Die Maetresse des Kaisers
antwortete nicht, und Manfred beugte sich zu ihm hinunter, um ihm ins Gesicht zu sehen. Seine Lippen waren blau, seine Augen starrten Manfred leblos an.
Der Mann war tot.
H einrich von Passau stand an der Leeseite der Kogge, hielt sich krampfhaft an der Reling fest und spuckte sein Mittagessen aus altbackenem Brot, gekochtem Fisch und grünen Oliven ins Meer. Seit er dieses Schiff betreten hatte, war ihm übel. Sein Magen rebellierte jedes Mal, wenn er auch nur versuchte Nahrung zu sich zu nehmen. Selbst Wasser, vermischt mit etwas stärkendem Wein, konnte er kaum bei sich behalten.
Heinrich spürte, dass er schwächer wurde und langsam, aber sicher seine ganze Kraft aus seinem Körper würgte. Dass er heute überhaupt etwas gegessen hatte, lag an dem Drängen des Mannes in Schwarz, der die Überzeugung vertrat, das Beste gegen Seekrankheit sei ein gut gefüllter Magen. Nur so, meinte er, könne ein Mann den taumelnden Horizont vor seinen Augen ertragen. Heinrich hielt diese Meinung für den Auswuchs einer grausamen Phantasie, sah aber ein, dass er ohne Wasser und Nahrung verloren sein würde.
Niemand in seiner weitverzweigten Familie fuhr zur See, und er wusste inzwischen auch, warum. Die schlingernden Bewegungen des Schiffes, das nie enden wollende Schaukeln drehten einem Mann, der lieber festen Boden unter den Füßen spürte, die Eingeweide von innen nach außen. Er bereute inzwischen, diese Reise angetreten zu haben. Er hätte in Brindisi bleiben und später dann zu Enzio zurückkehren sollen.
Bianca im Heiligen Land zu finden war und blieb eine vage Aussicht. Der Mann in Schwarz hatte recht gehabt, sie konnte überall sein. Aber vermutlich, malte er sich in seinen dunkelsten Momenten aus, würde er vorher ohnehin an der Seekrankheit krepieren. Es war sein verdammter Ehrgeiz, der ihn über das Meer trieb. Es war nicht das erste Mal, dass sich Heinrich in scheinbar aussichtslose Unternehmen verbissen hatte. Allerdings, das erkannten selbst seine Gegner an, manchmal auch mit spektakulären Erfolgen, auf die niemand mehr gewettet hätte.
So war es ihm mit viel diplomatischem Geschick gelungen, Widersacher gegen die Pläne des Kaisers zu finden, seinen Sohn Heinrich, König von Deutschland, mit einer französischen Prinzessin zu verheiraten. Friedrichs Wünsche wurden erfolgreich vereitelt, Heinrich ehelichte am Ende Margarethe, eine Tochter des Herzogs Leopold von Österreich. Aus verständlichen Gründen zählte er seitdem nicht mehr zu den Verbündeten des Kaisers, war aber auch Friedrichs Zorn bislang entgangen.
Eine neue Welle der Übelkeit überrollte ihn, begleitet von heftigen Magenkrämpfen. Er brauchte seine letzten Kraftreserven, nicht in einer unerwarteten Wellenbewegung den Halt an der Reling zu verlieren und kopfüber von Bord zu fallen.
Dabei war die Abreise in Brindisi zunächst ausgesprochen glücklich verlaufen. Er hatte ohne Probleme eine Kogge venezianischer Händler gefunden, die auf dem Weg nach Limassol auf Zypern waren und dann Kurs auf Beirut nehmen wollten. Dort herrschte die mächtige und reiche Familie des Johann von Ibelin, die auch auf Zypern großen Einfluss hatte.
Die Ibelins waren keine Freunde des Kaisers, und Heinrich von Passau hoffte, dass er in Beirut die nötige Hilfe und Unterstützung für sein weiteres Vorgehen finden würde. Unter anderem wurde sein Vorrat an Münzen langsam knapp, und er war dringend darauf angewiesen, einen wohlmeinenden Kreditgeber zu finden. Die Ibelins hatten nicht nur unermessliche Reichtümer in Palästina angehäuft, sie galten auch als äußerst hilfsbereit, wenn es darum ging, eigene Machtpositionen gegen die des Kaisers auszuspielen. Durch sein geschicktes Taktieren in Deutschland konnte sich Heinrich bei den Ibelins durchaus als Verbündeter, vielleicht sogar als Freund vorstellen.
Die venezianischen Händler in Brindisi waren ohne Umstände bereit gewesen, Passagiere mitzunehmen. Vorausgesetzt natürlich, die Bezahlung stimmte, und der deutsche Baron hatte fast den gesamten Rest seiner Goldstücke für die Passage nach Beirut via Zypern ausgegeben. Noch am selben Tag waren er und der Mann in Schwarz an Bord gegangen, jedoch nicht ohne zuvor einen berittenen Boten mit einer Nachricht an Enzio Pucci zu schicken. Auch das war eine kostspielige Angelegenheit, und hinzu kam noch die gestiegene Honorarforderung seines Begleiters.
Dass der Mann in Schwarz urplötzlich den Preis für seine Dienste erhöht hatte, wunderte Heinrich allerdings
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