Die Maetresse des Kaisers
Stirn.
»Mein Erstgeborener regiert im Deutschen Reich als König und sorgt bei seinem Vater für nichts als Verdruss. Ihr werdet sehen, Karim, Heinrich wird sich dort oben im Norden in Schwierigkeiten bringen. Ich hätte seine Erziehung besser überwachen und dies nicht den deutschen Grafen überlassen sollen.«
»Euer Sohn, Federico, ist noch jung und unerfahren.«
»Ich habe ihn zum König gemacht. Und zum Dank hetzt er die deutschen Barone gegen mich auf.« Friedrich stieß einen unterdrückten Fluch aus. »Verdammtes Fieber. Die Krankheit kommt zum ungelegensten Zeitpunkt.«
»Jede Krankheit kommt ungelegen, Federico«, beschwichtigte Karim. »Und was Euren Sohn in Deutschland angeht, wartet in Ruhe ab. Geduld ist die Tugend weiser Männer. Und ich bin sicher, die deutschen Barone sind besonnen genug, um sich nicht von einem jungen König in einen Streit mit dem mächtigen Kaiser ziehen zu lassen. Denkt jetzt nur an Eure Gesundung.«
»Vielleicht sollte ich wirklich auf Euch hören, Karim, auch wenn es mir schwerfällt.«
An der Tür war ein leises Klopfen zu hören, und Karim sah den Kaiser fragend an. »Erwartet Ihr Besuch?«
Friedrich schüttelte den Kopf, doch es klopfte erneut, diesmal deutlich drängender.
»Seht nach, wer es wagt, mich zu stören.«
Karim ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Draußen stand der Leiter der kaiserlichen Kanzlei, dem es sichtlich unangenehm war, den kranken Kaiser ausgerechnet jetzt zu belästigen.
»Karim an-Nasir«, sagte er hastig, »ich weiß, es ist nicht der richtige Moment für Amtsgeschäfte, aber dieses Schreiben duldet keinen Aufschub.« Er machte eine kurze Pause. »Es kommt aus Rom.«
Karim warf einen Blick auf die aufwendig versiegelte Schriftrolle und erkannte im selben Moment das Siegel des Papstes. Er sah den Kanzleivorsteher aus schmalen Augen an.
»Ihr wisst doch, dass der Kaiser die Regierungsgeschäfte noch nicht wieder aufgenommen hat. Seine Genesung ist noch nicht vollständig.«
»Ja, ja«, gab der kaiserliche Beamte unwillig zu. »Aber versteht doch, das Schreiben stammt von Papst Gregor. Nur der Kaiser darf es öffnen.«
»Die Bedeutung Eures Papstes ist mir sehr wohl bekannt«, entgegnete Karim süffisant, dem die Skepsis des Beamten nicht entgangen war, ob ein Sarazene sich der Wichtigkeit dieses Schreibens überhaupt bewusst sein konnte.
»Karim?«
Die schwache Stimme des Kaisers beendete den aufkeimenden Streit der beiden Männer. Karim drehte sich um und ging ein paar Schritte auf den Kaiser zu.
»Federico, Euer oberster Beamter bringt ein Schreiben aus Rom, das keinen Aufschub duldet.«
»Und warum zögert Ihr dann noch? Gebt es mir auf der Stelle.«
Aus Friedrichs Worten war jeder Hauch von Müdigkeit verschwunden. Er stützte sich auf seinen linken Ellbogen und streckte die rechte Hand nach dem päpstlichen Schriftstück aus.
Karim nahm die Schriftrolle von dem erleichterten Kanzleivorsteher entgegen, drehte sie vorsichtig in seinen Händen und reichte sie dem Kaiser. Dann wandte er sich zur Tür.
»Bleibt, Karim. Schickt Gregor mir etwa päpstliche Genesungswünsche? Oder will er mich abermals ermahnen, einen sittlichen Lebenswandel zu führen.«
Trotz des scherzhaften Tons konnte Karim Besorgnis aus der Stimme des Kaisers heraushören. Papst Gregor war ein Gegner, den man nicht unterschätzen durfte. Seine Ränkespiele waren von einer perfiden List, und zu spät erkannten die meisten seiner Opfer, in welche Fallen sie getappt waren.
Karim fügte sich in den Wunsch Friedrichs, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete wortlos, dass der Kaiser das päpstliche Siegel brach.
Friedrich überflog die lateinischen Eingangsfloskeln und versuchte in wenigen Augenblicken den Kern der päpstlichen Worte zu erfassen. Als er den Text ein zweites Mal las, formten seine Lippen die Worte stumm mit. Dann senkte er für einen Moment den Kopf.
Karim wagte es nicht, die beklemmende Stille zu unterbrechen. Der Kaiser rührte sich nicht, nicht einmal seine Hände zitterten, aber als er aufsah, war sein Gesicht aschfahl.
»Schlimme Nachrichten?«, fragte Karim leise.
»Die schlimmsten.«
Karim hielt den Atem an.
»Ich bin exkommuniziert, mein Freund. Ausgestoßen aus der Gemeinschaft der Christen.« Friedrich entfuhr ein bitteres Lachen. »Karim, der Kaiser ist vogelfrei.«
D er Mann in Schwarz stand am Kai und starrte auf das glitzernde Wasser. Er hatte die Stadt von Osten nach Westen und von Norden nach Süden
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