultane, von denen er nicht nur in erotischer Hinsicht viel gelernt hatte. Friedrich war der Ansicht, dass jeder Herrscher, egal, ob Heide oder Christ, einen Harem haben sollte. Möglich, dass ihm der eine oder andere Fürst insgeheim recht gab, offiziell jedoch stand er mit dieser Meinung allein. Und bot besonders dem Papst eine willkommene Angriffsfläche.
Der Kaiser nickte Karim zu. »Ihr habt freie Hand, was Isabella betrifft. Lasst sie nach Otranto bringen, da ist sie in Sicherheit.«
»Und Ihr, mein Kaiser?«
»Ich bleibe.« Friedrich hob die Hand, um jeden weiteren Kommentar von Karim abzuschneiden.
»Das ist Wahnsinn«, flüsterte Karim. »Das Risiko, das Ihr eingeht, ist zu hoch. Was, wenn auch Ihr am Fieber erkrankt?«
»Das darf eben nicht passieren. Haltet alle Gegenmittel, die Ihr habt, bereit.«
»Gegenmittel?«,
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