Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
können.
Die Schwiegermutter tobte und zeterte wie eine Furie. Dann verschwand sie und kehrte kurz darauf mit einem Nachttopf in der Hand zurück. Ihr Blick schoss tausend Pfeile auf Alena. »Du faules Suppenhuhn! Nicht einmal die Nachttöpfe hast du heute geleert. Hier! Sieh!« In hohem Bogen schleuderte Mergh das Nachtgeschirr die Treppe hinunter. Änni und Alena sprangen zur Seite, um dem Topf auszuweichen. Der flüssige Inhalt spritzte umher und verteilte sich auf den Holzdielen.
»Saubermachen! Aber mit der Scheuerbürste, wenn ich bitten darf!«, herrschte Mergh die Freundinnen an, drehte sich auf dem Absatz um und kehrte, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, in ihr Schlafgemach zurück.
Der Gestank, der sich vor ihren Füßen ausbreitete, ließ Alena würgen. Nie und nimmer würde sie dieses eklige Zeug wegwischen können.
Auch Änni schien die Sprache verloren zu haben. Stumm blickte sie auf die braune Brühe.
»Änni, sag, dass das nicht wahr ist. Bitte!« Alena kämpfte mit den Tränen.
Endlich fand die Magd Worte. »Ich werde mich darum kümmern. Schließlich bin ich die Magd und nicht du.«
»Nein!«, schallte Merghs Stimme aus dem Obergeschoss. »Du staubst die Bilder ab. Alena wird das allein aufwischen. Hast du verstanden?«
»Das wird sie bereuen, glaub mir!«, fauchte Änni leise und zog sich zurück.
Alena blieb allein auf der Stiege zurück. Doch alles Jammern half nicht, sie musste den Dreck beseitigen. Also holte sie einen Eimer mit Wasser und begann mit der Arbeit. Während sie mit einem Lappen den Kot aufwischte, atmete sie durch den Mund, um dem Gestank zu entkommen. Dennoch drängte sich der Mageninhalt in ihre Kehle. Mit eisernem Willen kämpfte sie den Brechreiz nieder, und nach einer Weile war von den Flecken nichts mehr zu sehen. Die Übelkeit jedoch blieb.
Erschöpft trat Alena in den Garten und leerte den Eimer. Dankbar atmete sie den schweren Duft der Äpfel ein und spürte, wie sich allmählich Erleichterung einstellte. Sie warf Eimer und Lappen in den Schuppen, setzte sich in das hohe Gras und dachte an Änni. Wie froh sie doch war, die Freundin um sich zu wissen. Mit Änni an der Seite war das Leben unter Gotthardts und Merghs Fuchtel immerhin ein wenig erträglicher.
Alenas Magen rebellierte aus heiterem Himmel und gab in einem Schwall seinen Inhalt wieder. Sie wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und starrte in den Nachttopf. In den letzten zwei Wochen hatte Änni sie Morgen für Morgen gefragt, ob ihr übel sei.
Nun war es wohl so weit. Gestern hatte Alena noch ein leichtes Ziehen im Unterleib verspürt, so, als würde ihre monatliche Blutung einsetzen. Doch nichts war geschehen. Aber dass sich ein Kind bei ihr eingenistet haben könnte, wollte Alena nicht so recht glauben. Ihr Herz krampfte sich zusammen, und sie schlüpfte wieder unter die Bettdecke.
Ratlos legte sie die Hand auf ihren Bauch. Was sollte sie denn mit einem so kleinen Bündel anfangen? Sie wusste nicht einmal, wie man ein Kindlein versorgte. Sie strich über ihre Brüste und betastete die Warzen. Dass dort Milch hinausfließen sollte, konnte Alena sich nur schwer vorstellen.
Ihr Magen krampfte sich erneut zusammen. Hastig sprang sie aus dem Bett, schaffte es gerade noch zur Waschschüssel und erbrach sich ein weiteres Mal. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so hundeelend gefühlt. Auf wackeligen Beinen stolperte sie zurück ins Bett. Vielleicht hatte sie sich ja auch nur den Magen verdorben.
Plötzlich öffnete sich die Tür einen Spalt, und Ännis weiße Haube kam zum Vorschein. Die Magd schob den Kopf durch den Spalt. »Du bist spät dran, Leni. Was ist denn mit dir?«
»Mir geht es nicht gut. Ich will im Bett bleiben.« Alena zog sich die Decke über den Kopf.
Ännis Schritte hallten durch das Zimmer, und mit einem Ruck zog sie die Bettdecke beiseite. »Was meinst du damit? Was hast du denn?« Die Magd sah sie mit großen Augen an.
»Mir ist speiübel.« Bei diesen Worten meldete sich Alenas Magen erneut. Doch es gab nichts mehr, das sie hätte ausspucken können.
Änni grinste wissend. »Wir bekommen wohl ein Kind, Leni. Ist das nicht wundervoll?«
»Ich weiß nicht.« Alena hob den Kopf und stützte sich auf die Ellbogen. »Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Gotthardt hat sich schon länger nicht mehr in mir ergossen.«
»Wie? Hat er nun doch nicht mehr bei dir gelegen?«
»Schon, aber die letzten Male hat er versagt. Sein Ge…« Alena spürte, wie die Hitze der Scham
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