Die Maetresse des Kaisers
Assisi dort ein bedeutendes Kloster gestiftet, und seit der englische König Richard Löwenherz vor fast dreißig Jahren Akkon von den Muslimen zurückerobert hatte, galt der Hafen als Hauptstadt des Königreichs Jerusalem.
Und wer, kombinierte der deutsche Baron, war seit seiner Heirat mit Isabella von Brienne König von Jerusalem? Richtig, Kaiser Friedrich, der vielleicht tot war, vielleicht aber auch nur schwerkrank die Flotte verlassen und zurücksegeln musste.
Heinrich von Passau schmunzelte und gestattete sich einen Augenblick des Stolzes. In Sachen Logik konnte er es mit jedem debattierfreudigen Benediktinermönch aufnehmen. Weder mit Worten noch mit Waffen trieb man ihn in die Ecke. Er war sich fast sicher, dass der Thüringer Hermann von Salza, den er übrigens flüchtig kannte, kein anderes Ziel an der Küste Palästinas wählen würde. Und was die Piraten anging, die überfielen zwar immer wieder Handelsschiffe, aber schwerbewaffnete Kreuzritter waren ein Gegner, den man wesentlich ernster nehmen musste.
Um die Galeeren der Kreuzfahrer segelten sie lieber einen großen Bogen und hüteten sich, ihre Freibeuterflagge zu hissen. Nein, Bianca und Lorenzo waren sicher nicht den gefürchteten Sklavenhändlern auf See in die Hände gefallen. Viel wahrscheinlicher war, dass sie sich wohlbehalten Palästina näherten, sich vor ihren Verfolgern in Sicherheit wähnend.
Der Mann in Schwarz neigte sich zu Heinrich von Passau und sah ihn fragend an. »Ist unsere Arbeit nun getan oder nicht. Entscheidet Euch, ansonsten verlange ich meinen Lohn.«
»Unsere Arbeit ist erst dann getan, wenn Enzio Pucci seine mörderische Gräfin zurückbekommen hat. Im Übrigen hat er nichts dagegen, wenn auch wir vorher unseren Spaß mit der Dame haben.«
»Sosehr mich das Angebot lockt, es sind vage Aussichten.«
»Dann sehe ich hoffnungsfroher in die Zukunft.«
»Die Jagd ist nicht abgebrochen?«
»Die Jagd ist nicht abgebrochen.«
»Wir stechen in See?«
»Wir stechen in See.«
Der Mann in Schwarz warf dem Deutschen einen eisigen Blick zu. Er hasste es, wenn ihn jemand zum Narren halten wollte, und Heinrichs süffisante Wiederholungen hatten eine ähnliche Wirkung auf ihn wie ein störrisches Pferd oder eine tugendhafte Frau, die es wagte, ihn abzuweisen – sie stellten seine Beherrschung auf eine harte Probe.
War sein Zorn erst einmal entfacht und hatte zu lodern begonnen wie ein Feuer, das gut geschürt wird, so fiel es ihm schwer, ihn unter Kontrolle zu halten. Das Leben eines Mannes zählte nicht viel für ihn, das einer Frau noch weniger. Wer ihn herausforderte, spielte, ohne es zu ahnen, mit seinem Schicksal.
»Und welches Schiff nehmen wir?«, fragte er und legte so viel Sarkasmus wie möglich in seine Stimme. Durch den Aufbruch der Kreuzritter hatte sich der Hafen von Brindisi geleert, und nur noch wenige Boote dümpelten in dem schmutzigen Wasser.
»Überlasst das mir«, sagte Heinrich von Passau energisch. »Gehen wir. Die holde Bianca hat uns lange genug zum Narren gehalten. Höchste Zeit, dass wir Enzios Auftrag erfüllen und ihm seine Braut zurückbringen. Wie ich ihn kenne, wird er seine Ungeduld kaum zu zügeln wissen.«
Der Mann in Schwarz folgte ihm zurück in die Stadt. An der Kirche trennten sich ihre Wege. Während Heinrich bei den großen Tuchhändlern die nächste Schiffspassage Richtung Palästina ausfindig machen wollte, trat der Schwarzgekleidete in ein nahe gelegenes Wirtshaus ein. Er war kein Freund vieler Worte, und sein Mund fühlte sich vom Reden trocken an. Er orderte einen Wein und hoffte, dass die Keller tief und die Wände dick genug waren, um die Getränke einigermaßen kühl zu halten.
Der Auftrag, auf den er sich da eingelassen hatte, wurde ihm allmählich lästig. Die Gräfin Lancia schien anfangs eine leichte Beute, der Lohn, den ihm Heinrich von Passau versprochen hatte, schnell verdient. Doch schon seit Wochen jagten sie hinter dieser Frau her, und immer wieder war sie ihnen entkommen. Und nun wollte der deutsche Baron, der sich in die Verfolgung verbiss wie ein tollwütiger Hund, auch noch nach Palästina segeln.
Hölle und Teufel. Eine solche Reise war nicht ausgemacht gewesen.
Andererseits, dachte der Mann in Schwarz, ist alles auf dieser Welt eine Frage des Preises. Und der hatte sich soeben verdoppelt.
V on See aus betrachtet, unterschied sich die Insel nicht von all den anderen, an denen sie während ihrer Reise vorbeigesegelt waren. Karge Felsen, die von der Sonne
Weitere Kostenlose Bücher