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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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bleiben, nahm einen weiteren Löffel und sah ihn an. »Was schreiben Sie da?«
    »Ich schreibe an meinen Bruder. Er ist auch Koch, aber in Frankreich. Ich teile ihm ein paar Verbesserungen alter Familienrezepte mit. Oder ich frage ihn, welche Kräuter Mama in ihre potage aux champignons tut …« Er hob vielsagend die Hand. »Aber ich bekomme nie eine Antwort. Ich hoffe, es geht allen gut.«
    »Bestimmt. Der Krieg ist ja gerade erst zu Ende.«
    »Ja, ja. Die Post ist im Moment peu fiable .«
    Sie nickte und wiederholte: »Ja, nicht besonders zuverlässig, das stimmt.«
    Er riss den Kopf hoch, die Augen geweitet vor Überraschung. »Sie sprechen Französisch, Mademoiselle ?«
    Zu spät bemerkte sie ihren Fehler. »Oh … nein. Nicht wirklich. Meine Mutter hatte eine französische Freundin und ich hörte hin und wieder zu, wenn sie sich unterhielten. Das ist alles.«
    Er betrachtete sie mit abwägendem, fast misstrauischem Gesichtsausdruck. Doch dann schien er seinen Verdacht abzuschütteln. »In seinem letzten Brief, vor über einem Jahr, hat mein Bruder mir versprochen, mir Le Cuisine Impérial zu schicken – das beste französische Kochbuch, das es gibt. Aber … nun ja …« Er hob beide Hände und zuckte die Achseln. » Cʼest la guerre .«
    Margaret leckte ihren Löffel ab. »Vielleicht sollten Sie selbst ein Buch schreiben.«
    Seine dunklen Augen leuchteten. »Vielleicht werde ich das tun.«
    Aus dem Flur drang das Klirren von Schlüsseln in die Küche und verwandelte sich dann in eine Melodie. Im Dienstbotenzimmer spiel ­te jemand auf dem alten Klavier.
    Margaret blickte überrascht auf, doch Monsieur schien es als ganz selbstverständlich anzusehen und lauschte geistesabwesend, während er einen weiteren Löffel seiner köstlichen Speise auf der Zunge zergehen ließ.
    »Wer ist das?«, fragte Margaret. Sie hatte keine Lust, von ihrem Dessert aufzustehen, um nachzusehen.
    »Sie ist eine Frau mit vielen verborgenen Talenten, Anna Budgeon.«
    Anna ? Margaret meinte: »Ich habe mich schon gefragt, ob sie sich ebenfalls den Nachmittag freinimmt oder ob sie einfach die Arbeit sämtlicher abwesender Dienstboten erledigt.«
    »Das könnte sie zweifellos und es würde sie noch nicht einmal viel Mühe kosten.«
    Er sagte es voller Bewunderung, sodass sie ihre sarkastische Bemerkung bereute.
    »Und Sie«, fragte sie. »Warum sind Sie nicht mit den anderen in irgendeinem Gasthaus?«
    Er verzog das Gesicht. »Ich ertrage das englische Essen nicht, Nora. Daraus mache ich auch gar kein Geheimnis. Nein. Ich habe Mr Upchurch gesagt, dass ich sein Angebot zu schätzen weiß, es jedoch vorziehe, hierzubleiben und etwas ganz Besonderes zu Miss Helens Geburtstag zuzubereiten. Seulement moi , in einer ganz ruhigen Küche, süße Musik in den Ohren und süße Düfte in der Nase.«
    Seine letzten Worte lenkten ihre Aufmerksamkeit auf seine üppigen Nasenhaare und sie zwang sich, wieder wegzusehen. Sie dachte, dass das Spülmädchen sich sicher gar nicht über den Berg schmutzigen Geschirrs freuen würde, wenn sie zurückkam, aber sie behielt es für sich.
    Sie stand auf und sagte: »Dann überlasse ich Sie jetzt Ihrem Vorhaben.«
    »Wenn Sie möchten. Obwohl Sie mir stets willkommen sind.«
    »Danke. Und danke noch einmal für den köstlichen Pudding.«
    Er nickte. »Sie gehen nicht aus?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Betty war so freundlich, mich zu fragen, aber … ich glaube, ich werde stattdessen ein bisschen lesen.«
    Er neigte den Kopf schräg. »Das neue Mädchen liest Bücher und spricht Französisch. Très interessant .«
    Margaret verließ die Küche, ging auf Zehenspitzen den Flur entlang und spähte in das Dienstbotenwohnzimmer. Dort saß Mrs Budgeon mit geneigtem Kopf und gespreizten Fingern vor dem Klavier und spielte mit Hingabe. Und obwohl das Instrument nicht gestimmt war, spielte sie doch sehr gut. Verborgene Talente, in der Tat. Sie fragte sich, wo sie es wohl gelernt hatte, und vermutete, dass Mrs Budgeon nicht oft Gelegenheit hatte, diese Fähigkeit auszuüben und sich an ihr zu freuen.
    Margaret beschloss, sie nicht zu stören.
    Sie ging wieder auf ihr Zimmer, war jedoch zu ruhelos, um zu lesen. Der warme, sonnige Nachmittag lockte sie nach draußen. Sie setzte ihre Haube auf und nahm ihren Pompadour, der noch immer ihren gesamten weltlichen Besitz enthielt – ein paar Münzen und die Kameenkette. Dann ging sie die Hintertreppe hinunter und verließ das Haus durch den Dienstboteneingang.
    Die warme Luft des

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