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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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verzog sich, während er nachzudenken versuchte. »Ich glaube, ich kann im Moment einfach nicht klar denken.«
    Nathaniel seufzte. »Natürlich nicht. Tut mir leid, dass ich dich so bedrängt habe.« Er stand auf. »Gut, Connor. Das ist im Moment alles. Wenn dir noch etwas einfällt, sag es mir.«
    »Ja, Sir. Es tut mir leid, Sir.«
    »Mir auch. Aber du darfst nicht verzweifeln; es ist immer noch möglich, dass er wieder gesund wird.«
    »Besteht denn noch Hoffnung?«
    »Bei Gott gibt es immer Hoffnung, auch wenn der Wundarzt ihm keine große Chance gibt. Ich habe nach einem Chirurgen geschickt, einem Freund meines Vaters. Bis er kommt, können wir nichts weiter tun als beten.«

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
26

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Töten im Duell längst ver­boten. Dennoch fanden Duelle noch bis Ende des 19. Jahrhunderts statt; allerdings kam es nur noch sehr selten zu einem tödlichen Ausgang.
    Caliburn Fencing Club
    Nathaniel hatte Mr Saxby den ganzen Tag nicht zu Gesicht bekommen, doch an diesem Abend tauchte er zu einem trübseligen Abendessen bei Nathaniel und Helen auf. Während des Essens fragte Nathaniel ihn nichts, doch als Helen sich entschuldigt hatte, um ins Krankenzimmer zurückzukehren, blieb Nathaniel noch im Esszimmer, während Lewisʼ Freund seinen Port trank.
    »Wissen Sie etwas über das Duell?«, fragte Nathaniel.
    Saxbys Augen blickten eiskalt. »Was sollte ich Ihrer Meinung nach darüber wissen?«
    »Haben Sie Lewis letzte Nacht, nachdem er den Ball verließ, gesehen?«
    »Nein.«
    »Wo ist er hingegangen, wissen Sie das?«
    Saxby zuckte die Achseln. »Es gibt nur eins, was Lewis aus einem Raum voller Damen locken kann: wenn irgendwo anders eine schönere – oder willigere – Frau auf ihn wartet.«
    In Nathaniel stieg schon wieder die Wut auf; Saxby musste es gesehen haben. »Kommen Sie, Nate, das war keine Beleidigung. Sie kennen Ihren Bruder doch genauso gut wie ich. Es ist nicht nötig, ihn heiligzusprechen, solange er noch atmet.«
    »Kennen Sie die Identität dieser schöneren Dame?«
    Saxby trank einen Schluck. »Niemand hat gesagt, dass sie eine Dame ist.«
    Nathaniel ballte die Hand zur Faust. »Dann sprechen wir also nicht von Miss Lyons?«
    Jetzt blitzte der Zorn in den Augen des anderen auf. »Nein, das tun wir nicht. Nicht, dass Lewis nicht versucht hätte, seinen Charme spielen zu lassen. Doch die Dame bevorzugt einen … kultivierteren Gentleman.«
    »Und damit meinen Sie sich selbst.«
    Er zuckte die Achseln und pflückte ein unsichtbares Fädchen von seinem Ärmel. »Ein Gentleman prahlt nicht mit seinen Eroberungen.«
    »Wer ist es dann? Wer?«
    »Ich weiß ihren Namen nicht. Irgendein junges Ding aus dem Ort, denke ich.«
    War es wirklich eine andere Frau oder versuchte Saxby nur, Miss Lyons zu schützen, das Gesicht zu wahren, indem er nicht zugab, dass die Frau, die er liebte, den Ball mit Lewis zusammen verlassen hatte?
    Nathaniel wusste, dass er, wenn er noch länger blieb, höchstwahrscheinlich etwas sagen würde, das er später bereuen würde, deshalb entschuldigte er sich und ging zu Helen ins Krankenzimmer.

    Am nächsten Morgen, noch vor der Morgendämmerung, lief Nathaniel im Nachthemd die Treppe hinunter, um nach Lewis zu sehen. Mrs Welch, die Pflegerin, saß zurückgelehnt auf dem Sofa in der Ecke und schnarchte leise.
    Helen kauerte auf einem Stuhl am Fußende des Bettes. Sie hatte sich vorgebeugt, die Arme aufs Bett gestützt, den Kopf auf die Arme gelegt und schlief ebenfalls. Die Ärmste hatte anscheinend die ganze Nacht hier gesessen.
    Lewis lag unbeweglich da, doch die beiden Betttücher über seiner bandagierten Brust hoben und senkten sich regelmäßig. Er atmete flach, aber er war noch am Leben. Nathaniel dankte Gott.
    Sanft berührte er seine Schwester an der Schulter. »Helen?«, flüsterte er.
    »Hmmmm?«, murmelte sie. Ihre Lider flatterten, ihre Augen öffneten sich und weiteten sich dann, als sie ihn sah. Sie stieß sich vom Bett ab, ihr Blick flog zu Lewisʼ Gesicht. »Ist er …?«
    »Er atmet. Geh hinauf ins Bett. Ich ziehe mich an und bleibe bei ihm, während du schläfst.«
    »Ich habe doch geschlafen«, protestierte sie.
    Nathaniel fühlte sich an ihre Kinderzeit erinnert. Helen, klein für ihr Alter, war immer entschlossen gewesen, sich als genauso stark und fähig zu erweisen wie ihr älterer und ihr jüngerer Bruder. Als er jetzt den Abdruck sah, den ihr Ärmel auf ihrer Wange hinterlassen hatte, empfand er eine

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