Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Croschs Mutter bei mir und hat ihre Aussage zurückgezogen. Sie gab sich alle Mühe, überzeugend zu wirken, aber ich habe den Hilfeschrei in ihren Augen gesehen.« Gülich nahm den Hut vom Kopf und blies den Staub aus der Feder.
»Glaubst du, sie haben sie in ihrer Gewalt?«
»Das kann ich nicht sagen. Aber überleg doch mal! Sie ändert sicher nicht ohne Grund die Meinung über ihren Gemahl und lobt ihn plötzlich als rechtschaffenen Mann.«
»Aber warum bist du nicht eingeschritten? Warum hast du dich nicht vor Ort davon überzeugt, dass alles mit rechten Dingen zugeht?«
»Soll ich etwa wie ein Dieb in das Haus eindringen? Du weißt, dass ich mir solche Manöver nicht leisten kann.«
Iven wusste nicht mehr, was er denken sollte. Alena war sicher nicht aus Liebe zu Crosch zurückgekehrt, davon war er überzeugt. Etwas Furchtbares war geschehen. Er musste nach ihr sehen, gleichgültig, was er geschworen hatte. Ihr Leben war in Gefahr, das spürte er. Rastlos trat er von einem Bein auf das andere.
Gülich setzte den Hut wieder auf. »Ach übrigens, ich bin auch gekommen, um das Verwalterehepaar zu einer Anhörung vorzuladen. Und am Tag nach Mariä Himmelfahrt wird eine neue Beschauung bei dir durchgeführt.«
So lange konnte Iven nicht warten. Noch heute würde er sich auf den Weg zu Alena machen. Sofort. »Ich begleite dich bis vor die Mauern der Stadt. Du wirst mir neue Kleider besorgen, damit ich ungehindert das Tor passieren kann.«
Ein Blick in Ivens entschlossenes Gesicht genügte, um Gülich ahnen zu lassen, dass ihm keine Wahl blieb, wollte er den Freund nicht verlieren. »Mach bloß keine Dummheiten! Hörst du?« Gülich erhob sich von der Bank und zog eine Papierrolle aus seinem Bündel. »Warte noch einen Augenblick! Die hier ist für das Verwalterehepaar.«
Ungeduldig schaute Iven Gülich hinterher. Nachdem Elsgen die Tür geöffnet hatte, schien das Gekeife kein Ende zu nehmen. Wild gestikulierte sie mit den Händen und ging Gülich fast an die Gurgel. Nach einer Weile lüftete er den Hut und ließ Elsgen stehen. Die Verwalterin trat laut schimpfend den Rückzug in ihr Haus an und knallte die Tür so heftig zu, dass der Rahmen erzitterte.
»Puh, die hat tatsächlich Haare auf den Zähnen.« Gülich blies die Wangen auf. »Lass uns verschwinden!«
29. K APITEL
A lena ordnete ihr Haar und steckte die Kämme fest. Auf leisen Sohlen war sie am frühen Morgen in ihre alte Kammer geeilt. Wie an den glatten Laken zu erkennen war, hatte auch Gotthardt die Nacht nicht dort verbracht. Es war ihr gleichgültig. Sollte er sich doch zu einer Hure legen, dann hatte sie wenigstens Ruhe. Ihr Blick schweifte durch die Kammer, in der sie sich längst nicht mehr zu Hause fühlte. Vielleicht würde sie später die Kammer neu einrichten. Doch solange Mergh und Gotthardt ihre gerechte Strafe nicht erhalten hatten, musste sie sich gedulden.
Von der Gasse her drang Stimmengemurmel, das die herannahenden Bauersleute ankündigte. Es dauerte nicht lange, bis Mettels Flüche zu hören waren. Alena erhob sich und trat ans Fenster. Wie stets laut schimpfend, stapelte die Kappesbäuerin die Kohlköpfe auf den Karren. Wieder einmal waren sie hinunter in den Dreck gerollt.
Sie hatte Mettel Unrecht getan, als sie ihr vorgeworfen hatte, Gabriel dem Kirchenmann überlassen zu haben. Zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte Alena die Stiegen hinunter, trat auf die Gasse und half Mettel, den Kohl auf den Karren zu laden.
»Verschwinde! Geh in dein feines Haus! Ich schaffe das allein«, polterte Mettel los.
»Hör mir zu, bitte!« Alena wischte sich verlegen eine Strähne aus der Stirn. »Es war nicht recht von mir, dich zu beschuldigen, du hättest Gabriel dem Geistlichen ausgeliefert. Ich war so durcheinander. Die Sorge um meinen Sohn hat mich fast um den Verstand gebracht.«
»Habe ich dir nicht gesagt, dass dein feiner Herr ihn geholt hat? So war es doch, oder? Den Pater habe ich im Griff, seit Jahren schon, aber das wolltest du mir nicht glauben.«
Alena blickte zu Boden. »Ja, du hast recht«, bekannte sie zerknirscht. »Kannst du mir dennoch verzeihen? Ich werde dir für deine Hilfe ewig dankbar sein.«
Die Bäuerin schob die Unterlippe vor und wiegte leicht den Kopf.
»Ich werde es wiedergutmachen, ich versprech’s. Aber im Augenblick habe ich andere Sorgen. Es ist nicht alles so, wie es vielleicht scheint.« Alena blickte sich unsicher um. »Ich muss Gabriel weiterhin verstecken, auch vor meinem Gemahl.«
»Ja, es
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