Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
in ihre Wangen kroch. Noch nie hatte sie mit ihrer Freundin so offenherzig gesprochen.
»Was soll das heißen?« Ännis Augen weiteten sich. »Los, erzähl schon.«
Alena atmete tief durch und nahm allen Mut zusammen. »Gotthardts Männlichkeit … Du weißt schon.«
»Ich weiß gar nichts. Woher auch? Habe ich etwa schon einmal bei einem Mann gelegen?«
Alena presste für einen Augenblick die Lippen zusammen, um gegen die Scham anzukämpfen. Sie wusste, dass Änni sich ahnungsloser gab, als sie tatsächlich war. Offenbar gierte die Freundin nach Einzelheiten, und Alena entschloss sich, ihr den Gefallen zu tun. »Sein … sein Glied wurde nicht hart genug. Er konnte nicht in mich eindringen.«
»Kein Wunder, dass er keine Kraft mehr hat, wenn er sich andauernd bei der Krämerin verausgabt. Wahrscheinlich rammeln die beiden wie die Karnickel.« Angewidert verzog Änni das Gesicht. »Wie lange ist es denn her, dass er noch konnte?«
Alena überlegte, wie viele Wochen seitdem vergangen waren. »Vor etwa einem Monat, in der Nacht, als dieser Sturm aufziehen wollte.« Bei der Erinnerung daran kroch ein eisiger Schauer über ihren Rücken.
»Na, das passt doch. Aber von welchem Sturm sprichst du? Seit Wochen hat es nicht mehr gewittert.«
»Ein Sturm, der keiner war«, entgegnete Alena und erzählte von dem Windstoß, der den Fensterladen aus den Angeln gehoben hatte. »Ich habe Angst, Änni. Da müssen Dämonen am Werk gewesen sein. Die Kappesbäuerin hat doch auch behauptet …«
»Ach, nun rede keinen Unsinn! Was sollen denn die Dämonen bei dir gewollt haben?«, versuchte Änni, sie zu beruhigen, doch der Blick der Magd verriet, dass auch ihr nicht ganz wohl bei der Sache war.
Das Gespräch hatte Alena die Übelkeit vergessen lassen, und nun umklammerte die Angst ihr Herz. »Was soll denn bloß werden, Änni? Wann sag ich es den anderen?«
»Warte erst noch etwas ab, bis wir ganz sicher sind.« Die Magd griff nach Alenas Hand und drückte sie. »Alles wird gut, Leni. Bald hältst du ein wunderhübsches Kind im Arm. Mit deinen Rehaugen und deinem seidigen, hellen Haar. Von Gottschreck wird es bestimmt nichts haben. Ach, ich freu mich so.«
»Ja, ich auch«, log Alena, um Änni nicht zu enttäuschen. Vielleicht war es ja wirklich nur ein harmloser Windstoß gewesen und kein Dämon, der den Fensterladen aus den Angeln gehoben hatte. Sie nahm sich fest vor, solche törichten Gedanken in der nächsten Zeit nicht mehr zuzulassen.
»Was macht die Übelkeit?« Änni lachte sie an.
»Weg, verflogen. Und jetzt habe ich Hunger.«
»Na also, dann komm.«
Alena ließ sich von Änni aus dem Bett ziehen und strich zaghaft über ihren Bauch. In ihrem Herzen jedoch saß wie ein Stachel die Angst.
An diesem Morgen spürte Mergh jeden ihrer alten Knochen. Die Knie schmerzten, und die Finger ließen sich kaum bewegen. Doch es half nichts. Sie musste zum Bürgermeister. Durch einen Boten hatte sie ihm ein Schreiben sowie ein Fässchen Butter zukommen lassen, und nun hatte er sich endlich bereit erklärt, sie zu empfangen.
Mergh bog den Rücken durch und fasste sich mit der Hand an den Po. Nur ein wenig warten, dann würde sich die Steifheit der Nacht schon geben. Nach dem Besuch beim Bürgermeister würde sie zur Abtei Sankt Pantaleon fahren, um den Kurfürsten aufzusuchen. Auch dort wollte sie nicht wie ein klappriges, altes Weib auftreten.
Mergh schaute zu dem Sack, den sie bereits gefüllt hatte. 600 Reichstaler für den Bürgermeister befanden sich darin. Dann glitt ihr Blick zu dem Tuch, bestickt mit Goldfäden, wert, einer Königin geschenkt zu werden. Die Bürgermeisterfrau würde entzückt sein. Das Geschenk für den Kurfürsten hing noch in der Vorratskammer. Ein köstlich duftender Schinken. Sie hatte in Erfahrung gebracht, wie sehr Maximilian Heinrich den weltlichen Genüssen zugetan war. Im Kloster würde er sicher vieles davon entbehren müssen.
Nachdem sie sich gewaschen hatte, tat Mergh noch etwas von ihrem Duftwasser hinter die Ohrläppchen und begab sich die Stiegen hinab, um zu frühstücken. Doch wie immer, wenn sie eine wichtige Angelegenheit zu erledigen hatte, ließ ihr Appetit zu wünschen übrig. Deshalb nahm sie nur einen Bissen von einem Wecken, wies Thomas an, die Gaben auf den Wagen zu laden, und machte sich eilig auf den Weg zu dem Haus des Bürgermeisters.
Die smaragdfarbene Seide raschelte bei jedem Schritt. Die Nase gen Himmel gerichtet, schritt Maria von Cronenberg voran in den
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