Die Maggan-Kopie
Stimmung, sie steigerte das Glücksg e fühl. Ohne diese kleinen Dinger würde sie an ihren ständigen Depressionen z u grunde gehen.
Rune Svenson lehnte im Türrahmen. Die oberen drei Knöpfe seines He m des waren geöffnet und die Krawatte hing lose um seinen Hals. In der Rec h ten hielt er ein Glas Scotch. Er nippte bedächtig daran.
„Vielleicht sollten wir es ihr sagen“, murmelte er.
„Nein! Das ist keine gute Idee.“ Agneta drehte sich abrupt um. „Sie ist dafür nicht reif.“
„Ach, Quatsch. Sie ist meine Tochter. Sie ist der Wissenschaft gegenüber au f geschlossen.“
„Was soll das heißen: meine Tochter? Sie ist genauso gut meine Tochter.“ A g neta war wütend.
„Das will ich nicht hoffen. Ich will sie nämlich nicht auch an diese Dinger verlieren.“ Er deutete auf die Schachtel.
„Du bist nicht unschuldig. Du hast nie etwas übrig gehabt für deine Fam i lie.“
„Ach nein? Was glaubst du denn, woher das Geld für deine ganzen Schönheitsoperationen kommt? Von mir!“ Runes Stimme schallte durch das Haus.
„Schrei mich nicht an!“, keifte sie zurück. „Ich habe das schließlich nur für dich gemacht. Nur für dich bin ich schön und jung geblieben! Außerdem kam das meiste Geld von mir.“
„Dass ich nicht lache! Für mich bist du jung geblieben? Du denkst doch nie an a n dere. Du denkst nur an dich.“
„In diesem Punkt sind wir uns dann wohl doch ähnlich“, antwortete sie schnippisch. Sie drehte sich wieder zu ihrem Spiegelbild um und begann ihr Haar zu bürsten.
„Du bist ein Schwein, Rune!“ Ihre Stimme war ruhig. Sie lächelte. Die Pille hob sie in eine schöne Welt, in der ihr Mann keinen Platz ei n nahm.
„Und du bist ein Junkie! Ich werde die Nacht nicht hier verbringen.“ Er warf das Glas auf den Boden, wo es klirrend zersprang und eilte wütend der Treppe entg e gen.
„Geh nur zu deiner Hure, alter Mann! Ich kann mir einen Fick auch von einem Jüngeren besorgen lassen“, schrie sie ihm nach. „Der es zu schätzen weiß“, flüsterte sie noch versonnen l ä chelnd.
Plötzlich hörte Maggan das pneumatische Zischen einer Aufzugstür. Sie erschrak und es wurde ihr einmal mehr bewusst, dass sie an einem Comp u ter die Welt um sich herum schnell vergessen konnte. Das passierte ihr andauernd. Ha s tig schloss sie ihre Akte und kehrte zum Hauptmenü zurück. Sie wartete, dass sich der Bildschirmschoner wieder aktivierte. Doch nichts geschah. Maggan wusste ja nicht, welche Zei t spanne eingestellt war. Jetzt hörte sie schon Schritte auf dem Gang. Der helle Monitor würde sie verraten. Schnell tippte sie auf dem Bildschirm herum, gelangte in das Fenster zur Einstellung des Schoners und setzte die Zeit auf fünf Sekunden herunter. Kaum war Maggan wieder im Hauptmenu, begannen friedliche Fische gemächlich in einem dusteren Aquarium heru m zuschwimmen. Die Wasserpflanzen wiegten sich beruhigend in der sanften Strömung. Vor allem aber war das grelle Leuchten des Monitors ve r schwunden, das in den letzten zehn Minuten die Ecke hinter der Theke auffällig erhellte.
Maggan duckte sich und betete, dass die Nachtschwester vorbeigehen möge. Ihre Gebete wurden erhört. Sie verschwand in einem der Kranke n zimmer, über dessen Tür ein rotes Lämpchen leuchtete. Auch der Monitor gab einen summe n den Warnton von sich. Schnell schlich Maggan in ihr Zimmer zurück, zog den Morgenmantel aus und verkroch sich in ihr Bett. Ihre Füße waren Eisklumpen. Das würde ihrer ne u en Niere nicht gerade guttun.
Am nächsten Morgen hörte Maggan einen ziemlichen Tumult im Flur. Die Frühschicht der Schwe s tern hatte begonnen und der Computer schaltete alle fünf Sekunden, wenn keine Eingabe erfolgte, in den Stand-by-Modus. Es dauerte mindestens eine Stunde, bis sich jemand fand, der die Einstellung korrigieren konnte. Maggan würgte sich grinsend das Frühstück hinu n ter.
Noch vor fünfunddreißig Jahren kannte fast jeder seinen Computer in- und auswendig – man konnte selbst Fehler finden und beheben. Doch so wie mit der Zeit niemand mehr sein eigenes Auto, seine Waschmaschine oder den Blu-ray-Rekorder selbst reparieren konnte, so konnte jetzt auch kaum noch jemand, der nicht extra geschult war, seinen Computer einige r maßen bedienen. Die Technik wird immer komplizierter, da kann der Mensch alleine nicht mehr mitha l ten.
Anderson
Vor dem Parlamentsgebäude in Brüssel lauerte eine aufgeregte Schar Journ a listen. Sie warteten auf den Mann, der sich vor
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